CSU-Vorsitzender Horst Seehofer und CDU-Chefin Angela Merkel. (Foto: imago/CommonLens)
Merkel und Seehofer

„Die Flüchtlingszahlen müssen verringert werden“

Im Koalitionsstreit um die Asylpolitik haben Kanzlerin Merkel und Bayerns Ministerpräsident Seehofer Einigkeit demonstriert und eine Verringerung der Flüchtlingszahlen gefordert. Vor einer Sitzung der Unionsfraktion sagte Seehofer, die Koalition müsse in dieser historischen Aufgabe in der Lage sein zu handeln. Sogar die SPD sandte Signale der Kompromissbereitschaft in Sachen Transitzonen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer haben nach ihrem Streit über die Flüchtlingspolitik Einigkeit demonstriert. Ziel müsse neben der Hilfe für Schutzbedürftige eine Verringerung der Flüchtlingszahlen sein, sagten beide übereinstimmend in einem gemeinsamen Auftritt vor der Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Berlin.

Seehofer forderte zudem, dass es in den Gesprächen mit der SPD und den Ministerpräsidenten eine Einigung über weitere Schritte geben müsse. Die Koalition müsse den Anspruch haben, „dass wir uns einigen sollen, vielleicht sogar einigen müssen. Damit die Bevölkerung sieht, dass die Partner der Koalition in der Lage sind, in einer historischen Aufgabe zu handeln.“

Merkel sagte der SPD konstruktive Gespräche zu. Weil es sich um eine nationale Aufgabe handle, müsse diese gemeinsam bewältigt werden. „Die Union ist dazu bereit“, sagte die CDU-Vorsitzende. Merkel und Seehofer erläuterten in der Fraktion ein am Sonntag beschlossenes Positionspapier zur Flüchtlingspolitik. Die Aussprache sollte auch Risse in der Fraktion kitten helfen, da einige eigene Abgeordnete harsche Kritik an der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin geäußert hatten.

Gespräche am Donnerstag sollen Handlungsfähigkeit der Koalition beweisen

Am Donnerstag wollen sich die Vorsitzenden von CDU, CSU und SPD erneut treffen, um über den künftigen Umgang mit Asylbewerbern, Kriegsflüchtlingen, Wirtschafts- und Sozialmigranten zu beraten. Danach soll es eine Konferenz mit den Regierungschefs der 16 Bundesländer geben. Nach dem Willen der Union sollen in den grenznahen Transitzonen die Anträge von Wirtschafts- und Sozialmigranten im Schnellverfahren abgewickelt werden, die keinen Anspruch auf Asyl haben, weil sie aus sicheren Herkunftsstaaten kommen.

Der Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU), sagte im Deutschlandfunk: „Wir können diese Transitzonen so einrichten, dass sie effektiv arbeiten und dass sie trotzdem keine Haft darstellen.“ Die SPD setzt dagegen auf dezentrale „Einreisezentren“ in allen Bundesländern zur Registrierung. Wie ein Kompromiss aussehen könnte, ist derzeit noch unklar.

Die CSU hatte immer wieder betont, dass die Transitzonen eben keine „Haftzonen“ darstellen, weil sie lediglich die Einreise nach Deutschland verhindern sollen. Sowohl eine Rückkehr ins Herkunftsland als auch eine Reise in andere Länder ist jederzeit möglich. Diese Erkenntnis scheint sich langsam in der SPD herumzusprechen, nachdem speziell Lautsprecher vom linken Parteiflügel wie etwa Ralf Stegner tagelang von „Haftzonen“ schwadroniert hatten.

Gabriel schickt Signale des Einlenkens

Unterdessen sandte SPD-Chef Gabriel erste Signale des Einlenkens. Beim Tag der Deutschen Industrie warnte Gabriel vor einer Überbewertung des Koalitionsstreits über die Transitzonen. „Manchmal ist nicht alles so dramatisch, wie es sich liest“, sagte er. Er rate auch in dieser Debatte wie in der gesamten Flüchtlingspolitik zu Zuversicht und Realismus. In der SPD-Fraktionssitzung erklärte er, die SPD werde sich sinnvollen Kompromissen nicht verschließen.

Es gebe andere Themen, über die geredet werden müsse, sagte Gabriel – etwa den Umgang mit Flüchtlingen aus Afghanistan und Pakistan, die Sicherung der europäischen Außengrenzen, den Umgang mit der Türkei sowie die Lösung des Syrien-Konflikts. „Mir wäre sehr daran gelegen, wenn wir über diese großen Fragen wie in der Vergangenheit keinen Streit führen.“

dpa/Reuters/wog