Innenminister Joachim Herrmann (l.) und Ministerpräsident Horst Seehofer. Bild: StMI
Asylpolitik

Klare Zeichen setzen

Erheblich schnellere Asylverfahren und eine deutlich raschere Rückführung abgelehnter Asylbewerber erwartet Bayerns Innenminister Joachim Herrmann vom neuen Aufnahme- und Rückführungszentrum in Manching und den angebundenen Dependancen in Ingolstadt.

Das erste Aufnahmelager in Manching bei Ingolstadt soll noch im August eröffnet werden. Herrmann berichtete dem Ministerrat, dass in der Einrichtung für bis zu 1500 Balkanflüchtlinge praktisch alle Phasen des Asylverfahrens beschleunigt werden könnten: „Die Erstaufnahme und die Registrierung sowie die medizinische Untersuchung finden an einem Ort statt. Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge können sich besonders auf Asylbewerber aus den Balkanstaaten spezialisieren. Damit können sie vergleichbare oder verwandte Fälle schneller bearbeiten.

Wir wollen damit auch ein klares Zeichen für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern setzen und deutlich machen, dass für sie so gut wie keine Aussicht besteht, in Deutschland Asyl zu erhalten.

Joachim Herrmann

Asylbewerber, die gegen einen ablehnenden Bescheid klagen, können mit einer raschen Entscheidung über ihren Fall durch einen Verwaltungsrichter rechnen.“ Eine Rückführung abgelehnter Asylbewerber zurück in ihre Heimat direkt aus der Erstaufnahmerichtung bedeute ebenfalls eine Verkürzung der Prozedur. „Wenn Erstaufnahme, medizinische Untersuchung, Asylantragsbearbeitung, Unterbringung und Rückführung an einem Ort gebündelt sind, können Asylverfahren in vier bis sechs Wochen über die Bühne gehen. Das ist im Vergleich zur derzeitigen Verfahrensdauer von mehreren Monaten ein großer Fortschritt“, betonte der Innenminister.

Schlechte Aussichten für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern

Herrmann sagte, dass die Standortsuche für ein weiteres Aufnahmezentrum in Bayern in den nächsten zwei Wochen abgeschlossen sein soll. Es kämen derzeit mehrere Standorte in Frage. Im Gespräch sind laut Presseberichten angeblich Standorte in Niederbayern und Schwaben. „Wir wollen damit auch ein klares Zeichen für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern setzen und deutlich machen, dass für sie so gut wie keine Aussicht besteht, in Deutschland Asyl zu erhalten.“ Ein erster Probebetrieb im Ingolstädter Aufnahmezentrum soll noch im August starten.

Die meisten Asylbewerber kommen aktuell aus Albanien, Syrien und Kosovo. Insgesamt stellten im Juli in Deutschland 94.000 Asylbewerber vom Balkan einen Asylantrag, davon 30.000 aus Albanien, dagegen nur 40.000 aus dem Bürgerkriegsland Syrien. Nur 0,1 Prozent der Asylanträge vom Balkan hat Erfolg.

Auch die Geldleistungen sollen gekürzt werden

Im Interview mit dem Münchner Merkur forderte Innenminister Joachim Herrmann auch eine Kürzung der Leistungen: „Während der ganzen Zeit werden Zahlungen aufs Nötigste begrenzt. Es gilt Vorrang für Sachleistungen: Wir stellen die Unterkunft und eine große Kantine.“ Die 143 Euro Taschengeld pro Monat dürften rechtlich erst gekürzt werden, wenn ein Ablehnungsbescheid vorliege. Deshalb wolle die Staatsregierung in Berlin eine Rechtsänderung durchsetzen, nach der es für Bewerber aus sicheren Drittstaaten von Anfang an weniger Geld geben solle. „Meiner Ansicht nach muss ein Drittel der bisherigen Summe als Taschengeld reichen. Wir wollen ein klares Zeichen setzen, dass es für Leute aus sicheren Herkunftsländern keinen Sinn macht, zu uns zu kommen.“ Die beschleunigten Verfahren sollten auch die Hoffnung zunichte machen, während ewig langer Verfahren Geld zu erhalten. Die Staatsregierung hatte erst im Oktober 2013 von Sach- auf Geldleistungen umgestellt, damit Flüchtlinge Nahrung nach eigenen Bedürfnissen erwerben können. Wie von der Staatsregierung schon damals befürchtet, wurde diese Regelung jedoch zum zusätzlichen Anreiz, in Bayern Asyl zu beantragen.

