Neues Spielzeug Grundrente: Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und SPD-Chefin Andrea Nahles verteilen freigiebig das Geld des Steuerzahlers. (Bild: Imago/Star-Media)
Sozialstaat

„Linke Tagträume“ der SPD

Die Unionskritik an den SPD-Vorschlägen für Sozialreformen und eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung wird immer schärfer. Obendrein will die SPD das Geld des deutschen Steuerzahlers auch noch in ganz Europa verteilen.

Die unausgereiften SPD-Vorschläge für eine Abkehr von Hartz IV und eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung, deren Finanzierbarkeit höchst fraglich ist, werden immer deutlicher abgelehnt.

SPD setzt aus Umverteilung

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hielt jetzt der SPD vor: „Wer immer neue zusätzliche staatliche Ausgaben einfordert, anstatt die Steuerzahler zu entlasten, der setzt keine Prioritäten, sondern verschiebt weiter den Verantwortungs-Maßstab.“ Eine gerechte Sozialpolitik, die gerade auch Arbeitsleistung honoriere, lasse in Zeiten von Rekordsteuereinnahmen den Menschen mehr Netto vom Brutto, damit sie ihre eigenen Prioritäten setzen könnten, so Dobrindt.

Den SPD-Vorschlägen für Sozialreformen erteilte auch CDU-Vize Thomas Strobl in der dpa eine klare Absage: „Der Linksruck, den sie spüren lassen wollen, mag innerparteilich-gruppendynamisch ganz hilfreich sein. Aber er hat keine reale Basis im Koalitionsvertrag, und der zählt.“ Die SPD zerstöre mit ihrer Abkehr von den unter Gerhard Schröder eingeführten Hartz-IV-Sozialreformen „ihre eigene Erfolgsgeschichte“.

Seit die internen Fragen bei der CDU geklärt seien und die Stimmung zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU wieder gut sei, steige die Zustimmung zur Union, sagte Strobl. „Wer von den Wählerinnen und Wählern gemocht werden will, muss sich zunächst selber mögen.“

Reisende soll man nicht aufhalten.

Thomas Strobl, CDU-Vize, zur SPD

„Die Menschen mussten im vergangenen Jahr zu viele Spielchen und Taktierereien miterleben“, so Strobl weiter. Wenn die SPD nun mit einem Bruch der Koalition kokettiere, sage er kühl und klar: „Reisende soll man nicht aufhalten. Wenn die SPD meint, dass es ihr hilft, wenn sie aus der Verantwortung flieht, soll sie das versuchen.“ Strobl rief die große Koalition dennoch zur Sacharbeit auf. „Die Menschen erwarten, dass wir Politiker Probleme lösen – nicht, dass wir uns mit uns selbst beschäftigen“, verlangte der baden-württembergische Innenminister mit Blick auf die Europawahl Ende Mai. Der SPD könne er vor diesem Hintergrund nur raten: „Konzentriert Euch auf die Arbeit in der Koalition, hängt keinen linken Tagträumen nach.“

Die Hartz-Reformen brachten Arbeitslose mit Leistungskürzungen dazu, auch eine schlechter bezahlte Stelle anzunehmen. Wer die Grundsicherung ausnutzte, wurde mit Sanktionen belegt. Man erleichterte außerdem Leiharbeit und niedrigere Löhne, um das verkrustete Arbeitsrecht aufzubrechen. „Der Sozialstaat sollte Menschen nicht durch Rundumbetreuung in die Unmündigkeit führen, sondern sie in die Lage versetzen, möglichst schnell wieder Verantwortung für sich zu übernehmen“, so beschreibt die Schweizer Zeitung NZZ das durch Hartz IV geprägte, neue Sozialstaatsverständnis.

