So nehmet doch all! Olaf Scholz bei der SPD-Castingtour mit seiner Co-Vorsitzenden Klara Geywitz. (Bild: imago images / Arnulf Hettrich)
SPD

Der freigiebige Herr Scholz

Kommentar Bundesfinanzminister Olaf Scholz befindet sich im parteiinternen Wahlkampf um den SPD-Parteivorsitz. Zugleich zeigt er in seinem Ministeramt eine bedenkliche Freigiebigkeit im Umgang mit Steuergeldern. Alles nur Zufall?

Bundesfinanzminister Olaf Scholz will neuer SPD-Co-Vorsitzender werden. Zugleich will er derzeit als Minister Steuergelder ungewöhnlich freigiebig verteilen.

Nachdem Scholz schon bei der Grundrente entgegen sonst üblicher Gepflogenheit bei Sozialleistungen und entgegen dem Koalitionsvertrag darauf beharrte, auf eine Bedürftigkeitsprüfung zu verzichten, will er „sein“ Füllhorn offenbar immer weiter öffnen. Ein Füllhorn, das mit dem Geld der deutschen Steuerzahler gefüttert wird. Da liegt die Vermutung nahe, dass er dies auch aus Wahlkampfgründen fordert.

Deutsche Sparer schröpfen

Vor ein paar Tagen erst drückte Scholz bei der Idee der EU-Einlagensicherung für Sparguthaben aufs Tempo. Nach gemeinsamer Bankenaufsicht und gemeinsamer Bankenabwicklung müsse nun die dritte Säule einer Bankenunion in der EU geschaffen werden. Eine solche Einlagensicherung ist an sich nicht falsch. Denn dabei geht es im Kern darum, Sparguthaben, die bislang nur auf nationaler Ebene mehr oder weniger gut gesichert sind, auch europäisch abzusichern. Damit soll vor allem in Krisen verhindert werden, dass Sparer in Panik ihr Geld von der Bank holen („Bank Run“) und die Institute sowie im schlimmsten Fall die gesamte Eurozone dadurch wieder in Schwierigkeiten stürzen.

Diese Risiken können wir nicht per Blankoscheck übernehmen.

Markus Söder

Nur: Insbesondere südeuropäische, und hier vor allem italienische Banken, haben einen derart hohen Bestand an faulen Krediten, dass das Risiko ihres Zusammenbruchs – und damit das Einspringen der dann geltenden europäischen Einlagensicherung – jederzeit gegeben ist. Außerdem sind die nationalen Einlagensicherungen unterschiedlich gut gefüllt. Deutschlands Volksbanken und Sparkassen sorgen sich deshalb seit Jahren völlig zurecht, dass im Zuge einer EU-Einlagensicherung ihre vergleichsweise prall gefüllten Töpfe zur Sicherung von Kundengeldern in einem europäischen System dafür herangezogen würden, die Krisen der maroden Banken in anderen EU-Staaten zu finanzieren.

Eine Transferunion über den Umweg deutscher und bayerischer Bankeinlagen darf es nicht geben!

Albert Füracker

„Diese Risiken können wir nicht per Blankoscheck übernehmen“, erklärte deshalb Bayerns Ministerpräsident Markus Söder im Handelsblatt. „Zunächst müssen die Risiken im Bankensektor in etlichen Ländern abgebaut werden. Da sich hier aber kaum etwas bewegt, ist eine europäische Einlagensicherung nicht sinnvoll. Das Risiko für die deutschen Sparer ist einfach zu hoch.“

Gefährliche Nebenwirkungen

Auch der Co-Chef der genossenschaftlichen DZ Bank, Uwe Fröhlich, warnte in Bezug auf den Abbau der faulen Kredite: Beim Thema Einlagensicherung habe es keinen Sinn, „langfristige Ziele übers Knie zu brechen und Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen, die uns in Deutschland hier brutal schädigen würden“.

