Sind Diesel wirklich so gefährlich? Und wie sehen die Alternativen aus? (Bild: Imago/Christian Ohde; bearb.: BK)
Diesel

Hysterie und Ideologie

Kommentar Kaum ein Thema hat zuletzt im wahrsten Sinne des Wortes so viel Staub aufgewirbelt, wie Diesel-Fahrzeuge und ihre Abgase. Mittlerweile mehren sich die Zweifel an der Gesundheitsgefahr, den Grenzwerten und den Messungen. Dazu kommen Nebenwirkungen.

Wenn es darum geht, mögliche Dieselfahrverbote zu begründen, wird regelmäßig mit der Gesundheit der Bürger argumentiert. Angeblich mehrere Tausend Tote pro Jahr gehen demnach auf das Konto von Luftverschmutzung. In ganz Europa sind es laut einer Studie rund 11.400 Menschen, die allein durch Stickstoffdioxid (NO2) sterben. In Deutschland sind es laut Umweltbundesamt 6000, laut den Rechnungen des Vereins Deutsche Umwelthilfe (DUH) sogar 12.860. Als hauptverantwortlich für den Stickstoffdioxid-Ausstoß gelten Diesel-Fahrzeuge.

Das Bundesverwaltungsgericht urteilte jüngst, als letztes Mittel seien Fahrverbote für alte Diesel zulässig. Doch mittlerweile wird die Diesel-Hysterie immer kritischer gesehen.

Die Gesundheitsgefahr

Wie will man ermitteln, ob jemand durch NO2 gestorben ist? Luftschadstoffe sind gesundheitsschädlich, das steht außer Zweifel. Aber Mediziner können bis heute keinen Kausalzusammenhang zwischen den zunehmenden Lungen-Erkrankungen auch bei Nichtrauchern und NO2 beweisen. Denn schlechte Luft besteht aus mehreren Komponenten, die entweder einzeln oder im Zusammenwirken für die Erkrankungen verantwortlich sein könnten oder auch nicht. Auch die Konzentration, ab der ein Stoff schadet, ist entscheidend. Zudem wurden offenbar andere Risikofaktoren wie Rauchen, Fettleibigkeit oder Alkoholkonsum nicht in die Studien einbezogen.

Die Horrorzahlen von Feinstaubtoten oder Stickoxidtoten sind reiner Populismus.

Matthias Klingner, Fraunhofer-Institut

„Stickoxide in einer so geringen Konzentration wie in unseren Städten können keine krankmachende Wirkung haben“, sagte Professor Martin Hetzel, Chefarzt einer Stuttgarter Lungenfachklinik, dem Handelsblatt. Es sei deshalb „schlicht unmöglich, auch nur einen Todesfall“ darauf zurückzuführen. Ähnlich äußerte sich Professor Hans Drexler, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin. „Die Horrorzahlen von Feinstaubtoten oder Stickoxidtoten sind reiner Populismus“, sagte im MDR auch Matthias Klingner vom Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme in Dresden.

Die Messstationen

Der Münchner Merkur hat jüngst über fehlerhaft aufgestellte Münchner Messstationen berichtet, die entgegen der EU-Richtlinie zu nah an Kreuzungen aufgestellt wurden, etwa am vielbefahrenen Stachus. Auch habe Deutschland einmal mehr die EU-Vorgaben strenger ausgelegt als der Rest Europas und deshalb seien die Werte nicht vergleichbar.

An Straßen mit vielen Staus, wie etwa der Landshuter Allee in München, fallen die Messwerte höher aus, deshalb sollen Messstationen Abstand halten. Dort gibt es obendrein extreme Häuserschluchten, die die Werte verschärfen. Dennoch steht laut Merkur die Station „Landshuter Allee“ unmittelbar am Straßenrand und nicht, wie EU-rechtlich erlaubt, mit bis zu zehn Metern Abstand zum Fahrbahnrand. Diese Möglichkeit werde in ganz München nicht genutzt – im Gegensatz etwa zum österreichischen Wien, das 100 Meter Abstand zur Stadtautobahn hält. In einem zweiten Artikel schreibt die Zeitung, dass die Messstation sogar an der Stelle mit der absolut höchsten Konzentration steht, während wenige Meter weiter nur noch die Hälfte des Wertes erreicht wird. Ergebnis laut Merkur: Exakt die zwei Messstellen Landshuter Allee und Stachus „liefern regelmäßig die Werte, die in München zu Fahrverboten führen könnten“.

Die Grenzwerte

40 Mikrogramm pro Kubikmeter soll der Jahresmittelwert bei NO2 sein, bestimmte die EU 1999. Schon damals nannten Kritiker diesen Wert „willkürlich“. Bei der Verabschiedung der Grenzwerte in den Zeiten des grünen Bundesumweltministers Jürgen Trittin wurde offenbar weggeschaut, vielleicht ganz bewusst. „Die Grenzwerte im Freien sind auf Druck von Interessengruppen zustande gekommen, die den Autoverkehr aus den Städten verbannen wollen. Sie sind politisch gesetzt und werden wissenschaftlich bemäntelt“, so Wirtschaftsprofessor Walter Krämer in den Stuttgarter Nachrichten.

Die Grenzwerte im Freien sind auf Druck von Interessengruppen zustande gekommen, die den Autoverkehr aus den Städten verbannen wollen.

Walter Krämer, Wirtschaftsprofessor

An bestimmten Arbeitsplätzen wie im Tunnelbau, in Autowerkstätten oder bei Schweißern gelten deutlich höhere Grenzwerte (950 Mikrogramm), als auf der besser belüfteten Straße. Der Grund: Der Luft im Freien sind alle Menschen ausgesetzt − auch stärker gefährdete Kinder, Schwangere oder Senioren. Aber: in anderen Ländern gelten höhere Grenzwerte. Und in Tierversuchen mit rund 4000 Mikrogramm NO2 waren keine Effekte feststellbar, ebenso bis 950 Mikrogramm bei Laborstudien mit Freiwilligen.

Gefährliche Nebenwirkungen

Der Diesel wurde deshalb gefördert, weil er eigentlich der sauberste und am wenigsten Kraftstoff verbrauchende Motor ist. Er stößt weniger CO2 und weniger Feinstaub aus. Das bedeutet: Werden die Dieselfahrzeuge zugunsten von Benzinern reduziert, wird der Feinstaub-Ausstoß größer und der Klimawandel gefördert. Auch E-Mobile sind noch keine Lösung, ihre Umweltbilanz ist verheerend.

Die neuesten Diesel-Motoren unterschreiten die Grenzwerte auch im Realbetrieb. Das NOx-Problem ist also technisch gelöst und nur eine Frage von wenigen Jahren, wie auch die von 90 auf 70 gesunkene Zahl der Kommunen mit Grenzwert-Überschreitungen im Jahr 2017 zeigt. Zudem sind seit 1995 die NOx-Emissionen laut Bundesumweltamt um 36 Prozent zurückgegangen – obwohl sich seither der Anteil der Dieselfahrzeuge verdoppelt hat.

Eine hysterisch geführte Fahrverbotsdebatte gefährdet die Autoindustrie in Deutschland mit rund einer Million Arbeitsplätze. Zudem schädigt sie die rund sieben Millionen Besitzer älterer Diesel. Sie würden nicht nur aus zahlreichen Innenstädten ausgesperrt, ihre Autos wären auch nur noch schwer verkäuflich.

Lese-Tipp:

Zur Kritik an den Diesel-Anklägern „Deutsche-Umwelthilfe“ lesen Sie hier.