Neue Aufgaben: Frontex muss aufgestockt werden. (Bild: imago images/Steinach)
Söder

Schengen soll auf den Prüfstand

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder fordert nach der Europawahl eine Überprüfung des Schengen-Raums in Europa. Er will entscheiden, "wer ist dabei und wer nicht". Hintergrund: Der Schutz der EU-Außengrenzen ist weiter unsicher.

CSU-Chef Markus Söder fordert nach der Europawahl eine Überprüfung des Schengen-Raums in Europa. An den Grenzen zwischen diesen 26 Ländern entfallen in der Regel sämtliche Grenzkontrollen.

Bayern bietet Grenzbeamte an

Der Schengen-Raum müsse auf den Prüfstand gestellt werden, „wer ist dabei, wer ist nicht dabei“, sagte der bayerische Ministerpräsident am Donnerstag nach einem Gespräch mit dem bulgarischen Regierungschef Boiko Borissow in Sofia. Hier müsse die neue Europäische Kommission eine Neubewertung vornehmen. Ende Mai findet die Europawahl statt. Hintergrund dieser Forderung dürfte sein, dass einige Mitgliedsländer als unzuverlässig gelten.

Auf die Frage, ob Bulgarien Mitglied des Schengen-Raums werden könne, sagte Söder: „Es ist beachtlich, was Bulgarien zum Schutz Europas leistet.“ Das werde aber so schnell nicht gehen – zuvor müsse man das Thema Grenzsicherung in Europa insgesamt diskutieren. In dem Kontext bot Söder die Abordnung und Unterstützung bayerischer Grenzpolizisten zum Ausbau der Grenzschutzeinheit Frontex an.

Bulgarien will in den Schengen-Raum

Borissow argumentierte dagegen, Bulgarien habe alle Voraussetzungen für eine Aufnahme in den Schengen-Raum bereits erfüllt. Sein Land habe es „zu 100 Prozent verdient, in den Schengen-Raum aufgenommen zu werden“. Söder, der sich in der Vergangenheit dagegen ausgesprochen habe, habe inzwischen die „Details“ kennenlernen müssen, sagte Borissow laut Übersetzung.

Auch sein kroatischer Kollege Andrej Plenkovic hatte bei Söder für den Schengen-Beitritt seines Landes geworben.

Kontrollen weiter nötig

Der EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos hatte Deutschland und vier weitere EU-Länder Anfang April aufgefordert, ihre Kontrollen an den Binnengrenzen des Schengen-Raumes zu beenden, die aus Sicherheitsgründen im Zuge der Flüchtlingskrise eingeführt worden waren. „Wenn Schengen aufhört zu existieren, wird Europa sterben“, sagte Avramapoulos. Er sei nicht bereit, weitere Genehmigungen dafür zu erteilen.

In Europa sind wir noch meilenweit von einem wirksamen Außengrenzenschutz entfernt.

Horst Seehofer

Deutschland und Österreich hatten wieder Kontrollen eingeführt, die ursprünglich im Mai 2019 auslaufen sollten. Auch Dänemark, Norwegen und Frankreich haben teilweise wieder Grenzkontrollen eingeführt. Interessant: UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi lobte Deutschland für seine Kontrollen und forderte sogar: „Grenzen sollten sogar mehr und besser gemanagt werden, vor allem die Grenzen der EU.“

Seehofer kritisiert Außengrenzschutz

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte aber Mitte April deutlich gemacht, dass die Kontrollen an der Grenze zu Österreich nochmals um ein halbes Jahr bis 11. November verlängert werden und ein Verzicht „aus migrations- und sicherheitspolitischen Gründen derzeit noch nicht vertretbar“ sei. Es gebe immer noch eine hohe Zahl von illegalen Grenzübertritten. Die Verlängerung sei auch nötig, weil derzeit kein ausreichender Schutz der EU-Außengrenzen gewährleistet sei.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hatte diesen Schritt ausdrücklich begrüßt und gesagt, dass man an der Forderung nach weiteren Verbesserungen auf europäischer Ebene festhalte. Dazu gehöre insbesondere die angekündigte Frontex-Verstärkung sowie die rasche Umsetzung des bereits beschlossenen Europäischen Ein- und Ausreiseregisters.

Frontex-Ausbau dauert Jahre

Denn das Grundproblem bleibt: Der Ausbau der EU-Grenzschutzagentur Frontex wird nach derzeitigen Plänen noch Jahre dauern – und damit auch die konsequente und effektive Sicherung der EU-Außengrenzen. Die Truppe soll bis 2027 schrittweise von derzeit rund 1500 auf bis zu 10.000 Grenzschützer aufgestockt werden und deutlich mehr Befugnisse als bisher bei Grenzkontrollen, beim Kampf gegen grenzüberschreitende Kriminalität und bei Abschiebungen erhalten.

EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber hat allerdings versprochen, im Fall seiner Wahl diesen Schritt schon bis 2022 realisieren zu wollen. Der Frontex-Ausbau soll auch dazu führen, dass die derzeitigen Kontrollen im Schengenraum überflüssig werden.