Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. (Bild: avd)
Innenminister

Die innere Sicherheit stärken

Mehr Anstrengungen im Kampf gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus sowie gegen Asylmissbrauch, die Nationalität von Tatverdächtigen, höhere Strafen für Kindesmissbrauch: Die Länder-Innenminister hatten viele wichtige Themen zu besprechen.

Die Innenministerkonferenz (IMK), die am Mittwoch in Lübeck gestartet ist, hatte dieses Mal viele wichtige und umstrittene Themen auf der Tagesordnung. Die Innenministerkonferenz geht bis Freitag.

Kindesmissbrauch endlich härter bestrafen

So forderte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) höhere Strafen für Kindesmissbrauch. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur will Reul, dass die Innenminister sich offiziell für eine teilweise Verdopplung der Strafen bei Kindesmissbrauch und Kinderpornografie einsetzen. Ähnliche Initiativen hatte Bayern bereits mehrfach vergeblich initiiert. Strafverschärfungen scheitern aber meist an rot-grünen Politikern, die immer nur die Täter und deren Resozialisierung im Blick haben.

Wir brauchen in diesem Bereich dringend höhere Strafen.

Herbert Reul, CDU

Reuls Forderungen klingen dabei eigentlich selbstverständlich und es verwundert, dass sie nicht schon längst Gesetz sind. So soll Kindesmissbrauch in jedem Fall als Verbrechen – nicht nur als Vergehen – eingestuft werden, was mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Haft einherginge. Beim Besitz von Kinderpornografie soll künftig nach Reuls Willen bis zu fünf Jahre statt bis zu drei Jahre drohen. Bei schwerem sexuellen Missbrauch solle die Höchststrafe von fünf auf zehn Jahre steigen.

„Wir brauchen in diesem Bereich dringend höhere Strafen. Die Täter müssen wissen, dass es, wenn sie erwischt werden, richtig weh tut“, sagte Reul. Das SPD-geführte Bundesjustizministerium stehe hier „auf der Bremse“, kritisierte Reul. Dem Vernehmen nach fordert er bei der IMK auch eine „deutliche Verlängerung“ der Tilgungsfristen für das Bundeszentralregister und der Fristen für die Nichtaufnahme in polizeiliche Führungszeugnisse für Straftäter aus dem Bereich Kindesmissbrauch und Kinderpornografie. So solle verhindert werden, dass Verurteilte in Zukunft noch Berufe in der Nähe von Kindern ausüben können.

Die Täter dürfen nicht nach kurzer Zeit wieder mit einer weißen Weste dastehen.

Hans-Joachim Grote, CDU

Baden-Württemberg will Straftäter nach Kindesmissbrauch sogar lebenslang registrieren. Das grün-schwarze Kabinett will am Dienstag einen Gesetzentwurf des Landesjustizministeriums beschließen, wonach Verurteilungen wegen Kindesmissbrauchs nicht mehr aus dem erweiterten Führungszeugnis gelöscht werden sollen. Das Land will sich dann im Bundesrat für eine entsprechende Gesetzesänderung einsetzen. „Der lückenlose Schutz unserer Kinder und Jugendlichen vor Sexualstraftätern muss in solchen Konstellationen Vorrang haben“, sagte Minister Guido Wolf (CDU) am Donnerstag.

Der Gastgeber des Treffens, der schleswig-holsteinische Minister Hans-Joachim Grote (CDU), sagte am Donnerstag in Lübeck, Menschen, die Kinderpornografie verbreitet hätten oder wegen Gewalt gegen Kinder rechtskräftig verurteilt seien, dürften nicht nach kurzer Zeit wieder „mit einer weißen Weste“ dastehen. „Die Meinung dazu ist glaube ich einhellig, aber wir müssen das mit den Justizministerinnen und Ministern besprechen.“ Diese müssten entsprechende Beschlüsse fassen.

Mehr Anstrengungen gegen Asylmissbrauch

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte von den Ländern mehr Anstrengungen im Kampf gegen den Missbrauch von Aufenthaltstiteln bei Asylbewerbern. „Wir müssen die Zahl der zu Unrecht erteilten Genehmigungen reduzieren. Es sind zu viele Fälle, als das man es als nebensächlich abtun könnte“, sagte er der dpa in München. Wie viele Flüchtlinge und Asylbewerber in Deutschland im Besitz eines sogenannten Waschtitels sind, also eine zu Unrecht ausgestellte oder gar gefälschte oder gestohlene Aufenthaltserlaubnis haben, ist offen. Offizielle Zahlen gibt es laut bayerischem Innenministerium gar keine.

Es gehört zur Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats, Personen abzuschieben, die sich hier nicht legal aufhalten dürfen.

Joachim Herrmann

Allerdings wurden alleine in Berlin – wo auch sonst – in den vergangenen Jahren mehrere Tausend Blanko-Dokumente bei Bürgerämtern und Ausländerbehörden gestohlen, darunter auch mehr als 1000 Aufenthaltserlaubnisse. Dort gibt es aktuell noch keine elektronischen Aufenthaltserlaubnisse, sondern sie werden als Etikette in die Papiere geklebt – so dass es nicht einfach ist, die sogenannten Waschtitel zu erkennen.

