Die CDU muss dringend wieder in bürgerlich-konservatives Fahrwasser kommen. (Foto: Imago/Martin-Bäuml-Fotodesign)
Union

Kurs Mitte-Rechts!

Kommentar Der Kompromiss der Vernunft in der Zuwanderungspolitik, den die CSU der CDU abgetrotzt hat, muss sich auch im Koalitionsvertrag wiederfinden. Die CDU muss wieder ins angestammte Fahrwasser als glaubwürdige bürgerlich-konservative Kraft finden.

Gleich zwei Journalisten stellten der CDU-Chefin nach der Vorstellung des Unionskompromisses zur Zuwanderung die zentrale Frage: Warum erst jetzt? Warum hat die Kanzlerin sich zwei Jahre lang geweigert, dem CSU-Wunsch nach einer Obergrenze festzulegen, wie viele kulturfremde Asylbewerber und Flüchtlinge Deutschland aufnehmen kann? 56 Prozent der Deutschen wollen ebenfalls eine solche Obergrenze. Die Forderung scheint sowieso jedem Bürger logisch, der einem Bedürftigen helfen will, aber natürlich auch über begrenzte Mittel verfügt. Jeder Mensch legt für sich ständig Obergrenzen fest, wie viel er schafft – auch viele Staaten tun das. Nur Angela Merkel und Teile der linken Parteien glaubten bisher, dies nicht nötig zu haben. Eine schlüssige Erklärung für diesen lange beibehaltenen Irrtum lieferte sie indes auch nach doppelter Nachfrage nicht.

Es brauchte leider eine deftige Wahlniederlage und den Einzug einer rechtspopulistischen Partei in den Bundestag, bis Merkel verstand, dass sie in der Flüchtlingsfrage nicht permanent gegen die Konservativen und gegen die bürgerliche Mitte im Lande regieren kann. Merkel hätte die massiven Stimmverluste und speziell die Abwanderung der bitter enttäuschten konservativen und bürgerlichen Stammwähler vermeiden können, wäre sie bereits im Frühjahr bei der Erstellung des Wahlprogramms auf die Linie der CSU eingeschwenkt. Manche werden aber erst aus Schaden klug.

Kluge Verhandlungsstrategie der CSU

Die CSU hat sich bei den Verhandlungen offensichtlich sehr geschickt verhalten. Parteichef Seehofer hatte bereits seit drei Monaten angekündigt: Der beste Zeitpunkt für die Durchsetzung politischer Forderungen ist die Zeit zwischen Bundestags- und Kanzlerwahl. Seehofer kam dabei zu Hilfe, dass CDU, FDP und Grüne ohne die 46 CSU-Abgeordneten keine Kanzlermehrheit zustande bringen. Als zielführend erwies sich erneut der Ansatz, zuerst die CDU auf eine gemeinsame Linie festzulegen: Auf diese Weise konnte Merkel nicht die bequeme Position einer neutralen Moderatorin zwischen „extremen“ Kontrahenten einnehmen – und die CSU einfach gegen die Wand laufen lassen wie etwa beim Streit um die Pendlerpauschale im Sommer 2008.

Andererseits bleibt bei manchen Beobachtern der böse Verdacht, dass Merkel – im Fall, dass ein reines CDU-FDP-Grün-Bündnis zur Kanzlermehrheit ausgereicht hätte – sich vielleicht sogar von der CSU verabschiedet und das traditionsreiche Bündnis der Schwesterparteien schlicht aufgekündigt hätte. Das wäre das Ende der CDU als bürgerliche Partei gewesen, mit allen Konsequenzen. Die Häme gegen die CSU, die manche Merkel-freundlichen Claqueure aus dem Norden beim JU-Deutschlandtag in Dresden an den Tag legten, war verstörend.

CDU wieder klar konservativ-bürgerlich

Klar ist: Merkel als CDU-Chefin kann mit ihrem politischen Relativismus nicht so weitermachen wie bisher. Als promovierter Physikerin ist ihr die Relativitätstheorie bestens vertraut, der zufolge im Weltall es keinen festen Punkt gibt. Ähnlich macht sie Politik: Frei von festen Positionen und ohne inneres bürgerlich-konservatives Koordinatensystem hat sich Merkel so weit in die linke Mitte bewegt, dass sie beispielsweise der SPD starke Konkurrenz machte und diese minimierte. Doch wozu? Nach dem Wahlsieg 2013 und einer fast absoluten Mehrheit im Rücken ging sie ohne eigene CDU-Ziele in die Koalitionsverhandlungen mit der SPD – außer gewissermaßen das Schlimmste zu verhindern: keine neuen Steuern, keine Neuverschuldung, keine EU-Schuldenunion. Die SPD konnte auf diese Weise viele schädliche sozialistische Projekte durchsetzen. Eine derart inhaltsleere Durchschlängel-Politik der CDU bringt das Land nicht voran.

2017 war Merkel, ausweislich ihres sinnlosen Widerstandes gegen die Obergrenze, offensichtlich auch bereit, die konservativen und bürgerlichen Wähler endgültig politisch heimatlos zu machen – quasi als Morgengabe für eine Koalition mit den linken Grünen. Damit nahm sie sogar das eruptive Aufkommen einer rechtskonservativ-nationalistischen Kraft rechts von der Union und deren zweistelligen Einzug in den Bundestag in Kauf – der alte Alptraum von Franz Josef Strauß. Viele Jahre hatten die konservativen Stammwähler, die ihrer Natur nach sehr geduldig und treu sind, keine ernstzunehmende Alternative zur CDU. Doch nun sitzt diese „Alternative“ mit über 90 Abgeordneten im Bundestag. Das darf aus Sicht der CDU und CSU nicht so bleiben. Ansonsten drohen weitere bittere Niederlagen. Die Tendenz in den Niedersachsen-Umfragen ist klar negativ.

Stärke und Selbstbewusstsein zeigen

Die CDU muss unbedingt wieder ins Fahrwasser einer glaubwürdigen und soliden bürgerlich-konservativen Kraft zurückfinden. Dabei handelt es sich eben nicht um einen „Rechtsruck“ – ein typischer abschreckender Kampfbegriff linker Medien – sondern um die Rückkehr zu lange bewährten Positionen. „Stammkundschaft geht vor Laufkundschaft“, hat Strauß immer betont. Daher kommt es jetzt darauf an, dass sich der vernünftige Unions-Kompromiss zur Zuwanderung ebenso deutlich im Koalitionsvertrag mit FDP und Grünen wiederfindet und unverwässert umgesetzt wird. CDU und CSU sind im Bundestag mehr als dreimal so groß wie FDP oder Grüne: Der Schwanz darf nicht mit dem Hund wedeln. Und klare Ansagen entfalten eine Sogwirkung, auch medial.

Wenn Merkel aber vor der Wahl meinte, im vorauseilenden Gehorsam vor den Grünen konservative Positionen nicht beziehen zu dürfen oder räumen zu müssen, war das von Anfang an eine falsche Annahme. Denn genau umgekehrt wird ein Schuh daraus: Nicht die Union regiert von grünen Gnaden, sondern die Grünen müssen jetzt erst einmal beweisen, dass sie überhaupt regierungsfähig sind. Alle linken Spinnereien wie Verbot von Verbrennungsmotoren, höhere Steuern oder offene Grenzen sind abzulehnen. Sonst gibt es eben kein Jamaika.