Ein Hundeführer bei der Pkw-Kontrolle. Bild: Polizei Bayern
Illegale Einwanderung

Bayern intensiviert den Kampf gegen Schleuser

Bayern verstärkt die Fahndung nach Schleuserbanden, und zwar mit speziellen Verkehrskontrollen an den Autobahnen in Grenznähe zu Österreich. Laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wird in Bayern tagtäglich eine Vielzahl der Flüchtlinge einfach auf Autobahnen abgesetzt. An diesem Dienstag nimmt in Passau eine länderübergreifende Spezialbehörde zum Kampf gegen Schleuser ihren Dienst auf.

Im Kampf gegen Schleuser verschärft Bayern die Kontrollen. „Die Schleuser wollen nur Gewinn machen und nehmen keine Rücksicht auf das Schicksal der Menschen“, sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bei einer Schwerpunktkontrolle an der Autobahn A3 bei Passau. Menschenverachtenden, skrupellosen Schleusern müsse das Handwerk gelegt werden. Hunderte Flüchtlinge seien in den vergangenen Tagen auf dem Standstreifen der A3 ausgesetzt worden. „Das ist eine höchstgefährliche Situation“, betonte Herrmann. Nur durch Glück sei noch niemand überfahren worden.

Laut Herrmann wird in Bayern tagtäglich eine Vielzahl der Flüchtlinge einfach auf Autobahnen abgesetzt und ihrem Schicksal überlassen. Besonders stark ist die A 3 betroffen. Alleine im August wurden dort mehr als 1.500 Flüchtlinge ausgesetzt. „Um die Unfallgefahren zu minimieren, haben wir beispielweise zehn LED-Vorwarntafeln mit Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 80 zwischen dem Grenzübergang Suben und der Anschlussstelle Iggensbach installiert“, so Herrmann. „Auch warnen wir die Autofahrer über Rundfunkmeldungen.“

45 Beamte der Landes- und Bereitschaftspolizei kontrollierten am Montag 722 Autos, 380 Kleintransporter und 91 Lastwagen. Dabei wurden zwei Schleuser festgenommen und 17 Flüchtlinge aufgegriffen. „Nur eine Person wurde auf der Fahrbahn aufgegriffen. Damit hat die Kontrolle ihren Sinn schon erfüllt“, sagte der niederbayerische Polizeipräsident Josef Rückl. Alleine in Niederbayern, an der Grenze zu Österreich, wurden im Juli und August knapp 670 Schleuser festgenommen. Im gleichen Zeitraum wurden mehr als 33.000 Flüchtlinge aufgegriffen.

Neue internationale Behörde koordiniert den Kampf gegen die Schleuser

„Skrupellose Schleuserbanden arbeiten aus reiner Profitgier“, warnte das bayerische Innenministerium. „Die Gesundheit und das Leben der Menschen spielen keine Rolle, wie die Tragödie um die 70 toten Flüchtlinge vergangene Woche in Österreich zeigt. In Bayern wird eine Vielzahl der Flüchtlinge täglich einfach auf Autobahnen in Grenznähe zu Österreich abgesetzt und ihrem Schicksal überlassen. Besondere Unfallgefahren sind dadurch vorprogrammiert.“ Die starken Kontrollen hätten auch den Zweck, Flüchtlinge rasch in staatliche Obhut zu bringen.

An diesem Dienstag, 1. September, nimmt in Passau eine neue länderübergreifende Spezialbehörde namens „Gemeinsame Informationssammel- und Auswertestelle Schleusungskriminalität“ ihre Arbeit auf. Dort sollen Informationen zur Schleusungskriminalität gesammelt und ausgewertet werden. Die Stelle ist mit jeweils einem Experten vom Bundeskriminalamt in Wien, vom bayerischen Landeskriminalamt, von der Bundespolizei und vom Polizeipräsidium Niederbayern besetzt. „Wir wollen uns nicht mit den kleinen Fischen, also den Fahrern begnügen, sondern die Hintermänner ermitteln“, betonte Herrmann.

