Macht endlich einen Abgang: Andrej Holm, Stasi-belasteter Staatssekretär der Partei Die Linke in Berlin. (Bild: Imago/IPON)
Berlin

Die rot-rot-grüne Stasi-Falle

Die rot-rot-grüne Koalition in Berlin steckt kurz nach dem Start schon in der Krise: Nach dem Rücktritt des Stasi-belasteten Staatssekretärs Andrej Holm kommt es zu einem massiven Streit zwischen den SED-Rechtsnachfolgern von der Linkspartei und der SPD.

Nach dem Willen der SPD sollte das rot-rot-grüne Bündnis in Berlin unter Führung der Sozialdemokraten eigentlich als Blaupause für ein Linksbündnis im Bund ab 2017 dienen. Doch das scheint zur Blamage zu werden, denn bereits sechs Wochen nach der Gründung der „R2G“-Koalition befindet sich diese in der Zerreißprobe.

Nachdem sich Bürgermeister Michael Müller (SPD) nun endlich durchgerungen hatte, den früheren hauptamtlichen Stasi-Mitarbeiter Andrej Holm, den die Linkspartei als Wohnbau-Staatssekretär durchgesetzt hatte, zu entlassen, trat der Staatssekretär seinerseits zurück. Umgehend folgten Schuldzuweisungen von Seiten der SED-Rechtsnachfolger an die Adresse der SPD, ein Krisentreffen jagt das andere, der sozialistische Haussegen hängt schief. Die Oppositionsparteien CDU und FDP bezeichneten Holms Entlassung dagegen als überfällig.

Die Koalition steht an einem Scheideweg.

Andrej Holm, Stasi-belasteter Staatssekretär, in seiner Rücktrittserklärung

„Heute ziehe ich eine Reißleine“, mit diesen Worten gab Holm auf seiner Internetseite seinen Rücktritt bekannt. Damit kam er einer von Regierungschef Michael Müller (SPD) geforderten Entlassung aus dem rot-rot-grünen Senat zuvor. „In den letzten Tagen haben mir SPD und Grüne deutlich gemacht, dass sie mich als Staatssekretär politisch nicht unterstützen. Herr Müller von der SPD forderte öffentlich meine Entlassung. Damit wurde eine mögliche Zusammenarbeit in einer Koalition aufgekündigt. Die Koalition selbst steht an einem Scheideweg“, schrieb Holm und warf der SPD mehrfachen Bruch von Vereinbarungen vor.

„Ich werde der zerstrittenen SPD nicht den Gefallen tun, sie (die Koalition, Anm. d. Red.) auf meinem Rücken zerplatzen zu lassen“, erklärte Holm weiter. „Den versprochenen Aufbruch in eine andere Stadtpolitik hat diese Koalition bisher nicht ernsthaft begonnen – das allein mit meiner Personalie zu begründen, wäre absurd.“

Müller zögerte sehr lang mit der Entlassung

Der 46-jährige sogenannte „Stadtsoziologe“ war vor gut einem Monat von der Linken in die Landesregierung berufen worden. Nach wochenlangen Debatten über falsche Angaben zu Holms hauptamtlicher Stasi-Tätigkeit 1989 hatte Müller am Samstag angekündigt, dass er den Wissenschaftler nicht länger im Senat haben will. Er habe die zuständige Senatorin Katrin Lompscher (Linke) „nach reiflicher Überlegung und intensiven Gesprächen mit den Koalitionspartnern“ gebeten, dem Senat eine Vorlage zur Entlassung Holms zuzuleiten, erklärte Müller. Holm habe gezeigt, dass er für ein Regierungsamt ungeeignet sei.

Mit seiner Entscheidung, Holm zu entlassen, habe Bürgermeister Müller die ohnehin schwierige Situation „leider verschärft“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der linken Partei- und Fraktionsspitze. „Das erschwert die Suche nach gemeinsamen Lösungen.“ Man wolle das weitere Vorgehen nun „intern und innerhalb der Koalition“ beraten. Noch am Freitag hatte sich der Linkspartei-Landesvorstand demonstrativ hinter Holm gestellt. Warum die Linkspartei einen derart schwer Stasi-Belasteten so intensiv stützt, erklärt sich wohl nur aus den Wählern und Funktionären der Linkspartei, die zu einem großen Teil aus der ehemaligen DDR stammen und dort oft ebenfalls für SED oder Stasi tätig waren.

Schwere Krise sechs Wochen nach dem Start

Die rot-rot-grüne Landesregierung steckt nun jedenfalls knapp sechs Wochen nach dem Start in der ersten großen Krise. Die Linke warf Müller unabgestimmtes Vorgehen vor. Denn eigentlich hatten die Partner verabredet, vor einer Entscheidung über die Zukunft Holms eine Stellungnahme der Humboldt-Universität abzuwarten. Die prüft personalrechtliche Schritte gegen ihren bisherigen Angestellten, weil er 2005 in einem Fragebogen eine hauptamtliche Stasi-Mitarbeit verneint hatte. Nach dieser Problemdelegation wurde aber wiederum der Regierende Bürgermeister für seine Entscheidungsschwäche kritisiert und dass er diesen klaren Fall der Universität aufgebürdet hatte, um selbst keine Entlassung tätigen zu müssen.