Feuerwerk an Silvester: im Bild Würzburg. (Foto: imago images / Westend61)
Böllerverbote

Weniger Feuerwerk an Silvester

Diese Silvesterfeier wird für viele Bürger anders ausfallen. Denn viele Städte stellen strengere Richtlinien für Feuerwerk und Böller auf – aus Sicherheits- und Brandschutzgründen sowie um den Müll und den Feinstaub daraus zu reduzieren.

Weniger als zwei Minuten nach Mitternacht verschwinden viele Kommunen an Silvester im dichten Rauch, verursacht durch Feuerwerksraketen und große Böller. Hier bildet sich eine enorm hohe Feinstaubkonzentration. Und im Gegensatz zur Stickoxidbelastung, die während der Dieselhysterie als „gesundheitsgefährdend“ bezeichnet wurde, ist bei Feinstaub eine Gesundheitsgefahr wissenschaftlich belegt.

Die Gründe: Sicherheit, Brandgefahr und Müll

Ist Böllern zum Jahreswechsel also noch zeitgemäß und angebracht? In vielen Innenstädten Bayerns gibt es schon länger Verbote, teilweise auch nur für bestimmte Bereiche – meist aber aus Sicherheitsgründen, weil Menschen fahrlässig Böller und Raketen sogar in Menschenmengen zünden. Oder aus der Brandgefahr für ältere Gebäude heraus.

Mittlerweile aber spielt auch die Feinstaubbelastung sowie die Vermüllung eine immer größere Rolle. Immer mehr Städte in Bayern erlassen deshalb an Silvester ebenfalls Verbote von Feuerwerkskörpern oder erweitern bestehende Beschränkungen. In den meisten Fällen beziehen sie sich auf die Altstädte, Festungen und Brücken – vor allem in der Nähe von brandempfindlichen und historischen Gebäuden sowie an besonders belebten Plätzen. Das zeigt eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter größeren Kommunen im Freistaat.

München, Augsburg, Nürnberg: Begrenzte Verbote

Die Stadt München beruft sich in diesem Jahr nach Angaben einer Sprecherin auf eine Gefahreneinschätzung der Polizei und hat ein komplettes Feuerwerksverbot in der Altstadt und der Fußgängerzone zwischen Marienplatz und Stachus erlassen. Dazu komme ein Böllerverbot innerhalb des Mittleren Rings, das aber – ausgenommen eben Altstadt und Fußgängerzone – nicht für Raketen gilt.

Als Gründe nennt die Stadt neben der Sicherheit und der Feinstaubbelastung auch die rund 50 bis 70 Tonnen Müll, deren Beseitigung die Stadtkasse belaste. Zudem wurden in der letzten Silvesternacht 2018/2019 Raketen auf Menschen abgeschossen, Einsatzkräfte gefährdet und Rettungswege blockiert. Wer in den verbotenen Bereichen mit Feuerwerk erwischt wird, riskiert eine Anzeige und ein hohes Bußgeld. Raketen und Böller werden von der Polizei konfisziert und Platzverweise ausgesprochen.

Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht.

Alexander Putz, Landshuts Oberbürgermeister (FDP)

In Augsburg gibt es schon seit vielen Jahrzehnten ein Böllerverbot, wie eine Sprecherin sagte – allerdings räumlich stark begrenzt auf das Areal rund um den Rathausplatz. Nachdem es mehrere Verletzungen gegeben hatte, erließ die Stadt 2017 zudem ein Verbot für ein größeres Areal in der Innenstadt. In Nürnberg sind seit dem Jahr 2000 im Bereich der Burg Feuerwerkskörper verboten, wie Robert Pollak vom Ordnungsamt sagte. Nachdem die Lorenzkirche in den vergangenen Jahren immer wieder gezielt beschossen worden sei, gebe es seit zwei Jahren einen neuen Verbotsbereich rund um die Kirche. In diesem Jahr kommt wegen einer Veranstaltung ein Feuerwerksverbot am Hauptmarkt dazu, sagte Pollak.

Weniger Müll

Auch in Ingolstadt gilt einem Sprecher zufolge heuer ein erweitertes Verbot – es umfasst die komplette Altstadt. Gute Erfahrungen mit einem Verbot habe man in Landshut gemacht, teilte die Stadt mit. Seit vergangenem Jahr sei Feuerwerk in der Innenstadt verboten, stattdessen gebe es eine Lasershow. Landshuts Oberbürgermeister Alexander Putz (FDP) freut sich über weniger Müll: „Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht, allerdings wohl hauptsächlich wegen des Alternativ-Programms vor dem Rathaus.“

In Regensburg wird es hingegen auch in Zukunft kein flächendeckendes Verbot geben – das teilte die Stadt mit. Rechtlich sei es nicht umsetzbar. Einzig die historische Steinerne Brücke wird wie in den Vorjahren an Silvester gesperrt.

