Die Deutschen zahlen schon jetzt die höchsten Strompreise Europas. Daher fordert die bayerische Staatsregierung die Senkung der Stromsteuer. (Foto: Picture Alliance/dpa)
Energiepreise

Bayern will Stromsteuer senken

Das bayerische Kabinett fordert vom Bund eine Senkung der Stromsteuer auf das EU-weit übliche Maß. Bereits jetzt sei die Energie in Deutschland am teuersten. Zudem beschloss der Ministerrat eine Vier-Punkte-Strategie zur Stärkung der Konjunktur.

Deutsche Industrieunternehmen und Verbraucher zahlen im internationalen Vergleich mit die höchsten Strompreise, SPD und Grüne fordern außerdem eine neue CO2-Steuer, die die Energie noch teurer machen würde. Im Gegensatz dazu setzt sich die Staatsregierung aus CSU und Freien Wählern (FW) für bezahlbare Strompreise ein – im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Bayern. Der Freistaat verlangt vom Bund umgehend Schritte zur Entlastung der Stromverbraucher. Bei der jüngsten Kabinettssitzung forderten die Ressortchefs unter Leitung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eine Senkung der Stromsteuer auf das europarechtliche Mindestmaß.

Förderung neu gestalten

Außerdem will der Freistaat eine Entlastung bei den Übertragungsnetzentgelten durch einen jährlichen Bundeszuschuss von mindestens zwei Milliarden Euro. Das bayerische Kabinett fordert zudem eine Neuausrichtung des EEG-Fördersystems mit stärkeren Anreizen für eine zeitlich und räumlich bedarfsorientierte Stromerzeugung, um den weiteren Zubau der erneuerbaren Energien system- und netzdienlicher zu gestalten und so netzseitige Systemkosten nachhaltig zu senken. Für energieintensive Unternehmen müssten Modelle für einen international wettbewerbsfähigen Industriestrompreis entwickelt werden. Insbesondere müssten die diesbezüglichen Vorschläge der Kohlekommission zügig umgesetzt werden, so der Ministerrat.

Versorgungssicherheit muss gewährleistet sein

Dieses Thema müsse auch Gegenstand einer nationalen und europäischen Industriestrategie werden, findet die Staatsregierung. Außerdem ist es aus Sicht der Staatsregierung erforderlich, die Strompreiskompensation im Rahmen des Europäischen Emissionshandelssystems auszuweiten. Damit könnte der Bund künftig höhere Zuschüsse an Unternehmen leisten, welche von der Erhöhung der Börsenstrompreise, verursacht durch den Europäischen Emissionshandel, besonders betroffen sind.

Zugleich müsse die Versorgungssicherheit gewährleistet sein. Bayern verfüge heute über eines der sichersten Stromversorgungssysteme der Welt – doch um dieses hohe Niveau auch nach Abschaltung der Kernkraftwerke und im Zuge des Kohleausstiegs zu gewährleisten, setzt die Staatsregierung auf die Schaffung neuer Gaskraftwerke. Aus Sicht der Staatsregierung bedarf es hier allerdings zusätzlicher Investitionsanreize. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem systematischen Investitionsrahmen für Gaskraftwerke ist die vom Bund zugesagte nationale Analyse der Versorgungssicherheit.

Längere Förderung für Kraft-Wärme-Kopplung

Außerdem setzt die Staatsregierung auf mehr Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), die bekanntlich als einziges System Wirkungsgrade bis zu 100 Prozent Energieausnutzung bringt. Bayern fordert daher die Verlängerung der Förderung für KWK bis 2030. Der Bund hat zudem einen Kapazitätsbonus für Süddeutschland zugesagt, um in Bayern Investitionen in solche Anlagen zu erleichtern und den KWK-Ausbau voranzubringen. Die Staatsregierung setzt sich ebenso für bessere Rahmenbedingungen für den industriellen Eigenverbrauch durch KWK-Anlagen ein. Bei der Energieforschung wird die Staatsregierung einen Förderschwerpunkt im Bereich innovativer KWK setzen.

Sorgen um die Konjunktur

Sorgen macht sich die Staatsregierung im Zusammenhang mit der Konjunktur: Nach zehn Jahren eines teilweise kräftigen Wachstums rechnen mehrere Forschungsinstitute nach dem Rückgang im zweiten Quartal auch für das dritte Quartal in Deutschland mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts gegenüber dem Vorquartal. Betroffen von der konjunkturellen Abkühlung ist vor allem die stark exportorientierte bayerische Industrie. Daher reagiert die Staatsregierung: Die Wirtschaftspolitik müsse mehr denn je wachsam sein und die Entwicklungen im Blick behalten.

Zentrale Ursache der Konjunktureintrübung sei die derzeitige weltwirtschaftliche Lage: Handelskonflikte, ein drohender ungeregelter Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU und die gestiegene Wahrscheinlichkeit eines militärischen Konflikts im Nahen Osten schwächen die Weltkonjunktur. Auf Bayern als exportorientiertes Industrieland wirken sich diese Entwicklungen unmittelbar aus.

Vier-Punkte-Strategie

Trotzdem nimmt die Staatsregierung die Risiken für den industriellen Kern der bayerischen Wirtschaft ernst und steuert entgegen. Die Staatsregierung beschloss eine Vier-Punkte-Strategie, um die Konjunktur zu stärken:

  • Auf Landesebene bringt die Staatsregierung ein Maßnahmenpaket auf den Weg, mit dem sie quer durch alle Branchen auf Innovation setzt, den Mittelstand stärkt und die Industrie im Transformationsprozess unterstützt. Die Staatsregierung geht die Fachkräftesicherung aktiv an, greift jungen Gründern unter die Arme und stärkt mit einer neuen Technologie- und Innovationsoffensive Forschung und Entwicklung in den technologischen Zukunftsfeldern. Die Automobil- und Zulieferindustrie als bayerische Schlüsselbranche wird im Rahmen des „Zukunftsforums Automobil“ beim Transformationsprozess hinsichtlich Investitionen, Qualifikation und Wissenstransfer unterstützt.
  • Bayern setzt sich auch für unmittelbar konjunkturstützende Maßnahmen durch den Bund ein. Dadurch soll einem breiten Konjunktureinbruch entgegengewirkt werden. Maßnahmen wie eine rasche Streichung des Solidaritätszuschlags stärken die Nettoeinkommen der Bürger und damit die Binnenkonjunktur. Gleichzeitig gilt es, mit verbesserten Abschreibungsbedingungen für Unternehmen und einer aktiven staatlichen Investitionspolitik die gesamtwirtschaftliche Investitionstätigkeit anzukurbeln.
  • Bayern wird auf Bundesebene für ein politisches Umsteuern hin zu einer aktiven Standortpolitik eintreten. Ganz wesentlich sind bessere steuerliche Rahmenbedingungen: die Unternehmensbesteuerung muss auf ein international übliches Niveau von 25 Prozent gesenkt und Forschung steuerlich gefördert werden.
  • Die Staatsregierung wird im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf internationaler Ebene für tragfähige Lösungen eintreten. Handelskriege kennen nur Verlierer.