Ich wüsste nicht, was an meiner Wortwahl zu kritisieren wäre. Wir benennen es, wenn Missbrauch stattfindet.

Joachim Herrmann

Die unberechtigten Vorwürfe aus der rot-grünen Ecke kanzelte Herrmann im Merkur mit den Worten ab: „Ich wüsste nicht, was an meiner Wortwahl zu kritisieren wäre. Wir benennen es, wenn Missbrauch stattfindet. Dass der selbsternannte Flüchtlingsrat mit meiner Politik nicht einverstanden ist, weiß ich. Das Protestgeschrei ist aber bundesweit innerhalb weniger Tage in sich zusammengebrochen.“

Herrmann machte zudem klar, dass die Belastung auch nach einer Regelung für die Balkan-Asylbewerber hoch bleibe: Im Schnitt würden ein Drittel der Asylbewerber in Deutschland anerkannt, das seien allein in diesem Jahr ein- bis zweihunderttausend Menschen. „Wir wollen sie integrieren, sie brauchen Jobs und eine Wohnung“, mahnte der Innenminister in dem Interview. In Bayern seien die Mittel für den öffentlichen Wohnungsbau von 160 Millionen Euro im Jahr 2013 auf 260 Millionen Euro 2016 erhöht worden, nun müsse der Bund folgen. Beim Bauland müssten die Kommunen und die Kirchen helfen. „Im Übrigen geht es nicht nur um Flüchtlinge – genügend Menschen warten auch im Großraum München auf eine Sozialwohnung“, sagte Herrmann abschließend.

Anhaltend hoher Zugang vom Westbalkan

Bayerns Sozialministerin Emilia Müller betonte erneut die Notwendigkeit von Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber mit geringer Bleibeperspektive. „Der Zugang von Menschen aus dem Westbalkan ist anhaltend hoch. Allein im Juli dieses Jahres sind mit knapp 23.000 Menschen fast so viele Asylbewerber aus dem Westbalkan wie aus Syrien nach Deutschland gekommen.“ Die Zahl derer, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, steige damit weiter an. In diesem Monat haben in Bayern über 15.000 Menschen aus dem Westbalkan entsprechende Leistungen erhalten. Demgegenüber stehen nur etwa 9800 Leistungsbezieher aus Syrien. „Diese Tatsache können wir nicht länger ignorieren. Es erhalten bei uns mehr Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen zu uns kommen, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, als Menschen, die tatsächlich vor Krieg und Verfolgung fliehen“, so Müller.

Es könne nicht sein, dass durch die Bearbeitung von aussichtslosen Anträgen das gesamte System lahm gelegt werde. „Weiter benötigen wir dringend die von Bayern seit April geforderten zusätzlichen Möglichkeiten für Leistungskürzungen für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern. Ferner müssen wir den Kreis der sicheren Herkunftsstaaten ausweiten.“

Seit Januar sind schon rund 100.000 Asylsuchende in Bayern angekommen. Die Schutzquoten gehen je nach Herkunftsland aber stark auseinander. Einer Anerkennungsquote von rund 90 Prozent bei Syrern oder Irakern steht einer Anerkennungsquote von nahezu null Prozent bei Menschen aus den Westbalkanstaaten (Kosovo, Albanien, Serbien, Mazedonien) gegenüber. Gleichwohl wurden in diesem Jahr bisher rund 40 Prozent aller Asylanträge in Deutschland von Menschen aus eben diesen Staaten gestellt, obwohl sie keine Erfolgsaussichten haben.

