CSU setzt wichtige Forderungen durch
Beim Koalitionstreffen zur Flüchtlingskrise hat die CSU wichtige Forderungen durchgesetzt. CDU, CSU und SPD einigten sich darauf, Asylbewerbern Sachleistungen zu geben statt Bargeld. Das Kosovo, Albanien und Montenegro sollen zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden. Die Regierung soll auf eine europäische Lösung drängen. 2016 gibt der Bund sechs Milliarden Euro für die Flüchtlingskrise aus.
Flüchtlingskrise

CSU setzt wichtige Forderungen durch

Beim Koalitionstreffen zur Flüchtlingskrise hat die CSU wichtige Forderungen durchgesetzt. CDU, CSU und SPD einigten sich darauf, Asylbewerbern Sachleistungen zu geben statt Bargeld. Das Kosovo, Albanien und Montenegro sollen zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden. Die Regierung soll auf eine europäische Lösung drängen. 2016 gibt der Bund sechs Milliarden Euro für die Flüchtlingskrise aus.

Bei der Berliner Koalitionsrunde zur Bewältigung der Flüchtlingskrise hat sich die CSU mit wichtigen Forderungen durchgesetzt. So sollen Asylbewerber in den Erstaufnahmeeinrichtungen Sachleistungen statt Bargeld erhalten. So sollen Fehlanreize zur Einwanderung in die Sozialsysteme vermindert werden. Die Koalition will zudem den Kreis der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten per Gesetzesänderung um Kosovo, Albanien und Montenegro erweitern. Diese Einstufung dient dazu, Wirtschafts- und Sozialmigranten aus den betroffenen Länder schneller wieder in die Heimat zurückzuschicken.

Außerdem will die Bundesregierung die Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen in Deutschland mit einem milliardenschweren Maßnahmenpaket in den Griff bekommen. Unter dem Druck wachsender Asylbewerberzahlen erhöht der Bund die Mittel im Haushalt 2016 um drei Milliarden Euro. Bundesländer und Kommunen sollen weitere drei Milliarden Euro erhalten, heißt es in einem Papier, das die Spitzen der großen Koalition in der Nacht zum Montag beschlossen. 2015 hat der Bund eine Milliarde Euro für Flüchtlingshilfe bereitgestellt.

Wichtiger Zwischenschritt

CSU-Generalsekretär Andreas Schauer zeigt sich zufrieden. Die Koalitionsbeschlüsse seien „ein wichtiger Zwischenschritt, um Menschlichkeit und Ordnung bei der Asylfrage sicherzustellen“, erklärte Scheuer. „Unsere Anliegen zur Begrenzung des Zustroms wurden aufgegriffen, es gibt künftig weniger Anreize für unbegründete Asylanträge in Deutschland.“ Scheuer betonte: „Jetzt kann es heißen: mehr Konzentration auf die wirklich Schutzbedürftigen und eine Überforderung Deutschlands verhindern.“

Endgültige Entscheidungen sollen am 24. September bei einem Bund-Länder-Gipfel fallen. Bundestag und Bundesrat sollen im Oktober abstimmen. „Bund, Länder und Kommunen stehen in einer Verantwortungsgemeinschaft und müssen mit einer großen nationalen Gemeinschaftsaktion in kurzer Zeit die Voraussetzungen für die Aufnahme einer beispiellos hohen Zahl von schutzbedürftigen Menschen und die Rückführung vollziehbar Ausreisepflichtiger schaffen“, heißt es.

Mehr Geld für Prävention und menschenwürdige Unterkünfte

Deutschland wird die Mittel im Haushalt des Auswärtigen Amtes für Krisenbewältigung und Prävention um jährlich 400 Millionen Euro aufstocken. Bei der Bundespolizei werden 3000 zusätzliche Stellen für die kommenden drei Jahre geschaffen, der Bundesfreiwilligendienst soll um bis zu 10.000 neue Stellen aufgestockt werden.

Die Staatsbank KfW legt ein Förderprogramm in Höhe von 300 Millionen Euro zum Bau von Flüchtlingsunterkünften auf. Nach KfW-Angaben können Städte und Gemeinden zinslose Darlehen mit einer Laufzeit bis zu 30 Jahre und 10 Jahren Zinsbindung erhalten. Mit dem Programm sollen bis zu 30 000 Plätze für Flüchtlinge geschaffen werden.

Der Bund will Länder und Kommunen beim Ausbau von etwa 150.000 winterfesten Plätzen in menschenwürdigen Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge „verstärkt unterstützen“. Man werde „hierzu alle verfügbaren Plätze in Bundesliegenschaften zur Unterbringung von Flüchtlingen auf Anforderungen sofort und mietzinsfrei zur Verfügung stellen und die Kosten für die Herrichtung übernehmen“.

Legale Einreisemöglichkeiten für Balkan-Bewohner mit Arbeitsplatz

2014 hatte die Bundesregierung angesichts einer großen Zahl an aussichtslosen Asylanträgen bereits Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sichere Herkunftsländer klassifiziert. Angehörige der dann sechs als sicher eingestuften Balkanstaaten sollen Möglichkeiten der legalen Migration zur Arbeitsaufnahme in Deutschland bekommen: „Wer einen Arbeits- oder Ausbildungsvertrag mit tarifvertraglichen Bedingungen vorweisen kann, soll arbeiten oder eine Ausbildung aufnehmen dürfen“, heißt es in dem Maßnahmenpapier. Der Integrationsbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Martin Neumeyer (CSU), hatte diese Idee zuerst aufgebracht.