Allein in Bayern sitzen 600 Schleuser in Haft

Der Freistaat Bayern hat allein im ersten Halbjahr 2015 mehr als 1300 Ermittlungsverfahren gegen Schleuser angestrengt, wie der „Focus“ berichtet. Mehr als 600 mutmaßliche Schleuser sitzen in Bayern in Haft. Das teilte das Justizministerium in München mit. Die Dreiflüssestadt Passau ist der bundesweite Brennpunkt der Schleuserkriminalität sowie des rechtsstaatlichen Kampfes dagegen.

Passau liegt an einer der beiden Hauptflüchtlingsrouten aus den Kriegsgebieten des Mittleren Ostens über den Balkan sowie Ungarn und Österreich. In der Passau Umgebung wurden jüngst derartig viele mutmaßliche Schleuser festgenommen, dass im historischen Gefängnis in der Altstadt der Platz fehlt. Die Zahl der Untersuchungshäftlinge übersteigt die Zahl der Haftplätze um fast das Fünffache.

„Wir haben aktuell rund 350 Haftsachen wegen Schleusungen“, sagte Sprecherin Ursula Raab-Gaudin. In der JVA Passau gebe es aber nur 75 Haftplätze. Deswegen müssen Passauer U-Häftlinge nach Angaben des bayerischen Justizministeriums inzwischen landesweit auf andere Gefängnisse verteilt werden.

Bevorzugtes Ziel aller Schleuser: Bayern

Beide Hauptschleuserrouten, die auf dem Balkan beginnen, enden in Bayern: Die eine verläuft über die Autobahn A3 nach Passau, die andere über die Autobahn A8 nach Rosenheim und München. Die Balkanroute hat sich im Lauf des ersten Halbjahres 2015 neben der östlichen Mittelmeerroute zum bevorzugten Schleusungsweg von Flüchtlingen und Asylbewerbern nach Deutschland entwickelt, berichtet die „FAZ“ unter Berufung auf die Europäische Grenzschutzagentur „Frontex: 102.342 Flüchtlinge zählte „Frontex“ demnach von Januar bis Juli 2015 auf der Balkanroute.

Noch stärker wurde die Route über das östliche Mittelmeer in Richtung Griechenland genutzt (132.240), auf die Überfahrt von Libyen oder Tunesien nach Italien wagten sich 91.302 Menschen.

Scharfe Kontrollen auch in Österreich

Auch Österreich geht verstärkt gegen Schlepperbanden vor und hat seine Kontrollen in den Grenzregionen im Osten ausgeweitet. Seit Sonntagabend nehmen die Behörden im Grenzgebiet Lkw, Transporter und größere Pkw unter die Lupe. Auf der ungarischen Seite bildete sich dadurch ein 20 Kilometer langer Stau. „Das sind gute Nachrichten aus Österreich. Denn die Maßnahmen zeigen ja schon nach wenigen Stunden, nachdem sie angelaufen sind: Wenn man hinschaut, findet man auch etwas“, lobte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, dieses Vorgehen im Fernsehsender n-tv.

„Wir sehen, dass die Schlepper immer brutaler und skrupelloser vorgehen, und wir müssen hier entgegentreten mit härteren Maßnahmen“, sagte Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. „Wenn man Menschenleben retten will, müssen wir Staus und Behinderungen in Kauf nehmen.“ Seit dem Wochenende habe die Polizei bereits über 200 Flüchtlinge aufgegriffen und fünf Schlepper festgenommen.

Österreich habe mit den Kontrollen an der Grenze zu Burgenland begonnen und diese dann auf das gesamte Bundesgebiet ausgeweitet. Auch bei der Weiterreise nach Bayern würden viele Fahrzeuge untersucht. Es handle sich dabei jedoch nicht um klassische Grenzkontrollen, bei denen Menschen ihren Ausweis vorweisen müssten. Daher verstoße das Vorgehen auch nicht gegen das Schengen-Abkommen über den kontrollfreien Grenzverkehr, sagte Mikl-Leitner. Die Aktion sei mit Deutschland, Ungarn und der Slowakei abgestimmt.