Bundesentwicklungsminister Gerd Müller besichtigt die Textilfabrik Van Laack in Tunesien. (Bild: Imago/photothek/Ute Grabowsky)
Finanzen

Mehr Geld für Afrika

Der Haushalt der Bundesregierung steht an: Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat Finanzminister Olaf Scholz (SPD) aufgefordert, angesichts hoher Steuereinnahmen auch mehr Mittel für die Bekämpfung von Fluchtursachen zur Verfügung zu stellen.

Bei Haushaltsaufstellungen geht es für jedes Ministerium um mehr Geld. Aber angesichts des drängenden Problems der Bevölkerungsexplosion in Afrika – es wird eine Verdoppelung auf 2,5 Milliarden Einwohner bis zum Jahr 2050 erwartet, bei gleichzeitig fehlenden Arbeitsplätzen – ist die Forderung von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) mehr als verständlich.

Die Mittel für die dringend erforderlichen Maßnahmen zur Überlebenssicherung müssen verstärkt werden.

Gerd Müller

Müller hat Finanzminister Olaf Scholz (SPD) aufgefordert, mehr Geld für die Bekämpfung von Fluchtursachen zum Beispiel in Syrien und im Jemen zur Verfügung zu stellen. „Ich erwarte für den Haushalt 2019, dass der Koalitionsvertrag eingelöst wird“, sagte Müller der Deutschen Presse-Agentur. Er reagierte damit auf die in der neuen Steuerschätzung prognostizierten Mehreinnahmen des Bundes. Die Mittel „für die dringend erforderlichen Maßnahmen zur Überlebenssicherung im Krisenbogen um Syrien, im Jemen oder zum Klimaschutz müssen verstärkt werden“, so Müller.

Im Koalitionsvertrag ist festgelegt, dass zusätzliche Mittel für prioritäre Maßnahmen genutzt werden, dazu gehören auch Mehrausgaben für Entwicklung und Verteidigung. Scholz sieht dagegen nur geringe neue Spielräume und will das Geld vor allem in Steuerrabatte für eine Verstärkung der Forschungsförderung von Unternehmen stecken.

Steuereinnahmen wachsen nicht mehr so stark

Zwar steigen die Steuereinnahmen nicht mehr so stark an wie zuletzt. Bund, Länder und Kommunen können bis 2022 aber immer noch mit 6,7 Milliarden Euro mehr an Einnahmen rechnen als bei der Schätzung im Mai vorhergesagt. Insgesamt werden im laufenden Jahr Staatseinnahmen bei Bund, Ländern und Gemeinden von 772 Milliarden Euro erwartet und im kommenden Jahr von 806 Milliarden.

Müller hatte bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs 2019 gesagt, in seinem Etat fehlten 500 Millionen Euro. Flucht und Migration hätten nunmal ihren Ursprung in den Herkunftsländern. Auch 2019 wird die Bundesregierung die sogenannte ODA-Quote nicht erreichen. Sie stellt die Ausgaben der Länder im Entwicklungsbereich im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung dar. Das international vereinbarte Ziel setzt die Quote bei 0,7 Prozent an, was Deutschland bislang nur 2016 schaffte. 2018 liegt sie bei 0,5 Prozent, 2019 soll sie in etwa auf diesem Niveau bleiben.

Positiv-Beispiel Tunesien

Anfang 2017 hatte Müller seinen „Marshallplan“ für wirtschaftliche Entwicklung und Bildung in Afrika vorgestellt und seitdem viele Maßnahmen angeschoben. Erst Anfang Oktober hatte der Bundesentwicklungsminister in dem von Jugendarbeitslosigkeit geplagten Tunesien die berufliche Ausbildung in deutschen Betrieben als Möglichkeit ins Spiel gebracht. Dies könne ein Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des nordafrikanischen Landes sein, böte aber auch Chancen für die Betriebe in Deutschland, wie Müller in Berlin erklärte.

Wir tun gut daran, in diese Länder zu gehen, unser Wissen und unsere Technologie einzubringen.

Gerd Müller

„Tunesien ist Reformpartnerland. In einer besonderen Partnerschaft wollen wir dort die demokratischen Strukturen unterstützen: gute Regierungsführung, aber dann auch den wirtschaftlichen Fortschritt stabilisieren“, sagte Müller. „In den letzten Jahren gab es dort ermutigende Zeichen.“ So hätten sich 270 deutsche Unternehmen dort engagiert und 60.000 Arbeitsplätze in Tunesien geschaffen.

Tunesien gilt als Hoffnungsland, weil es als einziges Land der Region nach dem sogenannten „Arabischen Frühling“ den Wandel zu einer funktionierenden Demokratie geschafft hat. Allerdings leidet das kleine nordafrikanische Land unter einer hohen Jugendarbeitslosigkeit und kämpft weiterhin mit wirtschaftlichen Problemen. Immer mehr junge Tunesier versuchen, illegal nach Europa zu gelangen.

Arbeit verhindert Auswanderung

Wenn die Jugend zu Hause Arbeit habe, kämen die Menschen nicht als Migranten über das Meer nach Europa, betonte Müller. „Das Thema wird uns die nächsten 50 Jahre beschäftigen. Wenn ich allein an Ägypten denke. 25 Millionen junge Menschen zwischen 15 und 25 Jahren. Von den 25 Millionen haben zwei Drittel keinen festen Arbeitsplatz und keine entsprechende Ausbildung“, so der Minister. Europa sei sozusagen in Sichtweite. „Deshalb tun wir gut daran, in diese Länder zu gehen, unser Wissen und unsere Technologie einzubringen und in Ausbildung zu investieren. In unserem Sinne zum Handwerker, nicht zum Universitätsabsolventen“, sagte Müller. Er nannte die Bereiche Energie, Strom, Elektrik und Bau als Kooperationspartner.

Am kommenden Dienstag findet mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Investorenkonferenz Afrika statt.