Horst Seehofer und Thomas Kreuzer bei der Tagung in Kloster Banz. Bild: avd
Klausur in Banz

Deutliches Signal nach Berlin und Brüssel

Die Staatsregierung droht ultimativ mit Konsequenzen, wenn sich nichts am derzeitigen Flüchtlingsandrang ändert. Auch der zweite Tag der CSU-Klausur in Kloster Banz stand im Zeichen der Flüchtlingskrise. Die CSU beschäftigte sich unter anderem damit, wie der Krieg in Syrien beendet werden kann. Vorgestellt wurden auch eine neue Meinungsumfrage zum Thema Flucht und Asyl.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte dem Bayernkurier nach dem zweiten Tag der Klausur der CSU-Landtagsfraktion in Koster Banz:

Horst Seehofer sendet aus Banz ein sehr deutliches Signal in Richtung Berlin und Brüssel. Die CSU hat immer, seit Monaten politische Lösungen angeboten. Wenn im Laufe dieser Woche keine durchgreifenden Maßnahmen erfolgen, dann wird Bayern eigene Antworten liefern müssen. Die Grenze der Belastung ist nicht mehr nur erreicht, sie ist längst überschritten. Diese Woche ist die Woche der Entscheidung und eine letzte Chance zum Handeln, um wieder geordnete Verhältnisse herzustellen. Die CSU fordert eine klare Begrenzung der Zuwanderung nach Deutschland.

Seehofer: Grenzkontrollen bleiben

CSU-Chef Horst Seehofer hat ein schnelles Ende der Kontrollen an den deutschen Außengrenzen ausgeschlossen. „Auf absehbare Zeit führt da überhaupt kein Weg vorbei“, sagte der bayerische Ministerpräsident am Dienstag am Rande der Herbstklausur der CSU-Landtagsfraktion im oberfränkischen Kloster Banz. „Es geht doch darum, wieder Ordnung zu schaffen.“ Und dazu müsse man wissen, wer ins Land komme, berechtigt und unberechtigt, und wer wo registriert werde.

So kann die Arbeitsteilung nicht sein, dass die einen für die Moral und die Menschlichkeit sind, und die anderen sind für die Arbeit und für die Ressourcen zuständig.

Horst Seehofer

Die CSU will zudem eine übermäßige Belastung Bayerns in der aktuellen Flüchtlingskrise nicht länger hinnehmen und droht mit Konsequenzen. Der Ministerpräsident forderte die Europäische Union, aber auch Bund und Länder, am Dienstag ultimativ zum Handeln auf, um die Flüchtlinge gerechter zu verteilen und den Zustrom zu begrenzen. In der EU müsse „endlich Zusammenarbeit und Solidarität“ einkehren, forderte Seehofer. Und auch in Deutschland müsse es nun eine „Verantwortungsgemeinschaft“ geben. Sollte es beim EU-Gipfel am Mittwoch und dem Treffen von Bund und Ländern am Donnerstag keine Entscheidungen geben, werde Bayern nicht das letzte Land sein, dass sich noch an Regeln halte, warnte Seehofer nach Teilnehmerangaben in seiner Rede vor den CSU-Abgeordneten. Was Bayern im Fall der Fälle dann unternehmen will, ließ er aber zunächst offen. „Wir in Bayern haben unglaublich viel guten Willen, unsere Humanität ist beinahe unbegrenzt. Es war eine Meisterleistung, die Bayern bei der Aufnahme der Flüchtlinge geleistet hat. Aber klar ist auch, unsere Möglichkeiten sind begrenzt, die Belastungsgrenze ist überschritten. Deshalb brauchen wir eine Begrenzung der Zuwanderung“, so Seehofer weiter.

„Ich rede für Bayern: So kann die Arbeitsteilung nicht sein, dass die einen für die Moral und die Menschlichkeit sind, und die anderen sind für die Arbeit und für die Ressourcen zuständig“, sagte Seehofer mit Blick auf die Zehntausenden Flüchtlinge, die in den vergangenen Wochen in Bayern angekommen waren und hier versorgt wurden. „Im Moment leisten wir ja die Hauptarbeit in ganz Europa.“ Das müsse sich dringend ändern. „Ein Landkreis in Bayern nimmt mehr Flüchtlinge auf als die große stolze Republik Frankreich. Ich kann aber jetzt nicht nur Frankreich nennen, sondern alle anderen Länder.“ Deutliche Worte gab es auch für die Kanzlerin: Deutschland habe mit der Aufnahme von Flüchtlingen in großem Stil die EU-weiten Regeln außer Kraft gesetzt, so Seehofer. „Dazu muss man auch mal ein klares Wort sagen.“ Zudem gebe es schwere Versäumnisse des Bundes. Alleine den Kommunen, Hilfsorganisationen und der Polizei sei es zu verdanken, dass der Ansturm der Asylbewerber in Deutschland nicht noch dramatischere Folgen gehabt habe. „Der Staat hatte die Zügel schon völlig aus der Hand gegeben“, kritisierte er in Banz. Aus Berlin gebe es nur „warme Worte“ und „nutzlose Ortstermine“.

