Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder. (Foto: BK/Nikky Maier)
Wissenschaft

„Bayern braucht einen Modernisierungsschub“

Auf der Klausur der CSU-Landtagsfraktion präsentiert Ministerpräsident Markus Söder eine umfassende Technologie- und Innovationsoffensive. Ziel des Programms ist es, den Freistaat auch künftig international wettbewerbsfähig zu gestalten.

„Konservativ sein heißt, an der Spitze des Fortschritts zu marschieren“, hat Franz Josef Strauß einst formuliert und entsprechend gehandelt. Die bayerische Luft- und Raumfahrtindustrie ist ein bis heute sichtbares Zeichen seiner Politik. Bei Bayerns Ministerpräsident Markus Söder heißt es: „Wir müssen einen Satz in die Zukunft machen.“ Gemeint ist das gleiche.

Tiefgreifender Wandel

Bayern, so die Analyse des CSU-Chefs, stehe vor einem großen Strukturwandel. Nach zehn erfolgreichen Jahre erlebe der Freistaat derzeit tiefgreifende Veränderungen mit beträchtlichen Auswirkungen – zum Beispiel in der Autoindustrie. Diesen Herausforderungen müsse man sich jetzt stellen, so wie es einst Strauß getan hätte – oder Edmund Stoiber mit seiner Hightech-Initiative.

Wir müssen den Kurs bestimmen und politisch führen.

Markus Söder, CSU-Vorsitzender

Aufgabe der CSU und der Staatsregierung sei es „geistige Orientierung“ zu geben, formuliert der Ministerpräsident seinen Anspruch. „Wir sitzen gewissermaßen im Cockpit“, so Söder. „Das bedeutet, wir müssen den Kurs bestimmen und politisch führen.“

„Bayern braucht einen Modernisierungsschub“, findet Söder. „Wir spüren, dass es einen  weltweiten Technologiewettbewerb gibt.“ Die größten Konkurrenten säßen in den USA und in China, aber auch Länder wie Frankreich legten große Forschungsprogramme auf. In diesem Wettstreit gehe es darum, sicherzustellen, dass Bayern auch noch in zehn erste Liga bleibe und nicht in die zweite Liga absteige. „Jetzt entscheidet sich, ob die kommenden Jahre goldene Jahre bleiben oder zu bleiernen werden“, ist sich Söder sicher.

Umfassende Innovationsoffensive

Deshalb hat der Regierungschef auf der CSU-Klausur in Banz ein umfassendes Modernisierungs- und Technologieprogramm für den Freistaat vorgestellt. Das Sonderprogramm besteht aus vier Säulen:

Erstens: Die Künstliche Intelligenz (KI) soll zum technologischen Leuchtturmprojekt für Bayern werden. Den Freistaat möchte Söder zu einem „KI-District“ machen. Das bedeute KI-Spitzenforschung und KI-Netzwerke im Freistaat zu etablieren, erklärt der CSU-Chef. Der Nukleus soll die „Munich School of Robotics and Machine Intelligence“ an der TU München sein, die entsprechend ausgeweitet wird. Zudem möchte Söder in Bayern „KI-Fabriken mit künstlicher maschineller Intelligenz“ entwickeln und diese neuen Einrichtungen mit den bereits bestehenden vernetzen.

Schwerpunkte der Forschung sollen die Bereiche Gesundheit, Mobilität, Data Science und Quantencomputing sein. „Unser Ziel ist es, den ersten Quantencomputer in Deutschland zu haben“, sagt Söder. Ergänzen soll dieses Technologieprogramm der Bereich „Cleantec“ – also etwa die Entwicklung leistungsfähiger Batterien, von Wasserstoffantrieben  und künstlichen Kraftstoffen.

500 neue Mobilfunkmasten

Zweitens: Über ein Beschleunigungsprogramm sollen bereits beschlossene Projekte zügig realisiert werden. Dabei geht es laut Söder etwa um anstehende Sanierungsmaßnahmen an Universitäten und Personalstellen für Hochschulen im ländlichen Raum. Auch den Ausbau des Mobilfunknetzes will Söder auf diesem Weg voranbringen. 500 weitere Mobilfunkmasten sollen im Freistaat aufgestellt werden, um eine komplette Abdeckung zu gewährleisten.