BAMF fordert Aufklärung in Balkanstaaten

Um die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren, setzt sich der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Manfred Schmidt, für Aufklärungskampagnen in den Balkanländern ein. Die Erklärung zu einem sicheren Drittstaat reiche allein nicht aus. Am Beispiel Kosovo habe man das schon mit Erfolg praktiziert, so Schmidt im Interview mit dem Radiosender Bayern 2. „Wir haben uns zusammen mit den Ländern konzentriert auf die Bearbeitung dieser Anträge, wir haben schnell zurückgeführt und wir haben intensive Öffentlichkeitsarbeit vor Ort gemacht.“ Alles zusammen habe gewirkt. „Anfang Februar waren es noch 1500 Flüchtlinge täglich, am Ende der Aktion waren es noch 60“, erklärte Schmidt. Er forderte erneut, das Taschengeld als Anreiz zu kürzen. Drei bis sechs Monate Deutschland reichten den Asylbewerbern, um in den Heimatländern für die nächsten neun bis zwölf Monate zu überleben.

Erste Einschränkungen des allgemeinen Dienstbetriebs durch Asylbelastung

Zu was der Ansturm von Asylbewerbern führt, machte Fürstenfeldbrucks Landrat Thomas Karmasin (CSU), zugleich Präsident des oberbayerischen Landkreistages, in einem Pressegespräch am 4. August klar. Zum einen sei es nötig, auch für die reguläre Unterbringung ab sofort Objekte zu erschließen, die „über große Kapazitäten zur Aufnahme“ verfügen. Er habe daher seine Verwaltung aufgefordert, unverzüglich alle weiteren Landkreisturnhallen, aber auch geeignete Sport,- Kultur- oder Gemeinde-Hallen in Trägerschaft der Städte und Gemeinden sowie weitere Großobjekte wie öffentliche Tiefgaragen auf ihre Tauglichkeit zur Unterbringung zu überprüfen. „Soweit möglich wird die Verwaltung im Rahmen ihrer Prüfung auch berücksichtigen, ob und zu welchem Zeitpunkt sehr wichtige und aufwändige Events und/oder Sportveranstaltungen stattfinden“, sicherte Karmasin zu. Ferner werde derzeit für mehrere Standorte die konkrete Realisierung von Traglufthallen geprüft.

Zum anderen warb Karmasin um Verständnis für das, was schon lange befürchtet wurde: Die zusätzlichen Aufgaben der Landkreisverwaltung durch die Massen an Asylbewerbern „bringen Einschränkungen des allgemeinen Dienstbetriebs mit sich“. Dies bedeute, „dass sich etwa Genehmigungszeiten zum Beispiel für Bauanträge im Bereich Gewerbe und Großprojekte verlängern können. Auch die Erledigung nicht besonders dringlicher Aufgaben, insbesondere in den Fachbereichen Ausländerwesen sowie Schulen, Sport, Kultur und im Amt für Jugend und Familie oder im Bereich des Bürgerservice-Zentrums und des kreiseigenen Hoch- und Tiefbaus sowie weiterer Fachbereiche, kann länger dauern und zu Unmut bei den Betroffenen führen“, so die Presserklärung von Karmasin.

Berlin will Schulden an Passau bezahlen

Währenddessen scheint sich ein Konflikt der Passauer mit den Berlinern zu klären. Nach dem Gesetz müssen Regionen, die keine minderjährigen Flüchtlinge betreuen, den betreuenden Landkreisen Ausgleichszahlungen leisten. Laut dem Landratsamt Passau schuldet Berlin für das Jahr 2014 mehr als 156.000 Euro und für das laufende Jahr mehr als 1,3 Millionen Euro. Allein bis Ende Juli 2015 waren im Landkreis Passau rund 1900 unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge zu betreuen. Die Zahl der Aufgriffe minderjähriger Flüchtlinge im Landkreis Passau hat sich laut Landrat Franz Meyer (CSU) seit 2014 verzehnfacht.

