Niederlagen für CDU, SPD und Grüne
Die persönlichen Triumphe der Ministerpräsidenten Kretschmann (Grüne), Dreyer (SPD) und Haseloff (CDU) können nicht überdecken, dass die Landtagswahlen für alle drei etablierten Parteien empfindliche Niederlagen brachten. Wahlsieger ist allein die rechtspopulistische Protestpartei AfD, die vor allem von der umstrittenen Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin profitierte.
Wahlanalyse

Niederlagen für CDU, SPD und Grüne

Die persönlichen Triumphe der Ministerpräsidenten Kretschmann (Grüne), Dreyer (SPD) und Haseloff (CDU) können nicht überdecken, dass die Landtagswahlen für alle drei etablierten Parteien empfindliche Niederlagen brachten. Wahlsieger ist allein die rechtspopulistische Protestpartei AfD, die vor allem von der umstrittenen Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin profitierte.

Die Flüchtlingskrise überschattete alle drei Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Drei große Trends ziehen sich durch die Ergebnisse: Die beliebten und populären Ministerpräsidenten der drei Länder retten ihre jeweilige Partei vor dem Absturz. Doch in den jeweils beiden anderen Ländern stürzen SPD und Grüne gnadenlos ab. Die CDU verliert flächendeckend, wenn auch nicht so stark wie etwa die SPD. Sieger in allen drei Ländern ist die rechtspopulistische Protestpartei AfD.

Die Flüchtlingskrise und ihre Folgen für Deutschland – dies war das alles entscheidende Thema der Wahlkämpfe. Ohne dieses Überthema wären die breiten Verluste der Volksparteien CDU und SPD sowie die der Grünen nicht zu erklären – ebenso wenig wie das explosionsartige Anwachsen der rechtspopulistischen AfD auf zweistellige Ergebnisse in allen drei Ländern.

Die Flüchtlingskrise hat die politische Stimmung im ganzen Land aufgeheizt und polarisiert wie schon lange nicht mehr. Einen Hinweis darauf gibt die Wahlbeteiligung, die in allen drei Ländern stark angestiegen ist. Am meisten davon hat die AfD profitiert, die viele Enttäuschte an die Wahlurnen getrieben haben. Und sogar die CDU hat trotz sinkender Prozentzahlen in absoluten Wahlstimmen hinzugewonnen.

Kretschmann dominiert Wahl im Ländle

In Baden-Württemberg führte nichts an Ministerpräsident Kretschmann vorbei. Auch von den Medien als „Philosoph im Staatsministerium“ aufgebaut und permanent hochgejubelt, kam der zwar bei der CDU-Basis hoch angesehene, aber wenig strahlkräftige Spitzenkandidat Guido Wolf einfach nicht an den Amtsinhaber ran. Bei einer Direktwahl hätten 75 Prozent Kretschmann gewählt, ermittelte dimap, nur 16 Prozent Wolf. Sogar 87 Prozent der CDU-Anhänger bescheinigten Kretschmann, ein „guter Ministerpräsident“ zu sein. So wilderte Kretschmann erfolgreich im bürgerlichen Lager und zog seine Grünen um sechs Punkte auf 30,3 Prozent nach oben.

Dass die Zufriedenheit mit der grün-roten Landesregierung nicht annähernd so hoch war, zeigt der Absturz des kleineren Koalitionspartners SPD, der rund die Hälfte seines Stimmanteils verlor und krachend von 23,1 auf 12,7 Prozent abstürzte. Doch auch die CDU in Baden-Württemberg verlor zwölf Prozentpunkte, von 39,0 auf 27,0 Prozent: Weder auf wirtschaftlichem Gebiet noch in der Inneren Sicherheit – den Kernkompetenzen der CDU – konnten die Christdemokraten die Grünen klar in den Schatten stellen, die sich wiederum permanent bewusst bürgerlich-konservativ gaben.

CDU-Wahlkämpfer waren gegen Merkels Starrsinn machtlos

In der akuten Flüchtlingsfrage wirkten die CDU-Landesverbände in Baden-Württemberg wie auch in Rheinland-Pfalz letztlich hilflos. Denn Bundeskanzlerin Merkel ließ sich trotz aller Appelle der Wahlkämpfer nicht beirren und weigerte sich standhaft, eine vernünftige nationale Obergrenze zu benennen, die sich der aller größte Teil der Bevölkerung gewünscht hätte.

