EZB-Chef Mario Draghi steht unter Druck. Kritik kommt besonders aus den Reihen der CSU. (Bild: Imago / S. Spiegel)
Kritik an Draghi

„Die EZB verliert ihre Glaubwürdigkeit“

Aus der CSU kommt heftige Kritik an der EZB und deren Chef Mario Draghi. Die Niedrigzinspolitik der Zentralbank beschädige ihre Glaubwürdigkeit, sagt etwa der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl. Draghis Amtszeit läuft noch bis 2019 - danach, so der Wunsch Uhls, müsse ein Deutscher die EZB übernehmen. Auch Bayerns Finanzminister Markus Söder fürchtet ein Bankensterben in Deutschland.

In der CSU wächst die Kritik am Verhalten der Europäischen Zentralbank (EZB) und deren Niedrigzinspolitik (der Bayernkurier berichtete). Unions-Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich forderte in der „Bild„-Zeitung, nach dem Ende von Draghis Amtszeit 2019 müsse „der nächste EZB-Chef ein Deutscher sein, der sich der Tradition der Währungsstabilität der deutschen Bundesbank verpflichtet fühlt“. Die Politik von EZB-Chef Mario Draghi habe „zu einem herben Glaubwürdigkeitsverlust“ der Zentralbank geführt.

Einen weiteren Draghi können wir uns nicht leisten.

Hans-Peter Uhl

Der Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl warnte: „Einen weiteren Draghi können wir uns nicht leisten.“ An der Spitze der EZB sei ein deutscher Finanz-Spezialist nötig. Die Nullzinspolitik Draghis könne sich Europa – und ganz besonders die Bundesrepublik – „auf Dauer nicht leisten“, so Uhl.

Söder warnt vor Bankensterben in Deutschland

Auch der bayerische Finanzminister Markus Söder sprach sich bereits dafür aus, dass der nächste EZB-Präsident aus Deutschland kommen sollte. Die EZB brauche den Richtungswechsel und mehr deutsche Handschrift, sagte er der „Bild am Sonntag„. Die EZB entwickele sich seiner Meinung nach derzeit „mehr zu einer Filiale der Wallstreet als zu einer europäischen Bundesbank“. Draghis Nullzins-Politik treffe Millionen von Sparern in Deutschland, sagte der CSU-Politiker. Dabei sieht Söder auch die Gefahr eines Bankensterbens in Deutschland. „Die Zinspolitik setzt die mittelständisch orientierten Banken in Deutschland zunehmend unter Druck“, stellte der Minister fest. Wenn das so weitergehe, würden viele Sparkassen und Genossenschaftsbanken bald nicht mehr überleben können.

Sparen darf nicht bestraft werden.

Markus Söder

Angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase forderte Söder eine Verdopplung des Sparerfreibetrags auf Zinsen aus Sparguthaben: „Derzeit profitiert vor allem der Staat von den niedrigen Zinsen. Er sollte den Sparern daher wieder etwas zurückgeben. Am besten über den Sparerfreibetrag“, so Söder in der „Bild am Sonntag„. Dies wäre ein deutliches Signal, dass sich Sparen in Deutschland noch lohne. Sollten auf Bankguthaben sogar, wie in Medienberichten befürchtet, Negativzinsen anfallen, schlug Söder eine zusätzliche steuerliche Entlastung der Bürger über die Absetzbarkeit von der Einkommensteuer vor. „Sparen darf nicht bestraft werden.“

Draghi wird seinen Kurs fortsetzen

Die EZB senkte Anfang März den Leitzins auf null Prozent und erhöhte den Strafzins für Banken, die ihr Geld bei der Notenbank parken. Damit will die EZB die schwächelnde Wirtschaft im Euro-Raum ankurbeln und die dauerhaft niedrige Inflation nach oben treiben. Diese ultralockere Geldpolitik trifft aber bei der Finanz- und Versicherungsbranche sowie bei den Sparern auf immer mehr Widerstand.

Dennoch wird Draghi am Donnerstag nach der EZB-Ratssitzung wohl seinen Kurs des extrem billigen Geldes erneut verteidigen. Zu den immer weiteren Staatsanleihekäufen könnten bald auch ausgewählte Unternehmen hinzukommen, wird von Experten befürchtet. Damit wären mögliche Pleiten dieser Unternehmen ein weiteres Risiko, das der EZB aufgelastet würde. Hinzu kommt bei alldem die ziemlich eindeutige Bevorzugung des chronisch klammen Südeuropas durch den Italiener Draghi.

Seine acht Jahre lange Amtszeit läuft bis 2019 und eine Verlängerung ist nicht möglich. Über seinen Nachfolger oder seine Nachfolgerin entscheiden die EU-Staats- und Regierungschefs auf Grundlage der Empfehlung der zuständigen Finanzminister mit einer sogenannten qualifizierten Mehrheit, bei der die Bevölkerungszahlen der EU-Staaten mit berücksichtigt werden. Erster Zentralbankchef war ab 1998 der Niederländer Wim Duisenberg, danach ab 2003 der Franzose Jean-Claude Trichet und ab 2011 schließlich Draghi.

(dos/avd)