Rat der Wirtschaftsweisen: Damit die Konjunktur weiter wächst, sollte der Staat die Stern senken, um Raum zu schaffen für mehr private Investitionen. (Foto: Imago/Westend 61)
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Aufschwung setzt sich fort

Trotz zahlreicher Krisenherde weltweit und Unsicherheiten sind die Wirtschaftsweisen optimistisch: 1,5 Prozent Wachstum erwarten sie heuer für Deutschland, 2018 sogar 1,8 Prozent. Sie fordern allerdings die Bundesregierung zu deutlichen Steuersenkungen auf, damit mehr Spielraum für private Investitionen bleibt.

Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute haben in ihrem Frühjahrsgutachten ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr trotz erheblicher weltwirtschaftlicher Risiken auf 1,5 Prozent nach oben korrigiert. Für 2018 erwarten die Forscher ein Wachstum von 1,8 Prozent – das sind 0,2 Prozentpunkte mehr als im Herbstgutachten prognostiziert. „Im ersten Quartal 2017 dürfte die deutsche Wirtschaft nochmals an Tempo zugelegt haben“, heißt es.

Die deutsche Wirtschaft befindet sich nun schon im fünften Jahr eines moderaten Aufschwungs.

Wirtschaftsweise

„Die deutsche Wirtschaft befindet sich nun schon im fünften Jahr eines moderaten Aufschwungs“, führen die Ökonomen aus. Hauptgrund für die besseren Konjunkturaussichten ist unter anderem die nun wieder besser laufende Weltwirtschaft, die die Exportnation Deutschland mitzieht. „Die gesamtwirtschaftliche Kapazitätsauslastung nimmt allmählich zu, und die gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten dürften mittlerweile die Normalauslastung leicht überschritten haben“, heißt es im Gutachten von DIW, ifo-Institut, IfW Kiel, IWH aus Halle und dem Essener RWI weiter.

Arbeitslosenquote sinkt weiter

Die Arbeitslosenquote wird den Forschern zufolge 2017 auf 5,7 Prozent sinken und 2018 weiter auf 5,4 Prozent. Die Zahl der Erwerbstätigen dürfte in den zwei Jahren um rund eine Million auf 44,56 Millionen steigen. Zugleich werde die Inflation von 0,5 Prozent im Vorjahr spürbar auf 1,8 Prozent im laufenden Jahr klettern und dürfte so die Kaufkraft der Verbraucher etwas schmälern.

Risikofaktor Trump

Wachstumstreiber bleibe wie in den vergangenen zwei Jahren der vergleichsweise starke Konsum, was das Wachstum stabiler macht als bei reiner Exportabhängigkeit. Erfreulich sei, dass nach einer Schwächephase auch aus der deutschen Exportwirtschaft wieder Wachstumsimpulse zu erwarten seien, so die Forscher. Trotz der robusten Verfassung bewerten die Forscher den Aufschwung im historischen Vergleich als wenig dynamisch.

Die deutsche Industrie wäre aufgrund ihrer starken Exportorientierung wohl in besonderem Maße negativ betroffen.

Wirtschaftsweise, über Trumps Protektionismus

Im Einzelnen beklagen die Forscher die hohe Steuer- und Abgabenbelastung des Faktors Arbeit. Auch die OECD hatte kritisiert, dass der Anteil der Steuern und Sozialabgaben an den Lohnkosten in Deutschland der größte aller Industrieländer sei, mit Ausnahme Belgiens. Von der Politik forderten die Institute bessere Rahmenbedingungen für private Investitionen und mehr Vorkehrungen, um die Alterung der Gesellschaft abzufedern. „Es ist höchste Zeit, dass die Wirtschaftspolitik stärker an der langen Frist ausgerichtet wird.“ Hierzu müsse die Regierung die Abgabenbelastungen senken und mehr in Bildung investieren. Dies ist das genaue Gegenteil der Forderung von SPD-Kandidat Schulz, mehr „Gerechtigkeit“ durch noch mehr staatliche Umverteilung zu schaffen.

Zugleich warnen die Forscher vor Risiken, beispielsweise aus den USA. Die Regierung von Donald Trump verfolge eine „protektionistische Agenda, deren Umsetzung negativ auf Welthandel und Weltproduktion wirken würde“, heißt es im Gutachten. „Die deutsche Industrie wäre aufgrund ihrer starken Exportorientierung wohl in besonderem Maße negativ betroffen.“ Allerdings könnten finanzpolitische Impulse in den USA auch die Konjunktur anschieben. Als Risiko sehen die Forscher auch politische Entwicklungen in Europa wie die Wahlen in Frankreich und Deutschland sowie die Brexit-Verhandlungen über den EU-Austritt der Großbritanniens.