Spitzenquote für den Staat
In kaum einem anderen Industrieland ist der Anteil der Steuern und Sozialabgaben an den Lohnkosten höher als in Deutschland. Fast 50 Prozent gehen bei einem kinderlosen Single an den Fiskus. CSU und CDU wollen deshalb nach der Bundestagswahl die Belastung für niedrige und mittlere Einkommen deutlich senken.
Finanzen

Spitzenquote für den Staat

In kaum einem anderen Industrieland ist der Anteil der Steuern und Sozialabgaben an den Lohnkosten höher als in Deutschland. Fast 50 Prozent gehen bei einem kinderlosen Single an den Fiskus. CSU und CDU wollen deshalb nach der Bundestagswahl die Belastung für niedrige und mittlere Einkommen deutlich senken.

Deutschland gehört bei der Steuer- und Abgabenlast zu den Spitzenreitern unter den Industrieländern. Nach einer jetzt vorgelegten Studie der OECD gingen von den gesamten Arbeitskosten für einen ledigen Angestellten ohne Kind im vergangenen Jahr im Schnitt 49,4 Prozent an den Staat. Darin enthalten sind sowohl die Steuern als auch die Sozialabgaben, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer leisten müssen. Lediglich in einem Land ist die Quote noch höher. In Belgien machte dieser sogenannte Steuerkeil zwischen Arbeitskosten und Nettoverdienst sogar 54 Prozent aus. Im Schnitt aller OECD-Länder liegt die Quote bei 36 Prozent. In der Schweiz beträgt sie gerade einmal 21,8 Prozent – einer der niedrigsten Werte überhaupt.

Schweizer zahlen besonders wenig

Auch beim Blick auf die Abgabenlast für den Arbeitnehmer belegt Deutschland einen Spitzenplatz. 39,7 Prozent des Bruttogehalts gehen in Form von Steuern und Sozialbeiträgen an den Staat. Wieder ist dieser Anteil nur in Belgien höher – mit 40,7 Prozent. Der OECD-Durchschnittswert beträgt 25,5 Prozent. In der Schweiz müssen laut der Studie die Arbeitnehmer lediglich 16,9 Prozent ihres Bruttogehalts abführen, in Frankreich sind es 29,1 Prozent, in Österreich 31,9 Prozent.

Besser schneidet Deutschland ab, betrachtet man die Belastungen für ein Ehepaar mit zwei Kindern. Gibt es in der Familie nur einen Hauptverdiener mit einem durchschnittlichen Einkommen, fallen 34 Prozent der gesamten Lohnkosten an den Staat. Im Schnitt aller OECD-Länder macht der Wert 26,6 Prozent aus.

Arbeit ist teuer

Die hohen Abgaben haben auch Auswirkungen auf die Arbeitskosten in Deutschland. In der deutschen Industrie liegen sie nach aktuellen Angaben des Statistischen Bundesamtes deutlich über dem EU-Schnitt. Danach kostete eine Arbeitsstunde im Verarbeitenden Gewerbe, das besonders stark im internationalen Wettbewerb steht, im vergangenen Jahr durchschnittlich 38,70 Euro und damit 47 Prozent mehr als im Durchschnitt der Gemeinschaft. Teurer war es nur in Dänemark, Belgien und Schweden.

Bei den privaten Dienstleistungen lag Deutschland mit 30,50 Euro europaweit auf dem neunten Platz und 19 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Insgesamt zahlten Industrie und Dienstleister 33,40 Euro je Arbeitsstunde, 30 Prozent mehr als im EU-Schnitt.

Union plant Entlastungen

Der OECD-Vergleich über die Steuer- und Abgabenquote gewinnt noch einmal besondere Bedeutung vor dem Hintergrund des Bundestagswahlkampfes. Angesichts der Rekordeinnahmen des Staates haben CSU und CDU angekündigt, vor allem die Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen zu entlasten. Um 15 Milliarden Euro jährlich sollen die Abgaben sinken. Zudem soll der Solidaritätszuschlag schrittweise komplett abgebaut werden. Dies wäre eine Entlastung um weitere 15 Milliarden Euro. Diese Pläne hatten zuletzt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und die Chefin der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, noch einmal bekräftigt.

Schulz lehnt Steuersenkungen ab

Ganz anders lauten die Absichten des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Er spricht sich ganz klar gegen Steuersenkungen aus. Teile seiner Partei wollen sogar noch weiter an der Abgabenschraube drehen und etwa bei der Erbschaftssteuer höhere Sätze durchsetzen. Zudem ist bei der SPD eine wie auch immer geartete „Reichensteuer“ im Gespräch. Ganz ähnliche Pläne verfolgen die potenziellen Koalitionspartner der SPD in der Linkspartei und bei den Grünen.