Autos in Damenhand: Mitarbeiterin im Ingolstädter Audi-Werk. (Foto: Imago/Stephan Görlach)
Industrie

Vollbremsung im Autoland

Bayerns Pkw-Bauer kündigen Einschnitte beim Personal an. Audi will 9500 Stellen streichen, BMW für jeden neuen Job in Zukunftsfeldern einen alten in Verwaltung oder Benziner-Produktion abbauen. Der Wirtschaftsverband vbw spricht von "Rezession".

Der Autobauer Audi will sich mit einem massiven Stellenabbau und weiteren Sparmaßnahmen aus der Krise befreien. Bis 2025 baut die VW-Tochter 9500 Stellen an den deutschen Standorten ab, dafür sollen im Gegenzug bis zu 2000 Jobs in Bereichen wie Elektromobilität und Digitalisierung neu entstehen. Aktuell beschäftigt Audi rund 61.000 Mitarbeiter in Deutschland. Der Stellenabbau solle sozialverträglich und ohne betriebsbedingte Kündigungen geschehen. Die Beschäftigungsgarantie für die verbleibenden Audi-Mitarbeiter in den Werken Ingolstadt und Neckarsulm wird von 2025 bis Ende 2029 verlängert. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Peter Mosch lobt die Vereinbarung als wichtigen Meilenstein und behauptete: „Die Arbeitsplätze der Stammbelegschaft sind sicher.“ Das Unternehmen erhofft sich von den Maßnahmen Einsparungen von insgesamt sechs Milliarden Euro bis 2029.

Ungemütliche Zeiten

Der künftige Audi-Chef Markus Duesmann soll den Autobauer wieder profitabler machen, enger mit Porsche und VW zusammenarbeiten und bis 2025 auch 30 E-Modelle auf den Markt bringen. Das aktuelle Paket entstand allerdings noch unter der Ägide des scheidenden Vorstandsvorsitzenden Bram Schot. „Beide Seiten haben bewiesen, dass die Verantwortung für die Zukunft der Vier Ringe und ihrer Mitarbeiter im Fokus steht“, sagt der Noch-Audi-Chef zur Einigung mit dem Betriebsrat. „In Zeiten des Umbruchs stellen wir Audi agiler und effizienter auf. Damit erhöhen wir die Produktivität und stärken die Wettbewerbsfähigkeit unserer deutschen Standorte langfristig.“

Die Kapazitäten der deutschen Standorte werden im Rahmen der Vereinbarung nach unten angepasst. In Neckarsulm soll sie künftig 225 000 Fahrzeuge pro Jahr betragen, in Ingolstadt 450.000. Vergangenes Jahr waren in den beiden Werken 186.000 beziehungsweise 491 000 Fahrzeuge produziert worden. In Neckarsulm soll die Kapazität eigentlich bei rund 300.000 liegen. Das Werk leidet seit längerem an Unterauslastung. In Ingolstadt wurden in der Vergangenheit auch schon mehr als 530.000 Autos gebaut. Die mangelnde Auslastung der Werke war zuletzt auch von der Konzernmutter in Wolfsburg kritisiert worden.

In Zeiten des Umbruchs stellen wir Audi agiler und effizienter auf.

Bram Schot, Audi-Chef

Audi ist seit der Aufdeckung des Dieselskandals 2015 auf Talfahrt und deutlich hinter die Konkurrenten Daimler und BMW zurückgefallen. Der Skandal kostete Milliarden. Sechs Entwicklungschefs hatte Audi in den vergangenen sieben Jahren, die Autos verkaufen sich zäh. Erst Ende Oktober hatte das Unternehmen die Absatzprognose für das laufende Jahr senken müssen. Neben den hausgemachten Problemen aus dem Dieselskandal leidet Audi auch unter der allgemeinen Schwäche der Autoindustrie. Die Umstellung auf Elektromobilität kostet die Konzerne Milliarden, hinzu kommen neue Mobilitätskonzepte und die Herausforderungen von Digitalisierung und autonomem Fahren. Parallel dazu schwächelt der weltweite Autoabsatz, was neben den Herstellern auch Zulieferer trifft. So könnten beispielsweise bei Continental bis 2023 rund 15.000 Stellen von „Veränderungen“ betroffen sein.

Auch BMW steigt auf die Bremse

Audis Konzernmutter Volkswagen ist in Sachen Zukunftspakt schon weiter. Im Herbst 2016 beschloss der Konzern, dass zunächst bei der Kernmarke VW Pkw über die kommenden Jahre bis zu 30.000 Stellen wegfallen sollen, davon 23.000 in Deutschland und viele in der Verwaltung. Auf der anderen Seite sollen Tausende neuer Jobs in Zukunftsbereichen wie Vernetzung und mobilen Dienstleistungen entstehen.

Auch beim Münchner Konkurrenten BMW stehen den Mitarbeitern Einschnitte bevor. Laut einem Bericht des Handelsblatts sollen die jährlichen Erfolgsprämie um bis zu 20 Prozent sinken. Und auch beim Personalstand setzt der Vorstand künftig auf Zurückhaltung. Nach Jahrenmit kräftigen Neueinstellungen will das Unternehmen nicht mehr wachsen: 2019 und 2020 muss für jede neue Stelle in Zukunftsbereichen wie Elektromobilität und autonomem Fahren ein Job in der Verwaltung oder der Produktion wegfallen. Dieses Null-Wachstum jedoch ist weit entfernt von den Größenordnungen des Personalabbaus bei Audi.

Unsere Industrie steckt mitten in einer Rezession.

Bertram Brossardt, Vereinigung der bayerischen Wirtschaft

Dazu passend vermeldet die Vereinigung der bayerische Wirtschaft (vbw), dass die Produktion in der bayerischen Metall- und Elektroindustrie im dritten Quartal 2019 zum sechsten Mal in Folge gesunken sei. „Unsere Industrie steckt mitten in einer Rezession und ein Ende ist nicht in Sicht“, erklärt vbw-Chef Bertram Brossardt. Seit Juli sinke die Beschäftigtenzahl in den Metall- und Elektro-Betrieben saisonbereinigt um rund 500 Personen pro Monat. „Die Beschäftigungspläne der Unternehmen sind klar negativ. Einen weiteren Rückgang erwarten wir auch in den kommenden Quartalen“, sagt Brossardt.

(dpa/BK)