Feuerwerk als kulturelles Gut ist aus unserer Sicht unbedingt zu erhalten.

Verband der pyrotechnischen Industrie

Ob Freising, Bamberg, Würzburg oder Passau: In vielen Städten ist Feuerwerk in der Innenstadt verboten – zumindest auf Areale begrenzt. Der Verband der pyrotechnischen Industrie sieht das erwartungsgemäß kritisch: „Feuerwerk als kulturelles Gut ist aus unserer Sicht unbedingt zu erhalten“, teilte ein Sprecher mit. Innerstädtische Verbote würden Chaoten nicht davon abhalten, andernorts gegen das Gesetz zu verstoßen. Es seien auch nicht nur Feuerwerkskörper, die an Silvester Schaden anrichteten. „Viele Einsätze zur Jahreswende sind auch mit Körperverletzungen und anderen Straftaten verbunden, die nicht auf das Feuerwerk zurückzuführen sind.“

Unklare Gesetzeslage

Doch die Gesetzeslage macht es den Kommunen nicht leicht, weil sie nicht eindeutig ist. Das reine Knallen können Kommunen laut Sprengstoffgesetz auch in dicht besiedelten Gegenden verbieten, wie etwa in der Innenstadt. Es untersagt auch das „Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altenheimen sowie besonders brandempfindlichen Gebäuden“. Was „unmittelbare Nähe“ bedeutet, ist nicht näher definiert.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kündigte auf Nachfrage von Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) eine Überarbeitung des Gesetzes an – allerdings erst zur nächsten Legislaturperiode, wie die Süddeutsche Zeitung kürzlich berichtete. Frühestens Ende 2021 sollen die Städte größere Freiräume bekommen, selbst festzulegen, wo Böller gezündet und Raketen abgeschossen werden dürfen.

Kommunen können sich auch auf das kommunale Sicherheitsrecht stützen. Komplette Verbotszonen können aber nur eingerichtet werden, wenn ein konkretes Sicherheitsrisiko vorliegt – für Menschen oder „historisch wertvolle Gebäude“, wie es im Landesstraf- und Verordnungsgesetz heißt. Beurteilt wird das Risiko von Sicherheitskräften, etwa der Polizei oder Feuerwehr. Wer das Verbot ignoriert, muss in Bayerns Städten mit einer Strafe von bis zu 10.000 Euro rechnen.

Verbote und Anreize

Die dubiose Deutsche Umwelthilfe (DUH) beantragte in diesem Jahr bei 98 Städten und Kommunen in Deutschland den Stopp der Böllerei, viele bayerische sind darunter. An Silvester sei die Belastung um ein vielfaches höher als die von der WHO empfohlenen Jahresmittel von 20 Mikrogramm Feinstaubpartikeln je Kubikmeter. Am Stachus in München wurden beispielsweise letztes Jahr 524 Mikrogramm Feinstaub gemessen. Über das ganze Jahr betrachtet spielt diese Belastung jedoch kaum eine Rolle.

Auch die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft befürwortet Verbote. „Etwa bei Großveranstaltungen, größeren Menschenansammlungen und Gebäuden mit erhöhtem Brandrisiko sind beschränkte Regelungen zur Nutzung von Feuerwerkskörpern aus unserer Sicht zu begrüßen“, teilte ein Sprecher mit. Ein pauschales, grundsätzliches Verbot könne der Verband jedoch nicht unterstützen: Gerade das berge „den Anreiz für eine Minderanzahl von Mitbürgern, diese Verbote zu ignorieren“.

In Köln ist das Böllern bereits seit 2016 im Bereich um den Dom verboten. Dieses Regelung war aber nicht der Feinstaubbelastung geschuldet, sondern der verheerenden Silvesternacht 2015, bei der es nicht nur zu zahlreichen sexuellen Übergriffen, sondern auch zum Beschuss des Doms mit Feuerwerkskörpern kam. Auch in Hamburg kommt es wegen des unsachgemäßen Gebrauches von Feuerwerkskörpern zu weiteren Verboten etwa am Jungfernstieg. Laut Innensenator Andreas Grote (SPD) sei auch die Situation für Einsatzkräfte bei Aggressionen aus der Menge heraus schwierig.

(dpa/BK)