Auf europäischer Ebene verlangt die Regierung unter anderem „eine solidarische und faire Verteilung und Aufnahme schutzbedürftiger Flüchtlinge durch die EU-Mitgliedsstaaten“, eine wirksame Bekämpfung der Schleuserkriminalität sowie ein verstärktes EU-Engagement zur Bekämpfung der Fluchtursachen in den wichtigsten Herkunftsländern.

Merkel reagiert auf CSU-Druck

Vor dem Treffen hatte das CSU-Präsidium Kritik an der Entscheidung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geübt, Tausende Flüchtlinge aus Ungarn nach Deutschland einreisen zu lassen. Angesichts der von höchster Stelle erteilten Genehmigung forderte CSU-Chef Horst Seehofer von Merkel eine klare Position zur Verteilung Asylsuchender in der EU. Seehofer warnte am Sonntag vor einem Stimmungsumschwung in der Bevölkerung, wenn der Zustrom von Asylbewerbern so weitergehe.

Mit Blick auf Merkels Einreiseerlaubnis für mehrere tausend Flüchtlinge aus Budapest sagte Seehofer: „Wir können nicht als Bundesrepublik auf Dauer, bei 28 Mitgliedsstaaten, beinahe sämtliche Flüchtlinge aufnehmen. Das hält auf Dauer keine Gesellschaft aus.“ Die Aufnahme der in Ungarn festsitzenden Flüchtlinge in Deutschland wurde im CSU-Präsidium als „falsche Entscheidung“ gerügt, wie Generalsekretär Andreas Scheuer sagte. Mehrere Präsidiumsmitglieder hätten vor einer „zusätzlichen Sog-Wirkung“ gewarnt. Die Aussetzung des Dublin-Abkommens durch Deutschland dürfe sich nicht wiederholen, denn Deutschland fordere ja gerade von seinen EU-Partnern die Einhaltung dieses Abkommens.

Jetzt sind die Grünen in der Pflicht

Die CSU-Landesgruppe äußerte sich zufrieden mit den Koalitionsbeschlüssen, fordert aber nach Angaben des parlamentarischen Geschäftsführers Max Straubinger weitere Einschränkungen bei Leistungen für Flüchtlinge gerade vom Westbalkan. „Auch die diskutierte Gesundheitskarte für Flüchtlinge lehnen wir ab“, sagte Straubinger der Nachrichtenagentur Reuters.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt ist zuversichtlich, dass die Grünen eine Einstufung weiterer Balkanstaaten als sichere Herkunftsländer mittragen werden. „Die Fakten sprechen für sich“, sagte Hasselfeldt. Asylbewerber aus Kosovo, Albanien und Montenegro hätten verschwindend geringe Anerkennungsquoten von 0,1 bis 0,2 Prozent. „Das wissen auch die Grünen. Und da bin ich schon zuversichtlich, dass sich allmählich auch dort die Einsicht manifestiert, die mittlerweile auch beim Koalitionspartner vorhanden ist: dass wir unsere Kräfte auf diejenigen konzentrieren müssen, die tatsächlich schutzbedürftig sind.“

Für die gesetzliche Erweiterung des Kreises der sicheren Herkunftsländer, in die Asylbewerber schneller zurückgeschickt werden können, braucht es die Zustimmung des Bundesrats. Die Grünen regieren in neun Bundesländern mit.

Städtetag unterstützt CSU-Forderungen

Erfreut über die Koalitions-Einigung äußerte sich Eva Lohse (CDU), Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen und Präsidentin des Deutschen Städtetages. Sie unterstützt die Forderung der CSU, die Sozialmigranten vom Balkan rasch wieder nach Hause zu schicken: „Um die Kommunen zu entlasten bleibt elementar, dass die Asylverfahren weiter beschleunigt und so rasch wie irgend möglich die Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder ausgebaut werden. Denn es muss klar unterschieden werden zwischen Menschen mit Bleibeperspektive, die in die Kommunen kommen, und Menschen mit fast keiner Chance auf Anerkennung als Flüchtlinge oder Verfolgte.“

Auch Bayerns Sozialministern Emilia Müller (CSU) begrüßt die Koalitions-Einigung: „„Die große Koalition beweist Handlungsfähigkeit. Neben der dringend notwendigen stärkeren Beteiligung des Bundes an den Kosten erwarte ich mir vor allem von der Unterstützung bei der Schaffung von 150.000 Plätzen in der Erstaufnahme eine rasche Entlastung der Länder. Diese ist auch dringend notwendig, wie die aktuellen Ankunftszahlen am Münchner Hauptbahnhof zeigen.“ Dort sind seit Freitagnacht über 21.000 (!) Asylbewerber angekommen, davon konnten bisher rund 8000 auf andere Bundesländer verteilt werden (Stand: Montag, 11.00 Uhr).

Ein wichtiges Signal aus Berlin, so die Ministerin, sei auch die vereinbarte Beseitigung von Fehlanreizen für Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsstaaten: „Wir müssen unsere Kräfte auf diejenigen Asylbewerber konzentrieren, die tatsächlich vor Krieg und Vertreibung geflohen sind. Wenn Asylbewerber ohne Bleibeperspektive künftig bis zum Abschluss ihres Verfahrens in den Erstaufnahmeeinrichtung bleiben können, so ist das ein starkes Signal in diese Länder: Der Weg über das Asylverfahren nach Deutschland ist der Falsche. Gleiches gilt für die weitgehende Ersetzung des Bargeldbedarfs in der Erstaufnahme durch Sachleistungen.“

dpa/PM/wog