Drittens: Eine Hochschulreform soll die Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Universitäten erhöhen. Söder geht es dabei vor allem darum, internationale Spitzenforscher zu gewinnen. „Wir wollen die besten Wissenschaftler zu uns bringen“, sagt er. Mit speziellen Angeboten sollen sie angeworben werden. Dazu zählen Forschungsprofessuren, die mit geringeren Lehrverpflichtungen verbunden sein werden, und Exzellenzprofessuren, die höher dotiert werden sollen. Auch ein gesondertes Anwerbeprogramm für Wissenschaftler, die angesichts des Brexits Großbritannien verlassen wollen, soll es geben. Zudem sollen die Hochschulen künftig Partnerkarrieren anbieten, wie es international an vielen Orten bereits üblich ist.

Mit Kooperation an die Spitze

Die Hochschulen sollen durch die Reform mehr unternehmerische Freiheiten erhalten, etwa wenn es darum geht, Drittmittel anzuwerben, Firmen auszugründen, oder wenn sich Professoren an Startup-Unternehmen beteiligen möchten. Technische Studiengänge sollen internationaler werden, das heißt häufiger durchgängig in englischer Sprache angeboten werden.

Wir können uns nicht damit abfinden, dass wir nur zwei Exzellenzhochschulen haben.

Markus Söder

Die Reform soll außerdem die Zusammenarbeit unter den Hochschulen verbessern. Dies ist Söder besonders mit Blick auf den Exzellenzwettbewerb in Deutschland wichtig. „Wir können uns nicht damit abfinden, dass wir nur zwei Exzellenzhochschulen haben“, sagt der CSU-Chef. Dass es den vier Berliner Universitäten gelungen sei, gemeinsam den Exzellenzstatus zu erringen, sei ein Warnzeichen. Ziel müsse es sein, über Kooperationen auch eine fränkische oder ostbayerische Exzellenzuniversität zu schaffen.

Viertens: Ein Technologietransformationsprogramm soll vor allem die mittelständischen Zulieferer für die Automobilindustrie stärken und beim technologischen Wandel begleiten. Söder nennt als Beispiel Hilfen bei der Digitalisierung der Unternehmen, analog zum Digitalbonus für das Handwerk. Aber auch an Forschungsförderung und die Finanzierung von Startups werde gedacht, so der Ministerpräsident.

1000 neue Professoren, 10.000 neue Studienplätze

Der CSU-Chef sieht Bayern besonders im Hochschulbereich in einem weltweiten Wettbewerb um die besten Köpfe. Im Freistaat gebe es viele hervorragende junge Wissenschaftler, die beinahe täglich Angebote aus dem Ausland erhielten, berichtet Söder. Vor allem die USA und China würden aggressiv um die Forscher werben. Diesem Wettstreit möchte sich der CSU-Chef mit seinem Technologieprogramm stellen. Binnen fünf Jahren sollen circa 1000 neue Professorenstellen und 10.000 neue Studienplätze geschaffen werden.

Das Programm werde insgesamt ein Volumen von rund einer Milliarde Euro haben, sagt Söder. Das Geld soll vorwiegend aus der Schuldentilgung kommen. In Zeiten, in denen der Staat keine Zinsen zahlen müsse, sei es sinnvoller zu investieren, als um jeden Preis Schulden zu tilgen, sagt Söder. Eine Innovationsdividende sei besser als Negativzinsen.

Eine Botschaft an die Wettbewerber

Seine Pläne will Söder nun noch mit dem Koalitionspartner, den Freien Wählern, abstimmen. Weitere Details des Programms will er Mitte Oktober in einer Regierungserklärung verkünden.

Söder verspricht sich von diesem Programm auch Impulse für eine sich abschwächende Konjunktur. Damit setze man ein national wichtiges Zeichen, sagt er. Bayern sei das einzige Bundesland, das dies antizyklisch leisten könne. Und der CSU-Chef will international eine Botschaft senden: Der Freistaat ist bereit, den Wettbewerb mit China und den USA anzunehmen.