Rentner haben beste Aussichten, weil die Finanzen der Rentenkassen stabil sind. (Symbolfoto: Imago/Westend61)
Renten

„SPD soll die Leute nicht verunsichern“

CSU-Chef Seehofer ermahnt die SPD, die Menschen nicht mit unrealistischen Forderungen zu verunsichern. Die Renten-Finanzen seien stabil. Über das aktuelle Rentenpaket mit der Erhöhung der Mütterrente will die Koalition erneut am Dienstag verhandeln.

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat im ZDF-Sommerinterview Bedenken angesichts der Rentenfinanzierung ausgeräumt: „Die Rentenfinanzen sind stabil – auf Jahre hinaus“, sagte der CSU-Parteivorsitzende. „So gut sind die Rentenkassen gefüllt wie seit Jahren nicht mehr“, fügte er hinzu. Seehofer sprach sich für eine „Teilhabe der Rentner am wachsenden Wohlstand in unserem Lande“ aus. Sein Gespräch mit Merkel und Scholz dazu am Samstag im Kanzleramt sei „ganz ernsthaft“ gewesen. Dabei habe es „nicht den Hauch eines Streites“ gegeben.

Die SPD soll die Leute nicht verunsichern.

CSU-Chef Horst Seehofer zu den Rentenforderungen von Finanzminister Scholz

Über das Verhalten des Koalitionspartners SPD sagte Seehofer, die Sozialdemokraten sollten „die Leute nicht verunsichern“. Es sei das Recht von Vizekanzler Olaf Scholz (SPD), auch bis zum Jahr 2040 zu planen, so Seehofer. Nur dürfe man dabei nicht aus den Augen verlieren, wie gut es um die wirtschaftliche Lage in Deutschland stehe: „Wir haben auf Jahre hinaus Stabilität, Sicherheit und was ganz wichtig ist – die Teilhabe der Rentner und Rentnerinnen am wachsenden Wohlstand in unserem Lande.“

Erneutes Spitzentreffen am Dienstagabend

Am kommenden Dienstagabend wollen sich die Partei- und Fraktionschefs der großen Koalition im Kanzleramt zu Beratungen über das geplante Rentenpaket, den Arbeitslosenbeitrag und andere Themen treffen. Über das im Koalitionsvertrag vereinbarte erste Rentenpaket bis 2025, in dem unter anderem die von der CSU durchgesetzte Erhöhung der Mütterrente enthalten ist, will sich die Koalition in den nächsten Tagen verständigen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), SPD-Vizekanzler Scholz sowie CSU-Chef Seehofer hatten sich am Samstagabend zu Beratungen getroffen, aber keine endgültige Einigung erreicht. Bei dem Gespräch am Dienstag sollen zudem SPD-Chefin Andrea Nahles und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt teilnehmen.

Wir werden jetzt Woche für Woche wichtige Entscheidungen bei der Rente, der Arbeitslosenversicherung, der Mietpreisentwicklung und beim Fachkräftezuwanderungsgesetz treffen.

CSU-Chef Horst Seehofer

Merkel, Seehofer und Scholz hatten deutlich gemacht, dass sie beim im Koalitionsvertrag vereinbarten Rentenpaket bis 2025 eine rasche Einigung erwarten. Wie Seehofer sagte, ist sich die Koalition einig, das Rentenniveau bis 2025 zu stabilisieren und in einer Rentenkommission darüber zu beraten, wie man dann bis 2040 weiter vorgehen wolle. „Ich denke, wir werden jetzt Woche für Woche wichtige Entscheidungen bei der Rente, der Arbeitslosenversicherung, der Mietpreisentwicklung und beim Fachkräftezuwanderungsgesetz“ treffen, sagte der Innenminister.

Scholz-Forderung würde 493 Milliarden kosten

Um die SPD aus dem Umfrage-Dauertief bei etwa 18 Prozent herauszuführen, hatte Scholz vergangene Woche gefordert, das Rentenniveau müsse bis 2040 bei 48 Prozent der Nettogehälter eingefroren werden. Einen Finanzierungsvorschlag machte der SPD-Finanzminister kennzeichnenderweise nicht. Nach Ansicht von Fachpolitikern aus der Union sind diese Forderungen unseriös und teuer, zudem würden sie die Arbeit der erst kürzlich eingesetzten Renten-Zukunftskommission untergraben.

Ein ausgezeichneter Ministerpräsident.

Horst Seehofer über Markus Söder

Scholz‘ Pläne würden insgesamt 493 Milliarden Euro kosten, wie der Rentenökonom Axel Börsch-Supan für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung errechnete. Würde der Plan über höhere Rentenbeiträge finanziert, müsste der Beitrag bis 2040 auf 25,6 Prozent steigen, so der Rentenexperte. Heute liegt er bei 18,6 Prozent. Sollten stattdessen Steuermittel eingesetzt werden, müsste beispielsweise die Mehrwertsteuer von 19 auf 22 Prozent steigen. Sollten Scholz‘ Forderungen über einen späteren Renteneintritt refinanziert werden, müsste das Renteneintrittsalter bis 2040 auf 70 Jahre steigen. Nach derzeitiger Regelung steigt das Renteneintrittsalter bis 2030 auf 67 Jahre.

CSU lehnt „Spurwechsel“ ab

In Fragen zum Asylrecht sprach sich Seehofer gegen eine generelle Option eines Bleiberechts für abgelehnte Asylbewerber mit einem Arbeitsplatz aus. Der CDU-Linksaußen Günther und die SPD hatten einen solchen „Spurwechsel“ vom Asyl- ins künftige Fachkräfteeinwanderungsrecht gefordert, das Seehofers Ministerium derzeit erarbeitet. Seiner Meinung nach, betonte Seehofer, müsse man jedoch „flexibel und pragmatisch auf Einzelfälle“ reagieren können. Wenn etwa einem abgelehnten Asylbewerber Folter drohe und er oder sie deshalb nicht abgeschoben werden könne, müsse man über ein Bleiberecht in Verbindung mit einer Arbeitserlaubnis nachdenken.

Ich würde exakt wieder so handeln. Es geht auch um die Glaubwürdigkeit in der Politik.

Horst Seehofer zum Asylstreit mit Kanzlerin Merkel

Sein Verhalten im Asylstreit mit Kanzlerin Merkel und der Schwesterpartei CDU verteidigte Seehofer: Er würde „exakt wieder so handeln“. Die CSU hatte Anfang Juli gegen den Willen der Kanzlerin damit gedroht, Flüchtlinge, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind oder ein Asylverfahren angestrengt haben, an der deutschen Grenze abzuweisen, um deutsches und europäisches Recht durchzusetzen – unter anderem Frankreich und Dänemark handeln genauso. Diese Haltung rechtfertigte Seehofer im Interview: „Es geht auch um die Glaubwürdigkeit in der Politik.“ Die Zeit der Koalitionskrise sei jedoch auch für ihn persönlich schwierig gewesen.

Erfolg durch Zusammenhalt

Auch zu den Erfolgsaussichten der CSU bei der bayerischen Landtagswahl am 14. Oktober äußerte sich Seehofer: „Wenn man Glück hat, kann man auch die absolute Mehrheit verteidigen.“ Zusammenhalt sei dafür die wichtigste Voraussetzung. Seinen Parteifreund Markus Söder bezeichnete Seehofer als „ausgezeichneten Ministerpräsidenten“.