NPD-Verbotsverfahren: Die Bundesländer halten die Rechtsextremisten für "aggressiv antidemokratisch". (Foto: imago/ Becker&Bredel GbR)
Parteiverbot

Verfassungsgericht eröffnet Verfahren gegen die NPD

Das NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht geht in die entscheidende Phase. Das Gericht kündigte die Eröffnung des Hauptsacheverfahrens mit drei Verhandlungsterminen Anfang März an. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, Innenminister Joachim Herrmann und der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßten die Karlsruher Entscheidung.

Im NPD-Verbotsverfahren haben die Bundesländer eine wichtige Hürde genommen: Das Bundesverfassungsgericht setzte für März eine mehrtägige mündliche Verhandlung fest. Die Richter wollen an drei Tagen (1. bis 3. März) öffentlich prüfen, ob die rechtsextreme Partei wegen ihrer möglichen Verfassungsfeindlichkeit verboten werden muss. Das teilte das Gericht am Montag in Karlsruhe mit. (Az.: 2 BvB 1/13)

Der Beschluss zur Eröffnung des Hauptverfahrens enthält keine Begründung. Die Entscheidung ist aber das Ergebnis einer Prüfung im sogenannten Vorverfahren: Die Richter mussten entscheiden, ob der Antrag der Länderkammer zulässig und „hinreichend begründet“ ist. Dafür haben sie eine vorläufige Bewertung der Erfolgsaussichten des Antrags nach Aktenlage vorgenommen.

Mit der Einleitung des Hauptsacheverfahrens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die rechtsextreme Partei am Ende tatsächlich verboten wird. Denn das Verfassungsgericht hätte bereits jetzt den Antrag des Bundesrates zurückweisen müssen, wenn es zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass der Verbotsantrag nicht ausreichend begründet sei. Zuständig ist der Zweite Senat unter Vorsitz von Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle.

Verfassungsfeindlich und aggressiv antidemokratisch

Der Bundesrat hatte den Verbotsantrag im Dezember 2013 gestellt. Die rechtsextreme NPD sei verfassungsfeindlich und wolle die freiheitliche demokratische Grundordnung im Ganzen beseitigen, argumentiert die Länderkammer.

Berichterstatter des Verfahrens und damit federführend ist der Richter und ehemalige saarländische Ministerpräsident Peter Müller. Er hatte die Länder in einem Berichterstatter-Schreiben dazu angeregt, ihre Ausführungen für das Gericht zum aggressiven und antidemokratischen Auftreten der rechtsextremen Partei zu ergänzen. Außerdem wollte das Gericht weitere Beweise zur Abschaltung von Geheimdienstinformanten. Beides lieferten die Länder nach.

Bundestag und Bundesregierung hatten sich dem neuen Antrag nicht angeschlossen. 2003 war ein erster Anlauf für ein Verbot der NPD gescheitert, weil der Verfassungsschutz damals auch in der Parteispitze Informanten hatte, ohne dies offenzulegen. Das Gericht sah damals kein rechtsstaatliches Verfahren mehr gewährleistet. Hintergrund war der Verdacht, die vom Staat bezahlten Spitzel könnten für das Handeln der rechtsextremen Partei mitverantwortlich sein. Bisher gab es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zwei Parteiverbote: 1952 verbot Karlsruhe die nationalsozialistisch orientierte Sozialistische Reichspartei (SRP) und 1956 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD).

Seehofer: Bundestag und Bundesregierung sollen sich anschließen

Die Eröffnung des Hauptverfahrens sei eine gute Nachricht, sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) in München. Zwar wisse niemand, wie das Verfahren ausgehe. Wichtig sei aber, dass es nun einmal eröffnet worden sei. Seehofer rief den Bundestag und die Bundesregierung auf, sich dem vom Bundesrat angestrengten Verbotsverfahren anzuschließen. Ein solches Signal würde dem Land gut tun.

Offensichtlich haben unsere Argumente Gewicht.

Joachim Herrmann

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) begrüßte die Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht. Damit habe das Verfahren die wichtige Hürde der Vorprüfung genommen. „Offensichtlich haben unsere Argumente Gewicht, sonst hätte das Bundesverfassungsgericht schon keine mündliche Verhandlung anberaumt“, erklärte Herrmann und betonte: „Wir müssen nun beharrlich und mit Nachdruck das Gericht davon überzeugen, dass die NPD ganz klar nicht auf dem Boden unseres Grundgesetzes steht, gefährlich ist und verboten werden muss.“

Ein Verbot der NPD wäre im Kampf gegen den Rechtsextremismus ein sehr wichtiger Schritt.

Josef Schuster, Zentralrat der Juden

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts begrüßt, eine mündliche Verhandlung zum NPD-Verbotsverfahren anzusetzen. „Ein Verbot der NPD wäre im Kampf gegen den Rechtsextremismus ein sehr wichtiger Schritt und ein bedeutsamer Beitrag zur Stabilität unserer Demokratie“, erklärte Zentralrats-Präsident Josef Schuster. Der Zentralrat sei den Ländern daher sehr dankbar, dass sie belastbares Material zur NPD zusammengetragen hätten.

Charlotte Knobloch fordert weitere Parteiverbote

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, fordert weitere Verbotsverfahren gegen rechte Parteien. „Das Verbot ist überfällig! Und es muss das Verbot von Parteien wie ,Die Rechte‘ und ,Der III. Weg‘ nach sich ziehen“, sagte die frühere Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland. „Alles andere als die Eröffnung des Hauptsacheverfahrens wäre ein Armutszeugnis unseres Staates gewesen.“ Dass sich nicht alle Verfassungsorgane hinter den Verbotsantrag gestellt hatten, empfindet Knobloch als Versäumnis. „Die NPD ist Nährboden für menschenverachtenden Rechtsextremismus und Trainingslager für radikale Kräfte.“

dpa/Reuter/wog