Razzia gegen die Reichsbürger-Bewegung in Bayern. (Foto: Imago/ZUMA-Press)
Polizistenmord

Lebenslang für „Reichsbürger“

Der „Reichsbürger von Georgensgmünd“ muss lebenslang hinter Gitter. Das Landgericht Nürnberg verurteilte ihn wegen Mordes und zweifachen versuchten Mordes an Polizisten. „Hart aber gerecht“, nennt Bayerns Innenminister Herrmann das Urteil.

Wegen tödlicher Schüsse auf einen Polizisten ist ein sogenannter „Reichsbürger“ zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Das Landgericht Nürnberg-Fürth wertete die Tat des 50-Jährigen in Georgensgmünd (Landkreis Roth/Mittelfranken) als Mord und zweifachen versuchten Mord. „Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat ein hartes Urteil gefällt, das der Schwere des brutalen Verbrechens gerecht wird“, lobte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) das Urteil. Herrmann warnte die „Reichsbürger“-Szene gleichzeitig: „Es gibt kein Wenn und Aber: Unser Rechtsstaat setzt sich durch.“

Es gibt kein Wenn und Aber: Unser Rechtsstaat setzt sich durch.

Joachim Herrmann

Die Verteidiger des Angeklagten hatten auf fahrlässige Tötung plädiert, was eine deutlich mildere Strafe bedeutet hätte. Der „Reichsbürger“ Wolfgang P. hatte bei einem Polizeieinsatz vor beinahe genau einem Jahr, am 19. Oktober 2016, auf Beamte eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) geschossen. Dabei starb der 32 Jahre alte Polizeihauptmeister Daniel Ernst, zwei weitere Polizisten wurden verletzt. Die Spezialeinheit sollte helfen, die rund 30 Waffen im Haus von P. zu beschlagnahmen. Denn bei den Behörden galt der Jäger als nicht mehr zuverlässig.

Schlaglicht auf gefährliche Bewegung

Der Angeklagte nahm das Urteil regungslos zur Kenntnis. Der Fall warf ein Schlaglicht auf die Bewegung der „Reichsbürger“, die bis dato meist nur Insidern der Sicherheitsbehörden ein Begriff waren. Anhänger dieser Bewegung lehnen die Bundesrepublik, deren Organe und Behörden ab und akzeptieren keine amtlichen Bescheide. P. selbst hatte Anfang 2016 im Einwohnermeldeamt seinen Personalausweis abgegeben.

Staatsanwalt Matthias Held hatte dem 50-Jährigen in seinem Plädoyer vorgeworfen, einen Angriff auf Polizisten von langer Hand geplant zu haben. Aus dem Hinterhalt habe er an jenem Morgen elfmal auf die Beamten geschossen – mit dem Ziel, möglichst viele von ihnen zu verletzen und zu töten. Dem widersprach Anwältin Susanne Koller und kritisierte den Einsatz als „dilettantisch“ und unnötig. Der Prozess fand im historischen Schwurgerichtssaal 600 statt.

15.000 Reichsbürger bundesweit, 3250 in Bayern

Kürzlich hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz mitgeteilt, dass die Szene der „Reichsbürger“ in Deutschland größer als bisher angenommen ist. Zum 30. September hätten das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz 15.000 Reichsbürger und sogenannte Selbstverwalter gezählt, darunter 900 Rechtsextremisten. Innenminister Herrmann bezifferte die Zahl der „Reichsbürger“ in Bayern auf 3250. Etwa 1000 Reichsbürger bundesweit verfügen über einen Waffenschein. Ironie am Rande: Der Waffenschein wird von Kreisverwaltungsbehörden erteilt, also durch Behörden eines Staates, den die Reichsbürger gar nicht anerkennen. Im März hatten die Verfassungsschützer noch von 12.800 Reichsbürgern und Selbstverwaltern bundesweit gesprochen.

Innenminister Herrmann verwies angesichts des Urteils auf den ermordeten Polizisten und seine Angehörigen: „Ich bin immer noch zutiefst erschüttert über den schrecklichen Mord an Polizeihauptmeister Daniel Ernst.“ Herrmann betonte, die Ermordung des 32-jährigen Beamten habe alle Kollegen der bayerischen Polizei hart getroffen. Herrmann sagte weiter, seine Gedanken seien heute bei den Eltern, Angehörigen und Freunden von Daniel Ernst: „Denn der schreckliche Verlust eines geliebten Menschen kann durch kein Urteil wieder wettgemacht werden.“ Der Innenminister betonte: „Wir werden unseren Kollegen Daniel Ernst nie vergessen. Unsere Gedenktafel im Innenministerium in München wird ihm ein treues, ehrendes und dauerhaftes Andenken bewahren.“