Dramatische Appelle drei Wochen vor der Wahl ändern daran nichts, sondern wirken eher panisch. Die meisten Medien konstruierten daraus eine Dolchstoßlegende der Wahlkämpfer gegen Merkel. Und viele Wähler glaubten das anscheinend – selbst wenn es möglicherweise andersherum gewesen sein sollte.

Die Grünen und linke Medien gingen nun aber auch fehl, sollten sie die Wahl in Baden-Württemberg in ein Pro-Multikulti-Votum umdeuten wollen  – auch das hat dimap klargestellt. In Folge der Masseneinwanderung werde der „Einfluss des Islam zu stark“, das befürchten nicht nur 90 Prozent der AfD-Wähler sowie 56 Prozent der CDU- und der FDP-Wähler, sondern auch 41 Prozent der SPD-Wähler und 38 Prozent der Grünen-Wähler (!).

„Große Koalition“ reicht nicht in Baden-Württemberg

Wer soll Baden-Württemberg regieren? Grün-Rot ist abgewählt, aber ein kompletter Politikwechsel, wie von der CDU versprochen, ist nicht möglich. Ebenso unmöglich ist eine „große Koalition“ aus CDU und SPD, denn die SPD ist viel zu schwach dafür. Möglich sind hingegen Grün-Schwarz oder zwei verschiedene Dreierbündnisse.

CDU-SPD-FDP, die sogenannte Deutschland-Koalition, ist das Ziel der CDU. Jedenfalls haben die Christdemokraten keine große Lust, „dem Kretschmann auch noch die Aktentasche hinterherzutragen“, wie ein führender Parteifreund sagte. Die Grünen hingegen streben bevorzugt eine Ampel-Koalition aus Grünen, SPD und FDP an – dies indes hatte FDP-Chef Lindner vorab bereits ausgeschlossen.

Hoffentlich wird der Begriff „Schwäbische Verhältnisse“ nicht zu einem Symbol für strukturelle Unregierbarkeit – ähnlich wie die „Hessischen Verhältnisse“ in den 1980er Jahren.

Rheinland-Pfalz: Dreyer-Bonus sorgt für knappen Sieg

Auch in Rheinland-Pfalz setzte sich die Amtsinhaberin Malu Dreyer durch und bescherte ihrer SPD einen kleinen Zuwachs von einem halben Punkt auf 36,2 Prozent. Die CDU mit der enorm aktiven und gelegentlich auch frechen Kandidatin Julia Klöckner fiel zwar von 35,2 auf 31,8 Prozent, gewann aber ironischerweise 50.000 Stimmen hinzu. Mit 31,8 Prozent holte Klöckner immerhin noch das relativ beste CDU-Ergebnis in allen drei Ländern. Die Beliebtheit von Dreyer gab mit den Ausschlag, das zeigt die Direktwahl-Frage: 54 Prozent der Wähler hätten sich für sie entschieden, nur 34 Prozent für Klöckner.

Bemerkenswert ist, dass Julia Klöckner und ihre CDU monate-, ja sogar jahrelang wie die sicheren Sieger aussahen. Im Dezember 2014 lag die CDU mit 43 Prozent um volle 13 Punkte vor der SPD (30). Sogar eine absolute Mehrheit der CDU schien damals denkbar. Sogar noch im November 2015 lag die CDU (41) elf Punkte vor der SPD (30). FDP, AfD und Linkspartei lagen alle im Bereich zwischen 4 und 6 Prozent. Doch die Flüchtlingskrise wurde immer schlimmer, während sich Merkel weigerte, eine Obergrenze zu definieren, und das brachte die Trendwende: Tiefflug für die CDU, Treibsatz für die AfD.

In Rheinland-Pfalz ist (im Gegensatz zu Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt) immerhin noch eine CDU-SPD-Koalition möglich, doch nach den massiven auch unfairen Angriffen der SPD auf die Person der CDU-Kandidatin Klöckner müsste man sich da erst einmal auf persönlicher Ebene zusammenraufen. Für ein „Jamaika“-Bündnis aus CDU, FDP und Grünen reicht es nicht, hingegen wäre ein „Ampel“-Bündnis aus SPD, FDP und Grünen rechnerisch möglich. Ob allerdings die FDP dazu bereit ist, sich nach dem knappen Einzug in den Landtag (6,2 Prozent) auf ein so riskantes, konfliktträchtiges und wackliges Dreierbündnis einzulassen, muss sich erst zeigen.

