Diesel-Fahrverbote können nicht europarechtlich per Zwangshaft durchgesetzt werden. (Symbolbild: dpa)
Fahrverbote

Zwangshaft vom Tisch

Der Europäische Gerichtshof hat hohe Hürden für Zwangshaft gegen Amtsträger aufgebaut. Im Streit um Dieselfahrverbote hatte die dubiose DUH Zwangshaft gegen Bayerns Ministerpräsident Markus Söder beantragt – vergeblich.

Ob Dieselfahrverbote in München mit Zwangshaft gegen Amtsträger des Freistaats durchgesetzt werden können, muss nun der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) entscheiden. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) kann Zwangshaft nur verhängt werden, wenn es im nationalen Recht eine Rechtsgrundlage dafür gibt und wenn sie verhältnismäßig ist. Damit hat der EuGH hohe Hürden für eine Zwangshaft aufgebaut.

Gut, dass es jetzt geklärt und damit vom Tisch ist.

Markus Söder (CSU), Ministerpräsident zu der von der DUH beantragten Zwangshaft gegen ihn

Eine Sprecherin des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes sagte, der Verwaltungsgerichtshof gehe in seiner Beschlussvorlage an den EU-Gerichtshof davon aus, „dass es eine derartige Rechtsgrundlage nicht gibt“. Das von der dubiosen Deutschen Umwelthilfe (DUH) betriebene Verfahren werde nun fortgeführt. Ob es eine weitere mündliche Verhandlung gebe oder ob es im schriftlichen Verfahren entscheiden werde, sei noch offen und hänge auch von den Parteien ab.

Nutzen von Fahrverboten ist völlig unklar

Auf einigen Münchner Straßen liegen die Stickoxid-Werte über dem EU-Grenzwert. Das Verwaltungsgericht München und der Verwaltungsgerichtshof hatten den Freistaat 2012 dazu verurteilt, auch Fahrverbote zu ermöglichen. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und die bayerische Staatsregierung weigerten sich aber, das umzusetzen, weil andere Maßnahmen das gleiche Ziel besser erreichen würden.

In der Sache ist nach wie vor völlig unklar, ob Straßensperrungen irgendetwas an hohen Stickoxid-Werten ändern – zumal der dadurch erzeugte Ausweich- und Umgehungsverkehr lange Staus verursacht und das Problem in der Summe nur verschärft und verlagert.

Die Sach- und Rechtslage hat sich seitdem grundlegend weiterentwickelt.

Markus Söder

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder reagierte erfreut auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Frage nach einer Zwangshaft für Politiker. „Gut, dass es jetzt geklärt und damit vom Tisch ist“, sagte Söder der Deutschen Presse-Agentur in München. Söder betonte aber: „Trotzdem brauchen wir einen neuen Anlauf für eine gütliche Einigung in der Sache. Wir werden daher noch einmal vor den bayerischen Gerichten diskutieren.“

Freistaat will gütliche Einigung

Denn die ganze Entscheidung basiere auf einem veralteten Urteil von 2012. „Die Sach- und Rechtslage hat sich seitdem grundlegend weiterentwickelt.“ Die Schadstoffwerte in München hätten sich deutlich verbessert. „Und es gibt eine neue Rechtslage, in welcher Form Fahrverbote überhaupt zulässig sind. Deswegen müssen diese neuen Argumente vor den bayerischen Gerichten vorgetragen werden.“ Söder fügte hinzu: „Wir hoffen, dass es dann eine vernünftige Regelung gibt. Eine endgültige Entscheidung werden wir dann akzeptieren und auch umsetzen.“

Nach Auffassung der selbsternannten Deutschen Umwelthilfe liegen die Voraussetzungen für Zwangshaft vor. Das EuGH-Urteil sei „auch für die Zwangshaftanträge der DUH gegen Amtsträger der Landesregierung von Baden-Württemberg wegweisend“, behauptet der Verband. Da der Freistaat ein rechtskräftiges Urteil ignoriere, sei Zwangshaft verhältnismäßig. „Das bisher schärfste Instrument war die Verhängung eines Zwangsgeldes von 10.000 Euro, das die Behörde an sich selbst zu zahlen hat.“

Wie die DUH weiter behauptet, müsse der BayVGH auch prüfen, ob der Freistaat hohe Geldbußen künftig an die DUH zahlen könnte. Bei Tagessätzen von 10.000 Euro und Regressforderungen an den Ministerpräsidenten persönlich wäre die Sache „schon nach zwei Tagen erledigt“, so DUH-Anwalt Remo Klinger. In einem Rechtsstaat müssten auch Politiker und Beamte Urteile befolgen.