Rote Politik, rote Zahlen. (Bild: imago images / Gerhard Leber)
Verschuldung

Keine Belohnung für schlechte Politik

Bayerische Landräte fordern Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) auf, Mittel für die Kommunen lieber für Zukunftsaufgaben als für Altschulden bereitzustellen. Das belohne nur die Länder, die schlecht gewirtschaftet haben.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz überlegt offenbar derzeit, hoch verschuldete Städte durch die Übernahme kommunaler Kassenkredite durch den Bund zu unterstützen. Bei den bayerischen Landrätinnen und Landräten stößt dieser Vorschlag auf erheblichen Widerstand.

Die Idee des SPD-Ministers verwundert nicht: Schließlich liegen die meisten großen Schuldenstädte in lange rot oder rot-grün regierten Bundesländern.

Rote Politik bedeutet rote Zahlen

Gute Politik zahlt sich aus, schlechte Politik sorgt für Schulden, das zeigte der Kommunale Finanzreport 2019 der Bertelsmann Stiftung: Von den 20 Kommunen mit den höchsten Kassenkrediten 2017 liegen 19 in den lange rot oder rot-grün regierten Ländern Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Kommunale Kassenkredite dienen wie private Überziehungskredite zur kurzfristigen Finanzierung.

Kassenkredite gehen zudem im Regelfall einher mit hohen Sozialausgaben und Steuersätzen, niedrigen Investitionen und allgemein geringen lokalen Handlungsspielräumen. Dagegen war Bayern laut der Untersuchung das einzige Land, in dem die Investitionen die Sozialausgaben deutlich übertrafen. Infolge ihrer hohen Wirtschaftskraft berechnen die bayerischen Gemeinden zudem nur geringe Steuersätze. Bei der Gewerbesteuer liegt Bayern im Durchschnitt rund 80 Punkte unter Nordrhein-Westfalen. Außerdem lagen von den zehn bundesweit steuerstärksten Kommunen 2017 sechs in Bayern.

Nur vier der 71 bayerischen Landkreise und 25 kreisfreien Städte überschritten 2017 die Grenze von 100 Euro Schulden je Einwohner. In der bundesweiten Spitze wurden dagegen zum Beispiel in Pirmasens in Rheinland-Pfalz Werte von 8239 Euro je Einwohner erreicht, dahinter folgen Oberhausen (7683 Euro) und Kaiserslautern (6768 Euro).

Geld fehlt an anderer Stelle

Durch die Idee von Scholz würde der Bund all diejenigen Bundesländer entlasten und damit bevorteilen, die ihre Kommunen bisher vernachlässigt haben, befürchtet nun der Bayerische Landkreistag. Denn wenn eine Kommune gezwungen sei, sich jahrelang über Kassenkredite zu finanzieren, zeige das, dass das jeweilige Bundesland den Kommunen dauerhaft zu wenig Geld gegeben und deren Finanzen „zu lasch beaufsichtigt“ habe.

Wenn der Bund kommunale Kassenkredite einzelner Städte übernimmt, fehlt dieses Geld an anderer Stelle.

Christian Bernreiter, Landkreistag

„In Bayern kennen wir einerseits eine starke Rechtsaufsicht durch den Staat, aber auch eine finanzielle Ausstattung der Kommunen, die in einem vernünftigen Verhältnis zu den auszuführenden Aufgaben steht“, so Landrat Christian Bernreiter, Präsident des Bayerischen Landkreistags.

Nach dem Grundgesetz sind die Länder in der alleinigen Verantwortung kommunaler Kassenkredite. Das jeweilige Innenministerium muss jeden kommunalen Haushalt prüfen und freigeben. Eigentlich dürfte das bei einem Haushalt, der Defizite vorweist, gar nicht der Fall sein. Das Thema Altschulden und überhöhte Kassenkredite muss deshalb auch von den jeweiligen Ländern selbst bereinigt werden.

Das Geld brauchen alle Landkreise für Zukunftsaufgaben wie die Mobilität, die Digitalisierung oder den Mobilfunk.

Christian Bernreiter

„Wenn der Bund kommunale Kassenkredite einzelner Städte übernimmt, fehlt dieses Geld an anderer Stelle und es entsteht ein Ungleichgewicht in der Finanzierung der Länder und Kommunen“, erklärte Bernreiter weiter. „Das Geld, das der Bundesfinanzminister starken Kommunen wie den unseren damit nehmen würde, brauchen bundesweit alle Landkreise für Zukunftsaufgaben wie die Mobilität, die Digitalisierung oder den Mobilfunk.“

Verstoß gegen das Grundgesetz?

Bernreiter warnte auch: „Eine einseitige punktuelle Unterstützung einzelner Städte verstößt gegen die Grundsätze des Grundgesetzes. Wir haben bisher schon immer gesagt, dass man das Geld nur einmal ausgeben kann.“

Der Deggendorfer Landrat wies darauf hin, dass auch die Kommission für „gleichwertige Lebensverhältnisse“ erkannt habe, dass in die Fläche investiert werden müsse. „Wenn der Bund die Kommunen unterstützen will, muss er unter anderem die Digitalisierung des ländlichen Raums schneller umsetzen und in die Infrastruktur investieren“, so Bernreiter abschließend.

Der Bayerische Landkreistag

Der Bayerische Landkreistag ist einer der vier Kommunalen Spitzenverbände in Bayern neben dem Bayerischen Gemeindetag, dem Bayerischen Städtetag und dem Bayerischen Bezirketag. Er vertritt die 71 bayerischen Landkreise.