Im Streit über Fahrverbote in München muss Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) keine Zwangshaft fürchten. Dieses Mittel für Politiker oder Amtsträger zur Einhaltung von EU-Recht sei mangels gesetzlicher Grundlage in Deutschland nicht möglich, erklärte der zuständige Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof am Donnerstag in Luxemburg.
„Da hat er recht“, kommentierte Söder in München. Der CSU-Chef wies aber darauf hin, dass dies noch kein Urteil sei. Dieses wird erst in einigen Wochen erwartet (Rechtssache C-752/18).
Streit um Fahrverbote
Hintergrund ist ein Fall vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, der den EuGH um Rat gebeten hat. Der höchst umstrittene Verein „Deutsche Umwelthilfe“ hatte die Zwangshaft beantragt, weil Bayern ein rechtsgültiges Urteil des Verwaltungsgerichts München von 2012 über mögliche Fahrverbote nicht umgesetzt habe. Beschränkungen für Dieselfahrzeuge sollen aus Sicht des Vereins helfen, die Belastung mit Stickoxiden unter gültige EU-Grenzwerte zu drücken.
Nach EU-Recht sind „alle erforderlichen Maßnahmen“ zu treffen, um die Einhaltung der entsprechenden Richtlinie zu garantieren. Aber umfasst das auch Zwangshaft? Der zuständige EuGH-Generalanwalt Henrik Saugmandsgaard Øe sagt in dem Gutachten: Nein.
Fehlende Gesetzesgrundlage
Zwangshaft ohne klare gesetzliche Regelung in Deutschland widerspräche der Grundrechte-Charta der Europäischen Union, die auch das Recht auf Freiheit garantiert, meinte der Gutachter. Es sei Sache des nationalen Gesetzgebers, ob er eine gesetzliche Regelung zur Zwangshaft für wünschenswert halte.
Auf europäischer Ebene gebe es ein Zwangsmittel, nämlich das Vertragsverletzungsverfahren, erklärte der Generalanwalt weiter. Demnach kann die EU-Kommission gegen EU-Staaten klagen, die sich nicht an europäisches Recht halten. Tatsächlich sei der EuGH auch schon mit einer solchen Klage gegen Deutschland befasst, und zwar genau wegen der Luftverschmutzung in München und anderen Städten.
(dpa)