Zudem zog die Polizei mehrere Waffen samt Munition, darunter auch einen manipulierten Schreckschussrevolver, ein. Die Durchsuchungen in Bayern, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg richteten sich gegen 16 Beschuldigte im Alter von 40 bis 62 Jahren. Die Verdächtigen wurden vorübergehend festgenommen und befragt. Sie werden der banden- und gewerbsmäßigen Urkundenfälschung verdächtigt.
„Bundesstaat Bayern“?
Ein Schwerpunkt der Razzien war das Zentrum des selbst ernannten „Bundesstaats Bayern“ der „Reichsbürger“-Szene in Pliening nahe München. Dessen 48 Jahre alte Anführerin verfolgte die Durchsuchung nach Polizeiangaben vom Mittwoch akribisch genau. Sie habe sich alle sichergestellten Dokumente zeigen lassen, sagte Polizeisprecher Hans-Peter Kammerer. Bereits kurz nach Beginn der Razzia am Dienstag sei bei der zuständigen Polizei ein Protestschreiben der Gruppe eingegangen. Die 48-Jährige wurde von der Kripo in Erding vernommen. Haftbefehle würden vorerst nicht beantragt, sagte Kammerer.
Innenminister Herrmann verspricht „konsequentes Vorgehen“
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann gab in einer Pressemitteilung weitere Details zum Einsatz bekannt. „Unseren Ermittlern ging es darum, die Führungsstruktur des selbsternannten Bundesstaats Bayern aufzudecken und gegen die banden- sowie gewerbsmäßigen Urkundenfälschungen vorzugehen“, so der Minister. „Diese Leute erkennen unseren Staat nicht an, missachten unsere Gesetze und versuchen, daraus Profit zu schlagen. Das werden wir nicht dulden. Wir werden auch künftig ganz konsequent mit allen Mitteln des Rechtsstaats gegen die Reichsbürgerbewegung vorgehen“, ließ der CSU-Politiker wissen.
Urkundenfälschung und Waffenbesitz
Laut Herrmann haben die von den Durchsuchungen betroffenen sogenannten Reichsbürger über das Internet beispielsweise falsche Staatsangehörigkeitsausweise und andere Urkunden wie irreguläre Steuerbescheinigungen verkauft. Die Durchsuchungen von insgesamt 15 Objekten fanden in Oberbayern, Unterfranken, Mittelfranken, Regensburg und Schwaben statt sowie in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Knapp 300 Polizisten waren insgesamt im Einsatz, darunter auch Spezialeinheiten. Es wurden umfangreiche Beweismittel sichergestellt. „Außerdem hat die Polizei einem Reichsbürger seine legal besessenen Waffen abgenommen, da ihm die Waffenerlaubnis wegen Unzuverlässigkeit entzogen wurde“, ergänzte Herrmann.
Verfassungsschutz beobachtet „Bewegung“
Sogenannte Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik nicht als Staat an. Stattdessen behaupten sie, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Sie sprechen Grundgesetz, Behörden und Gerichten die Legitimität ab und akzeptieren keine amtlichen Bescheide. Die Bewegung wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz rechnet der „Reichsbürger“-Szene rund 10.000 Menschen zu. Bis zu 600 von ihnen seien Rechtsextremisten.
Razzia auch in Cottbus
Zusätzlich hatte es am darauffolgenden Tag auch eine große Razzia in Cottbus gegeben. Ein Spezialeinsatzkommando der Polizei hatte Wohn- und Geschäftsräume nach Beweismitteln durchsucht, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Im Fokus der Ermittlungenstehe ein 55-Jähriger, der mit Waffen gehandelt haben soll, obwohl er dafür keine Erlaubnis hat. Der Mann sei unabhängig davon verhaftet worden, weil Haftbefehle gegen ihn wegen nicht gezahlter Schulden vorlagen.
(dos/dpa)