Arm, sexy – und unverschämt: So lebt Berlin auf Kosten des Landkreises Passau.

Franz Meyer, Landrat

Der Landrat von Passau hatte deshalb das Land Berlin scharf kritisiert. „Die Senatsverwaltung wirft unsere Briefe in den Papierkorb und zeigt so deutlich, was sie von uns hält“, sagte Meyer. Die Überschrift seiner Pressemitteilung lautete: „Arm, sexy – und unverschämt: So lebt Berlin auf Kosten des Landkreises.“ Dieses Verhalten sei skandalös und typisch für diese Stadt. Er hatte darum auch einen Brandbrief an die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Staatsministerin Aydan Özoğuz (SPD), geschrieben. Derzeit kämpft der Landkreis mit insgesamt fast 4 Millionen Euro an Außenständen.

Doch nun stellt wenigstens das Land Berlin eine Begleichung seiner 1,5 Millionen Euro Schulden bis Jahresende in Aussicht. Weil das Land Berlin ebenfalls einen massiven Zustrom von Flüchtlingskindern zu bewältigen habe, sei man bisher nicht dazu gekommen, sich mit der anfallenden Bürokratie zu beschäftigen, so die etwas dürftige Erklärung der Berliner Senatsverwaltung. Außerdem sei der Landkreis Passau so „schnell“ mit seinen Rechnungen. Da kommt wohl das langsame Berlin nicht mit.

Widerstand gegen Einwanderungsgesetz

In der Spitze der CDU regt sich erster Widerstand gegen ein Einwanderungsgesetz. CDU-Fraktionschef Volker Kauder sieht derzeit keine dringende Notwendigkeit für ein Einwanderungsgesetz. „Wir haben ein Einwanderungsgesetz, das nur nicht diesen Titel trägt“, sagte er am Dienstag im ZDF. „Die Diskussion darüber befremdet mich ein wenig.“ Er wolle erst einmal wissen, was ein solches Gesetz an Neuem bringen solle. Wenn es nur darum gehe, verstreute Regeln aus verschiedenen Gesetzen in einem neuen zusammenzufassen, „da sehe ich noch kein Thema“. Ein Einwanderungsgesetz sei im Übrigen kein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag und daher nicht vordringlich. Es sei „nicht die erste Aufgabe, die wir anpacken müssen“. Jährlich kämen 400.000 Menschen nach Deutschland. Es müsse zunächst geschaut werden, welche Aufgaben diese übernehmen können. Er könne zudem noch nicht erkennen, dass mehr Zuwanderung gebraucht werde, so Kauder. Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) hatte die Debatte über ein Einwanderungsgesetz zuvor gegen parteiinterne Kritik verteidigt. Der CDU-Parteivorstand will am 14. September über ein Einwanderungsgesetz diskutieren und einen entsprechenden Antrag an den Parteitag beschließen.

CSU-Chef Horst Seehofer hatte erklärt, mit ihm werde es kein Einwanderungsgesetz geben, das unter dem Strich zu mehr Zuwanderung führen werde.

Lebensgefährlicher Schleusertransport

Auf der Autobahn Salzburg-München (A8) wäre es beinahe zu einer Katastrophe gekommen. 31 Afghanen wären fast von der Ladefläche eines Transporters auf die Autobahn gestürzt, als während der Fahrt auf der Autobahn Salzburg-München plötzlich die Hecktüre aufsprang. Beinahe wären einige der stehend in dem Kastenwagen eingepferchten Flüchtlinge auf die Fahrbahn gestürzt, wie die Bundespolizei am Montag in Rosenheim berichtete. Erst nach einiger Zeit habe der Fahrer angehalten und die Tür wieder geschlossen. Während der fast neunstündigen Fahrt aus Athen hätten die Flüchtlinge nach eigenen Angaben dicht aneinandergedrängt stehen müssen, weil zum Sitzen kein Platz war. Beamte nahmen den mutmaßlichen Schleuser aus Deutschland am Samstag nahe Rosenheim fest.