Die Asylunterkunft in der Münchner Bayernkaserne. Bild: avd
Asylpolitik

Empörung über die Empörten

München - Heftige Kritik haben Vorwürfe eines Frauenverbandes ausgelöst, wonach sexuelle Übergriffe in der Flüchtlingserstaufnahmeeinrichtung der Münchner Bayernkaserne an der Tagesordnung seien.

Das neu gegründete „Bündnis für Flüchtlingsfrauen“, darunter der Sozialdienst katholischer Frauen, Condrobs, Letra, Imma und das Frauen-Therapie-Zentrum, hatte verkündet, es gebe dort „tagtäglich Vergewaltigungen, sexuelle Gefälligkeiten und Prostitution“. Die stets empörte SPD startete gleich eine Anfrage im Landtag, die Medien berichteten ausführlich. Nur stellte sich dann heraus, dass alles auf Hörensagen beruhte und niemand konkrete Fälle nennen konnte. Man habe die Informationen „zugespitzt“, heißt es aus dem voreiligen Bündnis.

Flüchtlingshelfer und Polizei zweifeln

Zweifel äußerten andere Flüchtlingshelfer, Polizei und Behörden. Vertreter der bayerischen Flüchtlingshilfe, der Inneren Mission und des Flüchtlingscafés Jadwiga sprachen nur von vereinzelten Vorfällen mit einer Dunkelziffer. Bayerns Sozialministerin Emilia Müller (CSU) nannte das Vorgehen der Organisationen unverantwortlich. „Nur auf Vermutungen hin darf man so etwas nicht in die Welt setzen.“ Selbstverständlich habe man die Vorwürfe sofort an die Polizei weitergeleitet. Die Münchner Polizei erklärte, dass sich die Vorwürfe bislang „in keinster Weise mit den polizeilichen Erkenntnissen“ decken. Betrachte man alle Asylbewerberunterkünfte, würden sich die Deliktszahlen im normalen Bereich bewegen. 2015 habe es eine Anzeige von Flüchtlingen wegen sexueller Beleidigung gegeben, 2014 aus allen Flüchtlingsheimen in München insgesamt sieben Anzeigen wegen sexuell motivierter Delikte. Dennoch wurden weitere Ermittlungen eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, dass es „keine Ermittlungsverfahren wegen Zwangsprostitution oder sexueller Übergriffe im Zusammenhang mit Prostitution aus dem Bereich der Bayernkaserne“ gebe.

Das nährt den rechtsradikalen Bodensatz

CSU-Stadtrat Richard Quaas, der in Freimann nahe der Kaserne wohnt, sagt nun, dass die Vorwürfe Flüchtlingen wie Betreuern geschadet hätten. Seine Frau arbeitet bei der „Lighthouse“-Beratungsstelle in der Bayernkaserne. Nach monatelanger Aufbauarbeit sei es gelungen, die Flüchtlinge gut zu betreuen und auch Befürchtungen in dem Viertel über den Flüchtlingsansturm zu zerstreuen. „Nun passiert wieder genau das: Die Nachbarn werden verunsichert“, so Quaas. „Und es nährt den rechtsradikalen Bodensatz.“ Die Flüchtlinge stünden nun im Pauschalverdacht, ihre Einrichtung sei wie „Sodom und Gomorrha“.

Andere Vorwürfe des Bündnisses wies die Regierung von Oberbayern zurück. So gebe es längst die räumliche Trennung von Männern und alleinreisenden Frauen, die ausschließlich in einem Haus untergebracht würden. Im Frauen- und Familienhaus seien die Zimmer seit etwa einem Jahr abschließbar. Dass für die Damentoilettentüren in zwei Häusern der Schlüssel beim Wachpersonal zu holen sei, soll verhindern, dass Frauen dort auf Männer treffen. Quaas regte an, künftig in allen Zimmern der Frauen einen eigenen Toilettenschlüssel zu hängen.

Vermutlich leben in Asylunterkünften Frauen, die Opfer sexueller Gewalt wurden oder sind. Ob sie es in der Heimat, auf der Flucht oder erst in München wurden, weiß niemand. Auch ihre Zahl ist unbekannt.

Bayern schiebt konsequent ab

Unterdessen wurden jetzt wieder 87 rechtskräftig abgelehnte Asylbewerber aus Mazedonien und Bosnien-Herzegowina in ihre Heimat ausgeflogen. „Die Anerkennungsquote von Menschen aus diesen Balkanstaaten geht geradezu gegen Null“, betonte erneut Innenminister Joachim Herrmann. Daher schaffe man Platz für die wirklich verfolgten und notleidenden Menschen. Denn im März 2015 kamen sechs von zehn Erstantragstellern aus Kosovo, Albanien, Serbien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro. Aus dem Kosovo kamen sogar mehr Asylbewerber als aus dem Bürgerkriegsland Syrien. Sozialministerin Emilia Müller machte auf eine weitere Zahl aufmerksam: „Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge prognostiziert für Bayern in diesem Jahr 45000 Asylbewerber. Ich rechne eher mit 60000 Menschen.“ 2014 waren es insgesamt 33000.