Herrmann: Asylverfahren angleichen

Bayerns Innenminister Herrmann verlangte, dass die Asylverfahren in der EU vergleichbar werden. Seiner Meinung nach müssen die Kriterien dafür, wer anerkannt wird und wer nicht, angeglichen werden. Hintergrund ist, dass einige Länder zum Beispiel auffällig wenige Syrer anerkennen. Unterdessen stellte die Bahn wegen der Flüchtlingskrise bis 4. Oktober den Fernverkehr von München nach Salzburg und Budapest ein. Am Montag wurden nach Angaben der Bundespolizeidirektion München mehr als 11.000 Migranten aufgegriffen.

Ein Landkreis in Bayern nimmt mehr Flüchtlinge auf als die große stolze Republik Frankreich.

Horst Seehofer

Die Landtags-CSU setzte heute ihre Herbstklausur im oberfränkischen Kloster Banz fort. Nach den Beratungen des Fraktionsvorstandes kam am Nachmittag die Gesamtfraktion zusammen. Im Zentrum stand die Grundsatzrede von Ministerpräsident Horst Seehofer vor allem zur Asyl- und Flüchtlingspolitik, dem beherrschenden Thema der Klausur. Angesichts Zehntausender Flüchtlinge binnen weniger Wochen setzt sich die CSU nun für eine Begrenzung der Zuwanderung ein. Die Belastungsgrenze sei überschritten, hatte Seehofer schon zum Klausurauftakt am Montag betont. Die CSU setzt bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise auf eine Kontingentregel für Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten. Diesen Vorschlag diskutiert die Landtagsfraktion in Banz unter anderem, sagte Fraktionschef Thomas Kreuzer. Einen weiteren, ungebremsten Zustrom könnten Deutschland und Europa nicht verkraften. Derzeit erfülle nur etwa ein Prozent der Flüchtlinge die Voraussetzungen des im Grundgesetz verankerten Asylrechts. Der weitaus größte Teil stamme aus Kriegs- oder Krisengebieten und genieße deshalb gesonderten Schutz. Für diese Gruppe könnte es nach den Vorstellungen Kreuzers eine Obergrenze in der EU geben. So wisse man genau, wie viele Menschen nach Europa kämen – im Gegensatz zu einer Quote.

Folgende Weichenstellungen für die Zukunft sind nach Ansicht der CSU-Landtagsfraktion essentiell:

  • Kein Einwanderungsgesetz: Ein Einwanderungsgesetz würde noch mehr Zuwanderung bedeuten. Die CSU lehnt das ab und setzt sich stattdessen für ein Zuwanderungsbegrenzungsgesetz ein.
  • Keine Gesundheitskarte: Bayern wird keine Gesundheitskarte für Flüchtlinge einführen. Anreize für Asylbewerber ohne Bleibeperspektive müssen reduziert werden. Deshalb müssen Asylbewerber weiterhin Anträge für Leistungen in unserem Gesundheitssystem stellen und erhalten keine Scheckkarte als Freifahrtschein.
  • Finanzielle Solidität bewahren: Wir werden alles dafür tun, unsere haushaltspolitischen Ziele in Bayern zu erhalten. Dafür maßgeblich ist eine substanzielle finanzielle Unterstützung des Bundes.
  • Integration einfordern: Oberste Richtschnur der Integration ist: Das Bayerische muss bleiben! Integration in Bayern hat eine Richtung. Integration heißt auch Anerkennung unseres Grundgesetzes, unserer Kultur und unserer christlichen Prägung, Erwerb von Sprache und Bildung sowie den eigenen Lebensunterhalt bestreiten können.

Hilfe vor Ort als Schwerpunkt

Ein Schwerpunkt müsse die Hilfe vor Ort sein: Nur ein Ende des Krieges in Syrien kann die dortige Massenflucht beenden und auch die Millionen in den Flüchtlingslagern des Libanons und der Türkei zur Rückkehr bewegen, davon ist die CSU überzeugt. Amerika muss hier mehr Druck aufbauen, das wurde der neuen bayerischen US-Generalkonsulin Gavito in Kloster Banz klargemacht. „Wir sind auch der Auffassung, dass die USA, die ja in diesem Gebiet auch militärisch tätig war, vielleicht ein bisschen mehr Verantwortung übernehmen sollte, als 70.000 Flüchtlinge aufzunehmen. Auch das wird ein Thema sein“, betonte CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer. Es könne und dürfe nicht sein, dass sich nach dem Zustrom an Balkanflüchtlingen jetzt auch noch Flüchtlinge aus sicheren Auffanglagern außerhalb der Kriegsgebiete nach Deutschland aufmachen. Forderungen nach einer Grundgesetzänderung zur Verschärfung des Asylparagraphen lehnte Kreuzer ab. Wichtig sei vielmehr: „Grenze sichern, vor Ort helfen und nach Quote ins Land lassen.“

