Hauptinhalte des Projektes "IdA 120" waren der Erwerb der deutschen Sprache und Praktikumseinsätze in den beteiligten Unternehmen. (Bild: Anja Schuchardt)
Integration

Ein harter Weg in die Arbeitswelt

Das Gemeinschaftsprojekt "IdA 120", unterstützt von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, soll Flüchtlingen möglichst rasch eine berufliche Perspektive im Freistaat bieten. Dass es bis dahin noch ein weiter Weg ist, zeigt die Bilanz: 30 von gut 100 Teilnehmern konnten in ein Beschäftigungsverhältnis vermittelt werden. Die Erfolgsquote des Projekts war insgesamt dennoch überdurchschnittlich.

Es ist keine Überraschung, aber die nackten Zahlen machen deutlich: Die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt ist eine immense Herausforderung. Das zeigt das Modellprojekt „IdA 120“ der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). Gerade einmal 30 Teilnehmer von insgesamt 109 konnten nach Abschluss des Projektes in ein Beschäftigungsverhältnis vermittelt werden. Nur einer unterschrieb einen Ausbildungsvertrag und weitere vier Teilnehmer haben sich zumindest für die Übernahme in eine Ausbildung qualifiziert.

Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw, bezeichnet die Vermittlungsquote von 32 Prozent zwar als überdurchschnittlich. Doch sein Vergleich mit der durchschnittlichen Vermittlungsquote von zehn Prozent in Deutschland hinkt. Denn die Teilnehmer des Projektes wurden von der Arbeitsagentur nach speziellen Kriterien ausgesucht. Während des neunmonatigen Projekts wurden sie zudem persönlich betreut.

Lernatmosphäre schaffen

Damit Asylbewerber erfolgreicher integriert werden, appellierte Brossardt an die Politik. Er nannte zwei Kriterien, die Flüchtlinge auf dem Integrationsweg bremsen: mangelnde Sprachkenntnisse und die Art der Unterbringung. Oft seien sie zu weit von der Arbeitsstelle entfernt und hätten zudem Schwierigkeiten, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit zu kommen. Außerdem gebe es in den Unterkünften unzureichende Möglichkeiten zum Lernen. Viele Flüchtlinge können sich nicht ungestört zurückziehen, um Deutsch zu pauken.

Stellen Sie der Bundeskanzlerin und dem Ministerpräsident die Frage, warum 70 Prozent nicht erfolgreich in den Arbeitsmarkt integriert werden konnten. Ich erwarte politische Entscheidungen.

Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw

Teilnehmer im Profil

Laut den empirischen Daten der Bundesagentur für Arbeit können schätzungsweise nur zehn Prozent der Flüchtlinge kurzfristig in den Arbeitsmarkt integriert werden. „IdA 120“ richtete sich an Asylbewerber ab 21 Jahren, die eine hohe Bleibeperspektive in Deutschland haben und über Vorqualifikationen verfügen. So hatten rund ein Viertel einen Hochschulabschluss und knapp zwei Drittel eine Schulbildung von mindestens zehn Jahren. Fast 90 Prozent der Teilnehmer hatten eine Aufenthaltsgenehmigung, acht Prozent eine Duldung und drei Prozent waren als Flüchtlinge anerkannt. Trotz der Vorauswahl brachen 18 Projektteilnehmer vorzeitig ab.

Einzelprojekte für die Integration

Brossardt betonte, dass die Erkenntnisse aus IdA 120 als „Blaupause“ weiterentwickelt in die Initiative „IdA – Integration durch Ausbildung und Arbeit“ eingeflossen sind. Die vbw hat dazu mit ihren Partnern ein Maßnahmenpaket mit zwölf Einzelprojekten gestartet. Kernstück ist dabei das Projekt IdA 1000. Damit unterstützt die vbw über 1.000 Asylbewerber und Flüchtlinge bei der Integration in den Arbeitsmarkt in Bayern. Aktuell hat das Projekt 474 Teilnehmer.

Mit dem Projekt IdA BayernTurbo werden jugendliche Flüchtlinge und Asylsuchende, die eine hohe Bleibewahrscheinlichkeit haben und aufgrund ihrer Vorbildung für eine Ausbildung infrage kommen, mit Sprachförderungen und Praktika kurzfristig – innerhalb von sechs Monaten – auf eine Ausbildung vorbereitet. Das Projekt startete mit einem Sprachkurs im Januar 2016. Da startete auch die IdA Ausbilderqualifikation: Dabei handelt es sich um eine Workshop-Reihe für Unternehmensmitarbeiter, die im Umgang mit Flüchtlingen im Unternehmen geschult werden. Aktuell werden 16 Workshops in ganz Bayern durchgeführt. Für die Projekte investiert die vbw rund 6,7 Millionen Euro. Ihr Ziel: bis Ende des Jahres 20.000 Flüchtlingen einen Platz in der Arbeitswelt bieten – sei es ein Praktikum, eine Ausbildung oder einen Beruf. Bis Ende 2019 sollen dann 60.000 Asylbewerber und Flüchtlinge erfolgreich integriert sein.

Appell an Merkel

Damit das alles so klappt, ist auch die Bundesregierung gefordert. Von ihr und der EU fordert die vbw eine deutliche Zuwanderungsbegrenzung, eine gemeinsame europäische Lösung sowie eine Nichtausweitung innereuropäischer Grenzkontrollen. „Flüchtlinge mit Bleibeperspektive und Unternehmen, die Flüchtlingen Arbeit bieten, benötigen eine bessere Planungs- und Rechtssicherheit. Außerdem müssen Hürden für den Einstieg in Ausbildung und Beschäftigung abgebaut werden“, sagte Brossardt.

Service-Portal für Unternehmen

Im Internet bietet das Service-Portal Integration durch Arbeit Unternehmen konkrete Hilfestellungen zur Beschäftigung von Asylbewerbern. So wird erläutert, unter welchen Voraussetzungen geflüchtete Menschen je nach Rechtsstatus und Art der Tätigkeit eine Arbeit aufnehmen können. Zudem erfahren Arbeitgeber, welche Verfahren und Regeln sie beachten müssen und was es für Fördermöglichkeiten gibt. Ergänzend dazu ist eine Hotline eingerichtet: Unter Telefon 089/55178535 beantworten werktags von 8 bis 18 Uhr Experten betriebliche Fragen von Arbeitgebern rund um die Beschäftigung von Flüchtlingen.

Das Projekt wurde gemeinsam von der vbw, den bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbänden bayme vbm, der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit und dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration finanziert. Insgesamt kostete „IdA 120“ knapp eine Million Euro, pro Person wurden etwa 10.000 Euro investiert. Operativ umgesetzt wurde das Projekt durch das Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft. Hauptinhalte waren der Erwerb der deutschen Sprache und Praktikumseinsätze in den beteiligten Unternehmen. Insgesamt beteiligten sich 83 Unternehmen.