Gerd Müller, Bundesentwicklungsminister, stellt den Marshallplan mit Afrika vor. (Bild: Michael Gottschalk/photothek.net)
Entwicklungspolitik

Marshallplan mit Afrika

Fairere Handelsbedingungen, Investitionsförderung und mehr Bildungsprojekte: Bundesentwicklungsminister Gerd Müller will Zukunftsperspektiven für junge Menschen in Afrika schaffen. Ziel des CSU-Politikers ist es dabei auch, den "Migrationsdruck" von Afrika in Richtung Europa zu mindern.

Drei Jahre hat CSU-Minister Müller an seinem „Marshallplan“ für wirtschaftliche Entwicklung und Bildung in Afrika gearbeitet. Doch so richtig Fahrt aufgenommen hat das Projekt erst, als immer mehr Flüchtlinge nach Europa kamen. Schließlich will der CSU-Politiker vor allem für junge Menschen Zukunftsperspektiven schaffen. Finden sie in Afrika Jobs, könnte der Anreiz sinken, sich auf den Weg nach Europa zu machen. Zu den Eckpunkten des Plans, den Müller am 18. Januar im Entwicklungsausschuss des Bundestages vorstellte, gehören fairere Handelsbedingungen, Investitionsförderung und eine Verlagerung der Hilfe hin zu noch mehr Bildungsprojekten. Müller sagte, es sei an der Zeit, in der Afrikapolitik an einigen Punkten eine „Kurskorrektur“ vorzunehmen.

Wir brauchen eine völlig neue Dimension der Zusammenarbeit mit Afrika. Wir wollen Reformpartnerschaften mit Reformchampions eingehen. Wer Korruption bekämpft, Steuersysteme aufbaut, in Bildung investiert und auf die Gleichberechtigung der Geschlechter setzt, kann mit mehr Unterstützung von uns rechnen.

Gerd Müller, Bundesentwicklungsminister

Kampf gegen Steuerbetrug und Korruption

Multinationale Konzerne sollen daran gehindert werden, Gewinne, die sie in afrikanischen Staaten erwirtschaften, außer Landes zu schaffen, ohne vorher entsprechend Steuern abgeführt zu haben. Müller will auch „illegale Geldabflüsse“ aus Afrika stoppen. Deren Umfang hatten die Vereinten Nationen im vergangenen Jahr auf 50 Milliarden US-Dollar (47 Milliarden Euro) geschätzt. Schätzungsweise entgehen den Entwicklungsländern durch illegale Finanzströme jährlich sogar doppelt so viel Geld. Die G20-Staaten sollen sich verpflichten, ihr „Engagement in Afrika so auszurichten, dass Rechtsstaatlichkeit und Transparenz gefördert werden“. Die Globalisierung ist für Müller „ein Stück moderner Kolonialismus“. Das ist eine These, der sich auch Parteien aus dem linken Spektrum anschließen dürften. Den CSU-Politiker ärgert es, dass Großkonzerne ihre Produktion in Entwicklungsländer verlagern, wo Menschen dann „unter Bedingungen des 19. Jahrhunderts“ arbeiten.

Müller fordert, Afrika müsse einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat erhalten. Die Europäische Union solle einen „Kommissar für Afrika“ benennen. Der Entwicklungsminister spricht von einer „Partnerschaft auf der Basis von Geben und Nehmen“. Deutsche Regierungsvertreter sollten sich aber nicht scheuen, Probleme auch zu benennen, mit „Klartext statt diplomatischer Zurückhaltung bei Reformverweigerern“.

Freihandelszone zwischen EU und Afrika

Müller wirbt für eine Freihandelszone der EU mit Afrika – allerdings erst in 10 bis 20 Jahren. Ein erster Schritt in diese Richtung sollte seiner Ansicht nach eine „Mittelmeerunion“ sein, der die Maghreb-Staaten und Ägypten angehören. Kurzfristig müsse der Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnisse vorangetrieben werden.

Entwicklungspolitik allein ist aber nicht die Lösung. Afrika braucht Jobs, die nur die Wirtschaft schaffen kann. Wertschöpfung vor Ort statt Ausbeutung. Die Chancen in Afrika sind riesig, gerade auch für die deutsche Wirtschaft.

Gerd Müller, Bundesentwicklungsminister

Zusätzliches Geld gibt es für diesen Plan nicht. Allerdings wächst der Haushalt des Bundesentwicklungsministeriums in diesem Jahr ohnehin um 15 Prozent auf 8,5 Milliarden Euro. 20 Prozent der deutschen Entwicklungsgelder für Afrika will das Ministerium zusätzlich in die Entwicklung dieser Länder investieren.

Die Eckpunkte für einen Marshallplan mit Afrika setzen den Beginn einer Diskussion über die zukünftige Zusammenarbeit mit dem Kontinent. Die afrikanischen und europäischen Partner der deutschen Entwicklungspolitik, aber auch Wirtschaft, Wissenschaft, Kirchen und Politik sind eingeladen, die in den Eckpunkten aufgezeigten Vorschläge und Lösungsansätze zu diskutieren und weiterzuentwickeln. Das Bundesentwicklungsministerium wird dazu eine Vielzahl an Veranstaltungen anbieten und lädt alle Interessierten zu einem Online-Dialog ein.

Bei einer Veranstaltung mit dem Milliardär und Stifter Bill Gates am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz will Müller im Februar internationale Unterstützer für seine Ideen gewinnen. Der Begriff „Marshallplan“ geht auf das amerikanische Wirtschaftshilfsprogramm für das durch den Zweiten Weltkrieg zerstörte Europa zurück. Das Programm war nach dem damaligen US-Außenminister George C. Marshall benannt worden.

(dpa/BMZ/AS)