Bayerns Finanzminister Albert Füracker lehnte die Sicherung aufgrund der äußerst ungleichen Verteilung von Bilanzrisiken bei den europäischen Banken schon Anfang Oktober ab: „Hier gilt auch weiter Risikominderung vor Risikoteilung. Eine Transferunion über den Umweg deutscher und bayerischer Bankeinlagen darf es nicht geben!“

Doch Sozialdemokraten in ganz Europa haben noch nie ein Problem damit gehabt, deutsches Geld auszugeben. Und merkwürdigerweise auch nicht die SPD, die seit Jahren vehement auf dieser europäischen Einlagensicherung beharrt – ohne sich um die Risiken für die deutschen Banken und Sparer zu sorgen.

Die roten Schuldenkönige belohnen

Auch in einem dritten Punkt will Olaf Scholz Geld der deutschen Steuerzahler verteilen, und wieder an diejenigen, die schlecht gewirtschaftet haben. Der Bundesfinanzminister stellte ein Entschuldungsprogramm für rund 2500 überschuldete Kommunen in Deutschland in Aussicht, an dem sich auch die Länder beteiligen sollten. Diese Kommunen könnten aus eigener Kraft ihre Kassenkredite (vergleichbar dem Dispo von Privatleuten) nicht mehr zurückzahlen und seien deshalb für Zukunftsinvestitionen gelähmt. Dies mag zwar für einige Gemeinden und Städte gelten, die etwa aufgrund ihrer (Rand-)Lage unverschuldet ungünstige Wirtschaftsbedingungen haben.

Bayern wird auf keinen Fall die Zeche für die Versäumnisse anderer Länder bezahlen.

Albert Füracker

Nun muss man aber wissen: Es waren und sind insbesondere SPD-geführte Kommunen in lange rot regierten Bundesländern, die sich extrem verschuldet haben. Selbst Scholz musste einräumen, dass es neben dem chronisch klammen Saarland eine Konzentration in den jahrzehntelang rot regierten Ländern Nordrhein-Westfalen (1966-2005, 2010-2017), Hessen (1945-1987, 1991-1999) und in Rheinland-Pfalz (1991 bis heute) gebe.

Laut Kommunalem Finanzreport 2017 und 2019 der Bertelsmann Stiftung spielen Kassenkredite aber in Bayern und Baden-Württemberg kaum eine Rolle. Und: Während in Bayern die Kreditlast im Schnitt bei gerade einmal bei 15 Euro je Einwohner lag und in Baden-Württemberg sogar nur bei 10 Euro pro Einwohner, lag die Schuldenlast in der rheinland-pfälzischen Stadt Pirmasens mit rund 8000 Euro je Einwohner bundesweit an der Spitze. Von den 20 Kommunen mit den höchsten Kassenkrediten 2017 lagen 19 in Rheinland-Pfalz und NRW. 2019 verbesserte sich die Lage auch in diesen Krisen-Bundesländern durch die brummende Konjunktur leicht.

Kluge Politik im Süden

Die gute Finanzlage der Kommunen im Süden lag in erster Linie an ihrer guten Wirtschaftspolitik (mehr Investitionen, weniger Sozialleistungen, geringere kommunale Steuern), aber auch an der besseren Strukturpolitik und Unterstützung durch die Unions-geführten Bundesländer. „Bayern wird auf keinen Fall die Zeche für die Versäumnisse anderer Länder bezahlen“, sagte deshalb jetzt Finanzminister Albert Füracker. Denn während die meist roten Schuldenkönige Geld von Scholz erhielten, würden die gut wirtschaftenden Kommunen leer ausgehen. Dagegen hatte sich auch schon der Bayerische Landkreistag gewehrt.

Scholz kämpft um jede Stimme bei der Wahl zum SPD-Parteivorsitzenden. Das ist sein gutes Recht. Aber er sollte dies nicht auf dem Rücken der Steuerzahler tun.