Die Kreuzung Tauentzien-/Nürnberger Straße in Berlin. Hier starb im Februar 2016 ein Mann wegen eines illegalen Autorennens. Die beiden Täter wurden wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. (Foto: Imago/Stefan Zeitz)
Illegale Rennen

Es bleibt Mord

Gut drei Jahre nach einem tödlichen Autorennen in Berlin hat das Landgericht zum zweiten Mal zwei Raser wegen gemeinschaftlichen Mordes verurteilt. Es verhängte lebenslange Gefängnisstrafen. Eine erste Verurteilung hatte der BGH aufgehoben.

Im Fall eines Autorennens auf dem Berliner Kurfürstendamm im Februar 2016 mit tödlichem Ausgang für einen Unbeteiligten hat das Landgericht die zwei Raser erneut wegen gemeinschaftlichen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Die erste Verurteilung war zuvor vom Bundesgerichtshof (BGH) aufgehoben worden, der den Fall erneut an das Landgericht verwiesen hatte.

Das Landgericht in der Hauptstadt sah es als erwiesen an, dass der heute 30 Jahre alte Hamdi H. und der 27 Jahre alte Marvin N. in ihren hochmotorisierten Autos den Tod eines 69-Jährigen billigend in Kauf nahmen. „Was geschah, hatte mit Fahrlässigkeit nichts zu tun“, sagte der Vorsitzende Richter. „Die Angeklagten haben aus nichtigem Anlass mit dem Leben anderer Menschen gespielt.“ Die Raser seien „selbstverliebt und rücksichtslos“ gewesen, ihre Fahrzeuge hätten sie förmlich vergöttert.

Mit 170 durch die Stadt, 11 rote Ampeln ignoriert

Die beiden Männer waren im Februar 2016 mit bis zu 170 Stundenkilometern über den Kurfürstendamm gefahren. Dabei ignorierten sie elf rote Ampeln, das Auto des einen Fahrers rammte einige Straßenbegrenzungen. Auf der Verlängerung des Ku’damms, der Tauentzienstraße, kam es dann zu dem tödlichen Unfall: Der heute 30-Jährige rammte an der Kreuzung mit der Nürnberger Straße kurz vor dem Kaufhaus KaDeWe einen Jeep, der Grün gehabt hatte. Der Geländewagen wurde mehr als 70 Meter weit über die Straße geschleudert, der 69-jährige Fahrer starb noch am Unfallort. Die beiden Raser wurden dagegen kaum verletzt.

Die Staatsanwaltschaft bewertete das Vergehen der Männer als Mord, ein Novum in der deutschen Rechtsgeschichte. Nach Paragraf 211 des Strafgesetzbuches muss dafür mindestens ein Mordmerkmal vorliegen. Dazu gehören zum Beispiel Mordlust, Habgier, Heimtücke oder die Absicht, eine andere Straftat zu verdecken. Die Anklage sah dies in Teilen erfüllt: Die Männer hätten mögliche tödliche Folgen billigend in Kauf genommen sowie gemeingefährliche Mittel eingesetzt und aus niedrigen Beweggründen gehandelt, um ein illegales Rennen zu gewinnen, argumentierte die Staatsanwaltschaft. Bereits in seinem ersten Urteil zu dem Fall im Februar 2017 folgte eine andere Strafkammer des Berliner Landgerichts dieser Argumentation – und wurde in der Revision vor dem Bundesgerichtshof belehrt. Die BGH-Richter in Karlsruhe sahen einen bedingten Tötungsvorsatz nicht ausreichend begründet, hoben das Urteil auf und ordneten eine neue Verhandlung vor dem Landgericht an.

Gericht sieht mehrere Mordmerkmale erfüllt

Auch mit dem zweiten Urteil entsprach das Gericht nun weitgehend den Forderungen der Staatsanwaltschaft, begründete den Tötungsvorsatz aber wie gefordert genauer. Ein Verteidiger erklärte allerdings nach Verhandlungsende, er habe bereits Revision eingelegt. Dann muss sich der Bundesgerichtshof (BGH) erneut damit auseinandersetzen.

In seinem Schlusswort hatte der 30-jährige Angeklagte eingeräumt, er würde „gern ungeschehen machen, was geschehen ist“. Auch der jüngere Angeklagte hatte betont, er wolle sich aufrichtig entschuldigen. Seit Oktober 2017 können Teilnehmer an illegalen Autorennen härter bestraft werden. Im Strafgesetzbuch gibt es nun den Paragrafen 315d. Wird durch ein „verbotenes Kraftfahrzeugrennen“ der Tod eines anderen Menschen verursacht, können bis zu zehn Jahre Haft verhängt werden. Rückwirkend konnte die neue Regelung auf den Berliner Raser-Fall aber nicht angewandt werden.

BGH erkannte in ähnlichem Fall auf Mord

Laut Statistik ermittelte die Polizei in Berlin seit Beginn der neuen Regelung bis Ende 2018 wegen 298 illegaler Autorennen. Der BGH hatte erst Anfang März in einem anders gelagerten Fall bestätigt, dass ein rücksichtsloser Raser als Mörder verurteilt werden kann. Der Mann hatte 2017 in Hamburg mit einem gestohlenen Taxi einen Menschen getötet und zwei schwer verletzt. Die Karlsruher Richter bekräftigten die lebenslange Haftstrafe der Vorinstanz wegen eines bedingten Tötungsvorsatzes vom Februar 2018.