Sachsen-Anhalt: Haseloff knapp behauptet, SPD schmiert ab

In Sachsen-Anhalt bleibt die CDU mit 29,8 Prozent (nach 32,5 Prozent) stärkste Partei. Somit kann Ministerpräsident Reiner Haseloff vermutlich seine erfolgreiche Arbeit (der Bayernkurier berichtete) fortsetzen. Auch hier macht der persönliche Vertrauensvorschuss viel aus: 52 Prozent der Bürger hätten für Haseloff direkt gestimmt, wenn das möglich wäre. Allerdings schmiert der kleinere Koalitionspartner SPD massiv ab – von 21,5 auf 10,6 Prozent. Die SPD wird an der Elbe also mehr als halbiert: ein Desaster.

Die AfD schießt in Sachsen-Anhalt den Vogel ab: 24,2 Prozent bedeuten Platz zwei im Parteienranking. Da die FDP mit 4,9 Prozent den Einzug in den Landtag hauchdünn nicht geschafft hat, bleibt wohl nur eine „Kenia“-Koalition: Schwarz-Rot-Grün, also CDU, SPD und Grüne. Ob dies das Land weiter voranbringt? Einfacher wird vernüntiges Regieren so sicherlich nicht für den Ministerpräsidenten.

Verdeckte Wahrheiten: SPD und Grüne sind in Wirklichkeit Wahlverlierer

Der persönliche Erfolg Kretschmanns überdeckt die Tatsache, dass die Grünen eigentlich zu den Wahlverlierern gehören. Die allgemeinen Jubelarien in den linken Medien unterstützen dieses „Vergessen“. In Rheinland-Pfalz verloren die bislang mitregierenden Grünen zwei Drittel (!) ihres Stimmenanteils und stürzten von 15,4 auf 5,3 Prozent. In Sachsen-Anhalt schafften sie mit 5,2 Prozent (nach 7,1 Prozent) nur haarscharf den Wiedereinzug in den Landtag.

Ebenso überdeckt der Erfolg Malu Dreyers die historischen Niederlagen der ehemaligen Volkspartei SPD in den beiden anderen Ländern. In Baden-Württemberg stürzte sie mit nur noch 12,7 Prozent auf das schlechteste Ergebnis in Westdeutschland seit dem Zweiten Weltkrieg, deutlich hinter Grünen, CDU und AfD auf Platz vier. Und in Sachsen-Anhalt verlor sie mehr als die Hälfte ihres Stimmanteils, von 21,5 auf 10,6 Prozent. Ihr bleibt auch hier nur Platz 4 hinter CDU, AfD und Linkspartei.

Gefährlich für den Bestand der Union: AfD überall zweistellig

Objektiver Sieger der Wahlen in allen drei Ländern war die AfD. Sie kam aus dem Stand in Baden-Württemberg auf 15,1, in Rheinland-Pfalz auf 12,6 und in Sachsen-Anhalt sogar auf 24,2 Prozent – letzteres ist doppelt so viel wie die ehemalige Volkspartei SPD und bedeutet Platz zwei hinter der CDU.

Exemplarisch lohnt ein Blick auf den Erfolg der AfD in Sachsen-Anhalt: Sie gewann 17 Prozent ihrer Wähler von der CDU, ebenfalls 17 Prozent von der Linkspartei, die mithin enorm an Protestpotenzial verloren hat, elf Prozent von der NPD, die von 4,6 auf 1,9 Prozent sank, und zehn Prozent von der SPD. Notabene: Den größten Stimmenanteil holte die AfD aus dem Lager der bisherigen Nichtwähler, nämlich 40 Prozent (!) ihrer Wähler. Sie entwickelte also enorme Mobilisierungskraft bei denen, die mit dem ganzen politischen System und den „Altparteien“ unzufrieden sind.

AfD: Enorme Mobilisierung der Unzufriedenen und Enttäuschten

Dies unterstreicht auch die Frage nach den Motiven, die AfD zu wählen. Hier nannten sogar im „Musterländle“ Baden-Württemberg 81 Prozent „Unzufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie“, in Rheinland-Pfalz waren es sogar 83 Prozent. Hier sagten 90 Prozent der AfD-Wähler darüberhinaus, die Bundesregierung habe die Flüchtlingskrise „nicht im Griff“.

Dass die AfD vor allem in Sachsen-Anhalt in der Tat die Partei der kleinen Leute ist, der Unzufriedenen, Enttäuschten und Wendeverlierer, zeigt auch folgende Erhebung: Auf die dimap-Frage nach der eigenen materiellen Lage antworteten 72 Prozent der Linken-Wähler „schlecht“, sowie 70 Prozent der AfD-Wähler. Die Wähler aller anderen Parteien lagen in dieser Frage weit unter 50 Prozent.