Bundesentwicklungsminister Gerd Müller präsentiert den "Grünen Punkt" gemeinsam mit Antje von Dewitz, Geschäftsführerin, VAUDE Sport, Tchibo-Chef Thomas Linemayr und dem EKD-Ratsvorsitzenden Bischof Heinrich Bedford-Strohm (v.r.). (Foto: Imago Images/Thomas Köhler)
Textilien

Ein „grüner Knopf“ für faire Kleidung

Wer Textilien kaufen möchte, die nach geprüften ökologischen und sozialen Standards hergestellt werden, kann sich künftig am "Grünen Knopf" orientieren. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller hat die neue Auszeichnung jetzt eingeführt.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller hat den offiziellen Startschuss für den „Grünen Knopf“ gegeben. Das neue Nachhaltigkeits-Siegel wird an Bekleidungsfirmen vergeben, die ihre Produkte unter strengen sozialen und ökologischen Standards herstellen lassen.

Geprüfte Standards

„Die Globalisierung hat im 19. Jahrhundert in der Textilwirtschaft begonnen. Nun muss auch gerechte Globalisierung in der Textilwirtschaft anfangen“, sagte der CSU-Politiker am Montag bei der Vorstellung des Gütezeichens in Berlin. „Mit dem Grünen Knopf setzen wir jetzt einen hohen Standard und zeigen: Faire Lieferketten sind möglich. Ab heute kann das keiner mehr in Frage stellen. Das beweisen alle Unternehmen, die mitmachen.“

Der Grüne Knopf sei das staatliche Textilsiegel, das dem Käufer in vielfacher Weise Sicherheit gebe, hatte Müller zuvor dem Magazin Stern gesagt:  „Der Staat legt die Bedingungen und Kriterien fest“. Jedes Kleidungsstück erfülle hohe Sozial- und Umweltstandards. Darüber hinaus werde das ganze Unternehmen geprüft. Unabhängige Prüfer wie TÜV oder Dekra kontrollierten zudem die Einhaltung der Standards.

Fairness und Nachhaltigkeit müssen Standard für alle Lieferketten werden.

Gerd Müller, Bundesentwicklungsminister

Firmen, die den „Grünen Knopf“ für ihre Textilprodukte verwenden wollen, müssen 26 soziale und ökologische Mindeststandards einhalten. Die ökologischen Standards umfassen etwa das Verbot von Weichmachern und anderen Chemikalien sowie Grenzwerte für Abwässer, die bei der Produktion anfallen. Die Herstellerfirmen müssen außerdem nachweisen, dass sie menschenrechtliche, soziale und ökologische Verantwortung übernehmen. Sie verpflichten sich etwa, dass bei der Produktion Mindestlöhne gezahlt werden, Kinderarbeit ausgeschlossen ist und bestimmte Gesundheits- und Sicherheitsstandards eingehalten werden.

Katastrophe in Bangladesch

In der Startphase sollen zunächst die Produktionsschritte Nähen und Zuschneiden sowie Färben und Bleichen geprüft werden. Weitere Schritte wie etwa der Anbau der Baumwolle sollen folgen. „Fairness und Nachhaltigkeit müssen Standard für alle Lieferketten werden“, fordert der Entwicklungsminister.

Hintergrund für die Einführung des Siegels ist der Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch, bei dem vor sechs Jahren mehr als 1100 Menschen ums Leben gekommen waren. Müller hatte das Unglück als Weckruf für Wirtschaft und Politik gewertet, sich stärker für sichere und faire Arbeitsbedingungen in der Textilwirtschaft einzusetzen. „Alle haben gesagt, man kann keine komplette Lieferkette bis in den Laden durchzertifizieren. Wir beweisen jetzt am Beispiel von Textilien: Es geht eben doch“, sagt Müller. Deutschland könne es sich nicht leisten, die Bedingungen in Billiglohnländern auszublenden.

Teilnehmer im Internet

Der Grüne Knopf sei weltweit einmalig, sagt der Minister. „So genau und umfassend prüft kein anderer.“ Der Grüne Knopf baue auf bereits vorhandenen Siegeln auf, erklärt Müller. Produkte wie T-Shirts oder Bettwäsche müssten anerkannte Siegel, zum Beispiel GOTS oder Fairtrade, vorweisen. Zusätzlich würden die Unternehmen nach weitere Kriterien geprüft: „Legt es Risiken in seiner Lieferkette offen? Schafft es Missstände ab? Gibt es Beschwerde­möglichkeiten für die Näherinnen vor Ort?“ Das sei das Besondere am „Grünen Knopf“, so Müller.

Kritik und Zustimmung

Bislang haben sich laut Müller 27 Unternehmen an dem neuen Siegel beteiligt. Weitere 26 Unternehmen seien derzeit im Prüfprozess, ob sie die Anforderungen erfüllen. Zu den Firmen, die mitmachen gehören ALDI Nord und ALDI SÜD: Sie kennzeichnen nach einer Mitteilung zukünftig Textilien, die besonders nachhaltig produziert wurden, mit dem „Grünen Knopf“. Die Liste der Unternehmen, die beim „Grünen Knopf“ teilnehmen, will Müller auf der Webseite seines Ministeriums veröffentlichen.

Aus der Textilbranche kommt aber auch Kritik. Die Präsidentin des Gesamtverbandes textil+mode, Ingeborg Neumann, sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerkes Deutschland: „Wir haben bereits zahlreiche Qualitätssiegel, die auch international anerkannt sind. Ein zusätzliches nationales Siegel macht deshalb keinen Sinn.“ Es werde zu mehr Siegelunklarheit und nicht zu mehr Siegelklarheit führen.

Licht im Siegel-Dschungel

Verbraucherschützer und Entwicklungshilfeorganisationen sehen den „Grünen Knopf“ dagegen grundsätzlich positiv. Thilo Hoppe von „Brot für die Welt“ etwa sagt, als staatliches Meta-Siegel habe der „Grüne Knopf“ eine „neue Qualität“ und könne deshalb besonders im Beschaffungswesen von Bund, Ländern und Gemeinden eine wichtige Rolle spielen. Kritisch sieht er allerdings, dass einige Stufen der Lieferkette – wie Anbau und Ernte der Baumwolle – vorerst außen vor bleiben. Die Kriterien müssten weiterentwickelt werden, „bis sie alle Stufen der Lieferkette umfassen und auch existenzsichernde Löhne beinhalten“.

Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) hat der „Grüne Knopf“ das Potenzial, mehr Licht in den Siegeldschungel zu bringen. „Doch ob er seinen hohen Erwartungen gerecht wird, lässt sich erst in zwei Jahren nach Ende der Pilotphase bewerten“, erklärt der Verband.

(dpa/BK)