Union lehnt Grundrenten-Konzept ab

Dobrindt kritisierte mit seinen Äußerungen auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). Der Vizekanzler hatte sich in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zuversichtlich gezeigt, dass eine Einigung mit CDU und CSU im Streit über den SPD-Vorschlag einer Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung möglich sei. Scholz sagte: „Es sollte doch nicht so sein, dass die große Mehrheit der Bürger einen Vorschlag gut findet, und die Regierung setzt ihn dann nicht um.“

Die Union lehnt den Grundrenten-Vorschlag von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) als Sozialpolitik mit der Gießkanne strikt ab. Heils Plan sieht automatische Rentenzuschläge für Geringverdiener vor, die mindestens 35 Jahre lang Beiträge gezahlt haben. Auch Teilzeitarbeit, Kindererziehungs- und Pflegezeiten zählen. Wer dann weniger als 896 Euro Rente hat, bekäme bis zu 447 Euro monatlich als Zuschlag. Dies kann rund fünf Milliarden Euro im Jahr kosten.

Das konkret vorgeschlagene Modell ist einfach nicht überzeugend.

Johannes Vogel, FDP, zur Grundrente

Arbeitgeber-Präsident Ingo Kramer hat das Konzept von Bundesarbeitsminister Heil für eine Grundrente ebenso abgelehnt. „Die Koalition sollte Abstand von einer Grundrente nehmen, wenn die Bedürftigkeit gar nicht geprüft werden soll“, sagte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es könne nicht sein, dass jemand, „der zum Beispiel eine Erbschaft gemacht hat oder dessen Ehepartner gut versorgt ist, die Grundrente der Solidargemeinschaft bekommen soll“. Kramer warnte davor, Grundsicherung und Rente zu vermischen.

Auch der FDP-Bundestagsabgeordnete und Sozialexperte Johannes Vogel forderte die SPD auf, die Kritik an ihren Grundrente-Plänen nicht stur abzutun. „Das Ziel der sicheren Verhinderung von Altersarmut ist richtig – aber das konkret vorgeschlagene Modell ist einfach nicht überzeugend“, kritisierte er.

SPD: Soziale Wohltaten auch für ganz Europa

Der SPD-Vorstand hat nun das Wahlprogramm für die Europawahl am 26. Mai beschlossen. Und die Genossen begnügen sich nicht damit, nur in Deutschland soziale Wohltaten auf Kosten der Steuerzahler zu verteilen, sie wollen auch ganz Europa damit beglücken. Auch hier wäre der deutsche Steuerzahler am Ende derjenige, der die Rechnung bezahlen müsste.

Die Hand aufhalten werden wieder Länder wie Italien, die heute das Geld rausfeuern, als gäbe es kein Morgen.

Handelsblatt

Die SPD fordert unter anderem eine europäische Arbeitslosenrückversicherung. Ein neuer EU-Arbeitslosenfonds soll dabei mit Krediten aushelfen, wenn ein Mitgliedstaat mit explodierenden Erwerbslosenzahlen finanziell überfordert ist. „Im Klartext heißt das: Die deutschen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sprich: die Steuerzahler, sollen die Arbeitslosigkeit in Griechenland, Spanien und Italien finanzieren“, schrieb dazu Thomas Sigmund im Handelsblatt. „Scholz will offenbar der Zahlmeister Europas werden.“ Und weiter kritisiert er: „Glaubt denn Scholz wirklich, dass Deutschland aus dem geplanten Fördertopf Geld beantragt, bevor es nicht die eigenen Reserven aufgebraucht hat? Die Hand aufhalten werden wieder Länder wie Italien, die heute das Geld rausfeuern, als gäbe es kein Morgen.“ Wenn die EU überleben wolle, brauche sie „mehr Wettbewerb und nicht mehr Sozialismus“.

Die SPD fordert außerdem den „Ausbau einer europäischen Sozialunion“. Die sozialen Standards sollten „auf höchstem Niveau“ angeglichen werden. Dass man die europäischen Schuldenstaaten zu überfälligen politischen Reformen im Gegenzug für finanzielle Hilfen gezwungen hatte, findet die SPD gar nicht gut: Sie verunglimpft den notwendigen Sparzwang für die allzu Freigiebigen als „Kaputtsparen“.

(dpa/BK)