Ein weiterer Gast war der Deggendorfer Landrat und Präsident des Bayerischen Landkreistages, Christian Bernreiter. Er stellte den Abgeordneten die gleiche Frage, die er schon in Richtung Berlin gestellt hatte: „Nehmen wir jedes Jahr 800.000 oder nehmen wir auch die doppelte Menge auf, wenn sie kommen? Oder wie schotten wir uns ab oder wie wird das geregelt?“ Er beschrieb, welcher Belastung die Kommunen durch den Ansturm der Asylbewerber ausgesetzt ist.

Umfrage zur Asylpolitik

Die bayerische Bevölkerung ist nach einer neuen Umfrage in der Einschätzung gespalten, ob die derzeitigen hohen Flüchtlingszahlen besorgniserregend sind oder nicht. In einer Erhebung im Auftrag der CSU-Landtagsfraktion sagten 51 Prozent der Befragten, der derzeitige Zustrom von Flüchtlingen mache ihnen sehr große oder große Sorgen. 48 Prozent gaben an, ihnen machten die hohen Flüchtlingszahlen lediglich geringe oder gar keine Sorgen. Einig sind sich die Bayern – über die Parteigrenzen hinweg – darin, dass die Hilfe für schutzbedürftige Flüchtlinge „sehr wichtig“ oder „wichtig“ ist. Die Bevölkerung unterscheidet laut der Umfrage, die am Dienstag auf der CSU-Herbstklausur im Kloster Banz vorgestellt wurde, aber zwischen politischen, Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen: So sagten 81 Prozent der Befragten, die Aufnahme von Flüchtlingen, die aus politischen Gründen verfolgt werden, sei richtig. Nur noch 36 Prozent befürworteten die Aufnahme von Menschen, die geflohen sind, „weil sie in ihrem Heimatland keine Arbeit und kein Auskommen haben“. Lediglich die Anhänger der Grünen befürworteten mehrheitlich deren Aufnahme. „Es muss einem zu denken geben, dass gewisse Sorgen in der Bevölkerung vorhanden sind“, sagte Fraktionschef Kreuzer. „Man muss kein Prophet sein, dass die zunehmen werden.“

Am Anfang gibt’s furchtbare Kritik und Dresche und zwei Monate später ist es so, dass alle diese Maßnahmen für richtig halten.

Thomas Kreuzer

Das Politikforschungsinstitut „policy matters“ hatte zwischen dem 4. und 12. September 1000 Wahlberechtigte in Bayern telefonisch befragt. Als geeignete Maßnahmen zur Bewältigung des Flüchtlingsstroms nannten die Befragten eine gleichmäßigere Verteilung der Asylsuchenden in der EU (92 Prozent), beschleunigte Asylverfahren (90 Prozent) und eine konsequente Bekämpfung der Schleuser (89 Prozent). 68 Prozent der Befragten stimmten auch für eine Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsländer. 65 Prozent wollen die Leistungen für Asylbewerber aus diesen sicheren Herkunftsländern kürzen. Mehr Sachleistungen statt Geldleistungen für Asylbewerber bezeichneten 73 Prozent der Befragten als sehr hilfreich oder zumindest hilfreich. Bei Wiedereinreisesperren für abgelehnte Asylbewerber waren es 74 Prozent, bei verstärkten Grenzkontrollen 70 Prozent. Und das sollten sich die Grünen durchlesen, bevor sie wieder auf die bayerische Staatsregierung schimpfen: 66 Prozent der Grünen-Wähler halten laut Umfrage etwa die neuen bayerischen Abschiebezentren für Balkanflüchtlinge für sehr hilfreich oder zumindest hilfreich. Asylmissbrauch sollte kontrolliert und bekämpft werden, meinten 90 Prozent der CSU-Anhänger sowie mehr als zwei Drittel der anderen Parteianhänger und sogar 55 Prozent der Grünen-Sympathisanten. „Wir fordern notwendige Dinge: Am Anfang gibt’s furchtbare Kritik und Dresche und zwei Monate später ist es so, dass alle diese Maßnahmen für richtig halten und auch in ihren Bundesländern umsetzen“, kommentierte dieses Ergebnis Fraktionschef Kreuzer.