Das "digitale Klassenzimmer" soll in Bayern Realität werden. (Bild: AS)
Bayern Digital

Milliarden für das Netz

Aus Bayern soll ein Gigabit-Land werden. Das kündigte Ministerpräsident Horst Seehofer in einer Regierungserklärung an. Um den Freistaat fit für die digitale Zukunft zu machen, will die Staatsregierung drei Milliarden Euro investieren.

Ministerpräsident Horst Seehofer will den Freistaat bei der Digitalisierung an die Weltspitze führen. Bayerns Zukunft werde sich vor allem auf diesem Feld entscheiden, sagte er in seiner Regierungserklärung am Donnerstag (6. Juli) im Bayerischen Landtag. Dazu will der Freistaat in den kommenden fünf Jahren drei Milliarden Euro investieren und rund 2.000 neue Stellen schaffen. Seehofer nannte vier zentrale Ziele, die sich die Staatsregierung gesetzt habe:

Schneller Surfen

„Ideen helfen wenig, wenn die Infrastruktur nicht vorhanden ist“, sagte Seehofer. Eine Milliarde Euro gibt der Freistaat für Glasfaser, Mobilfunk, WLAN und 5G-Netze aus – zum Beispiel für WLAN an Schulen und im ländlichen Raum.

Die Zahl der elektronischen Tafeln in Bayerns Schulen hat sich zwar vom Jahr 2013 auf aktuell rund 15.300 verdoppelt. Doch WLAN gibt es bisher nur an der Hälfte aller Schulen in Bayern. In den kommenden drei Jahren sollen dort 20.000 Hotspots sowie weitere 20.000 WLAN-Hotspots bayernweit entstehen.

Dabei zählt Bayern auf Rückenwind aus Brüssel. Derzeit erschwere europäisches Recht die Förderung eines weiteren Ausbaus dort, wo bereits Bandbreiten über 30 Mbit/s verfügbar sind. Seehofer fordert daher ein schnelles Genehmigungsverfahren für das bayerische Förderprogramm.

Keine Angst vor Cyberattacken

Die Internetkriminalität stieg im Freistaat um knapp 13 Prozent. Der 2016 in Bayern dadurch verursachte Schaden lag bei rund 17,5 Millionen Euro. Das soll sich ändern und Bayern zur Hochburg bei der IT-Sicherheit werden. Spezielle Computer- und Internetkriminalisten unterstützen dabei die Bayerische Polizei.

Ein weiteres Kernelement der Strategie für mehr Cybersicherheit in Bayern ist das „Cyber-Allianz-Zentrum“, das der Freistaat 2013 beim Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz eingerichtet hat. Auch das Cyber-Cluster rund um die Universität der Bundeswehr München bezeichnete Seehofer als europaweit einzigartig.

Auf dem Weg zum „Digitalen Klassenzimmer“

Informatik werde Pflichtfach an Mittel- und Realschulen sowie Gymnasien und auch mehr „digitale Klassenzimmer“ soll es geben, kündigte Seehofer an. Auch weitere Studienangebote in digitalen Kernfächern und die Ausbildung hochqualifizierter Software-Experten gehörten dazu. Dabei setzt er auf die Zusammenarbeit mit den Kommunen. Für die EDV-Ausstattung an den Schulen einschließlich Wartung und Pflege der Systeme sind in der Regel Landkreise, kreisfreie Städte und Kommunen zuständig.

Wie funktioniert die Digitale Schule?

Bayerns Schulen sollen digital werden. Am St.-Gotthardt-Gymnasium im niederbayerischen Niederaltteich lernen die Schüler seit einem Jahr vor allem mit Laptop und Smartphone. Der BAYERNKURIER hat den Unterricht besucht und nachgefragt, wie das Konzept bei Lehrern und Schülern ankommt. Lesen Sie hier mehr dazu: Raus aus der Kreidezeit.

Chancen für Mittelständler

Mit dem Digitalbonus hilft der Freistaat kleinen und mittleren Unternehmen, die Herausforderungen des digitalen Wandels zu meistern. Der Digitalbonus ist ein Zuschuss, den Firmen mit bis zu 250 Mitarbeitern und einem Umsatz von bis zu 50 Millionen Euro beantragen können, etwa für Investitionen in die IT-Sicherheit. Anträge für das Programm sollen im Laufe des Jahres wieder gestellt werden können, nachdem die für 2017 bereitgestellten Mittel rasch ausgeschöpft waren.

Die Forschung zu Künstlicher Intelligenz, Robotik, vernetzter Mobilität und 3-D-Druck soll speziell in den Metropolregionen München und Nürnberg gestärkt werden. Damit Bayern auch in der Land-und Forstwirtschaft zu den Pionieren zählt, unterstützt das neue Digitalisierungszentrum Landwirtschaft in Ruhstorf an der Rott Familienbetrieben bei der Einführung digitaler Lösungen im Betrieb.

Stabsstelle statt Digitalisierungsministerium

Einem eigenen Ministerium für Digitalisierung erteilte Seehofer eine Absage. „Es wird in Bayern keinen Digitalminister geben“, sagte er. Es gebe bei dem Thema ungewöhnlich viele Schnittstellen, deshalb werde er dazu eine Stabsstelle in der Staatskanzlei einrichten. Wichtig ist dem CSU-Chef dabei, gleichwertige Lebensverhältnisse in Bayern zu fördern. So investiert die Staatsregierung bayernweit auch in den ländlichen Regionen in konkrete Projekte:

  • die „Denkwelt“ („Science Park“) in Weiden
  • das 5G-Anwender- und Kompetenzzentrum mit seinem Schwerpunkt in der Metropolregion Nürnberg
  • das Bayerische Zentrum für Medienkompetenz in der Frühpädagogik in Amberg
  • die Regionalverbünde Autonomes Fahren in Aschaffenburg, Dingolfing, Ingolstadt und Kempten
  • das Robotik Kompetenzzentrum mit Aktivitätszentren in Garching und Oberpfaffenhofen und Projektstandorten in Garmisch-Partenkirchen und Unterfranken
  • die Hardware-Initiative „Smart Innovations.Bayern“ mit Schwerpunkten in Aschaffenburg, Nürnberg und Regensburg
  • das Softwareprojekt Geometriezerlegung an der Universität Passau
  • den Wissenschaftsverbund digitale Medizin mit Schwerpunkten in Augsburg, München, Würzburg
  • die Zentralstelle Cybercrime Bayern bei der Generalstaatsanwaltschaft in Bamberg

Zukunftsfähigkeit ist nicht nur eine Frage von Glasfaser, sondern auch der Lebenseinstellung.

Horst Seehofer, bayerischer Ministerpräsident

Unterstützung für Staatsregierung

Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) begrüßt die Pläne der Staatsregierung, darunter den einfacheren Zugang zu Fördermöglichkeiten. „Weitere wichtige Aspekte des neuen Programms sind zum Beispiel das digitale Klassenzimmer oder die Weiterbildungsmaßnahmen. Diese sind ebenfalls Teil der Handlungsempfehlungen des Zukunftsrats“, sagte Bertram Brossardt, vbw Hauptgeschäftsführer. Der Zukunftsrat will das Thema in der Wirtschaft stärker voranbringen. Wie, das zeigt eine aktuelle Studie. Lesen Sie hier mehr zur Studie: „Wer digitalisiert, der wächst„.