Für Herrmann ist dies ein untragbarer Zustand, zumal es das Problem auch in anderen Bundesländern gebe. Nicht nur gestohlene Dokumente seien ein Problem, im Umlauf seien auch Fälschungen oder durch Tricks oder Täuschung von Behörden zu Unrecht ausgestellte Dokumente. In Einzelfällen seien auch unbeabsichtigte Irrtümer durch überlastete Behördenmitarbeiter, die es „nicht so genau nehmen“, die Ursache. „Waschtitel führen zu einer Verstetigung des illegalen Aufenthalts in Deutschland“, betonte der Minister und wies auf die besondere Gefahr hin, wenn etwa Straftäter so im Land bleiben dürften.

Abschiebehaft: Bundesländer mit großen Unterschieden

Mit Blick auf die Lage bei den Abschiebungen plädierte Herrmann zudem an alle Länder, die vom Bund erweiterten Möglichkeiten auch anzuwenden. „Es gehört zur Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats, Personen abzuschieben, die sich hier nicht legal aufhalten dürfen“, sagte er. Dies gelte erst recht, wenn jemand als gefährlich eingestuft sei.

Dazu gehöre auch der Ausbau an Abschiebehaftplätzen. „Offensichtlich ist es so, dass einige Länder hier sehr bescheiden sind. Sie meinen, sie brauchen das nicht“, betonte Herrmann, der bewusst keine Namen nennen wollte. In Bayern sei dies aber kein Problem – von den bundesweit 577 Abschiebehaftplätzen, die es bis Ende des Jahres gebe, seien 150 im Freistaat. „Damit gibt es überdurchschnittlich viele Plätze bei uns.“ Bis Ende 2020 solle die Zahl in ganz Deutschland auf etwa 1000 ansteigen, in Bayern sollen es dann rund 300 sein.

Ein Ergebnis gab es im Bereich des Asylrechts schon: Der Abschiebestopp für Syrer soll gelockert werden. Die Länder-Innenminister von SPD und Union seien sich darüber einig, Abschiebungen schwerer Straftäter nach Syrien zu erlauben, sagte der Vorsitzende der IMK, Hans-Joachim Grote. Er verwies allerdings auf praktische Probleme. „Es gibt momentan in Syrien für uns keine Ansprechpartner, das ist die Schwierigkeit. Aber der Wille, da auch Straftäter nach Syrien wie nach Afghanistan abzuschieben, ist da.“ Grote weiter: „Ich glaube, anders wäre es auch den Menschen hier nicht zu vermitteln, dass jemand, der schwere Straftaten begeht, dennoch den Schutzstatus des Flüchtlings hat. Irgendwann werden auch diese Rechte, die wir gewähren, auch verwirkt.“

Nationalität von Tatverdächtigen nennen?

Die Länder-Innenminister sind auch noch uneins in der Frage, ob die Polizei in Pressemitteilungen immer die Nationalität von Tatverdächtigen nennen soll. „Wenn wir Transparenz verlangen, gehört das dazu“, sagt Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU). Voraussetzung sei aber, dass alle Länder sich auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hält von der Idee wenig. Die Nationalität zu nennen oder nicht zu nennen, sei genauso wichtig oder unwichtig wie die Haarfarbe, Größe oder die Augenfarbe. Dabei sollte der rote Innenminister vielleicht mal seine Polizisten nach der Realität fragen: Regelmäßig fordern die Sicherheitsbehörden, solche Merkmale etwa bei Fahndungen nennen zu dürfen.

Ich glaube, dass wir über das Thema Vorratsdatenspeicherung auch noch mal sprechen müssen.

Hans-Joachim Grote, CDU

Datenschutz vor Opferschutz

Der schleswig-holsteinische Minister Grote sagte, auch das Thema Vorratsdatenspeicherung sei zu diskutieren, und zwar bei Gewalt und Radikalisierung im Internet, aber auch bei Kinderpornografie. „Ich glaube, dass wir über das Thema Vorratsdatenspeicherung auch noch mal sprechen müssen, zumindest in bestimmten Bereichen.“ In manchen Ländern sei die Speicherung gesetzlich nicht möglich, auch Schleswig-Holstein habe sich zuletzt dagegen entschieden. Nach mehreren Gerichtsurteilen nutzen die Länder derzeit die Vorratsdatenspeicherung nicht für die Strafverfolgung. Die zumindest vorübergehende Speicherung soll Ermittlern helfen, Terroranschläge zu verhindern und schwere Verbrechen aufzuklären. Das Thema ist seit Jahren umstritten, obwohl die Sicherheitsbehörden auch dieses Mittel immer wieder fordern. Vorübergehende Datenspeicherung wird hauptsächlich von roten und grünen Politikern sowie von der FDP abgelehnt. Im Endeffekt heißt das aber: der Datenschutz geht vor dem Opferschutz.

In einem waren sich die Innenminister jedoch einig: Sie bekräftigten stärkere gemeinsame Anstrengungen im Kampf gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus. Bundesinnenminister Horst Seehofer sagte, dass bei Bund und Ländern über die Maßnahmen, die dazu nötig und größtenteils auch bereits eingeleitet worden seien, weitgehend Einvernehmen bestehe. So soll unter anderem eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Verfassungsschutzbehörden erörtert werden.

(dpa/BK)