Union und SPD wiesen im Bundestag den Antrag der FDP zum Paragrafen 219 zurück. (Foto: Imago/Metodi Popow)
Lebensschutz

Abtreibungswerbung bleibt verboten

Die Koalition hat sich beim Paragraphen 219a geeinigt: Die Werbung für Abtreibungen bleibt verboten. Ergänzt wird dies durch staatliche Informationen. Die FDP scheitert mit einem Antrag, der die SPD zum Koalitionsbruch provozieren sollte.

Die große Koalition hat sich nach langem Ringen auf einen Kompromiss zum Umgang mit dem Werbeverbot für Abtreibungen geeinigt: Der umstrittene Paragraf 219a soll nicht abgeschafft, aber ergänzt werden, um den Informationsauftrag gesetzlich zu verankern. Der Vorschlag der Bundesregierung zielt darauf ab, von staatlicher Seite Informationen über medizinische Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, die Abtreibungen vornehmen.

Kontaktinfos zu Ärzten

„Frauen, die sich letztlich für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden haben, sollen einen Arzt oder eine medizinische Einrichtung finden können, in der sie den Eingriff vornehmen lassen können“, heißt in dem Einigungspapier. Demnach sollen die Bundesärztekammer und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit der Aufgabe betraut werden, Kontaktinformationen zur Verfügung zu stellen, soweit die Ärzte und Krankenhäuser eingewilligt haben.

Werbung für einen Schwangerschaftsabbruch darf es auch in Zukunft nicht geben. Deshalb werden wir das Verbot der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch beibehalten.

Einigungspapier der Bundesregierung

Um Ärzten mehr Rechtssicherheit zu geben, soll „rechtlich ausformuliert“ werden, dass sie sowie Krankenhäuser über die Tatsache informieren können, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen und auf Informationen zu den entsprechenden Stellen hinweisen dürfen. „Werbung für einen Schwangerschaftsabbruch darf es jedoch auch in Zukunft nicht geben“, betont das Papier: „Deshalb werden wir das Verbot der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch beibehalten.“ Ausgehandelt wurde der Kompromiss von Innenminister Horst Seehofer (CSU), Gesundheitsminister Jens Spahn, Kanzleramtschef Helge Braun (beide CDU), Justizministerin Katarina Barley und Familienministerin Franziska Giffey (beide SPD). Die CSU hatte sich von vornherein klar gegen eine Abschaffung des Verbots von Werbung für Abtreibungen positioniert.

FDP provoziert SPD mit Schaufensterantrag

Damit bleibt die SPD vorläufig der Koalitionsdisziplin treu. Die FDP hatte einen sogenannten Schaufensterantrag auf sofortige Abschaffung des Paragraphen 219a gestellt, um die SPD zu provozieren – in der Hoffnung, linke SPD-Abweichler zum Koalitionsbruch zu verleiten und zusammen mit ihnen, FDP, Linkspartei und Grünen eine Mehrheit gegen die CDU/CSU zu schaffen. Dass es sich dabei tatsächlich um eine Provokation der FDP handelte, wird dadurch deutlich, dass die FDP noch im Februar 2018 eine völlig andere Position vertreten hatte, nämlich eine Überarbeitung des Paragraphen 219a bei grundsätzlicher Beibehaltung des Werbungsverbots. Darauf wiesen alle Redner der Koalition hin: Volker Ullrich (CSU), Ingmar Jung (CDU) und Johannes Fechner (SPD). Letztlich scheiterte der Antrag der FDP, weil CDU/CSU und SPD das ganze Thema geschlossen in die Ausschüsse überwiesen – und das um 0.23 Uhr.

Der Gesetzgeber darf sich nicht widersprüchlich verhalten. Einerseits fordert er sehr deutlich eine Beratung hin zum Lebensschutz. Dann kann er doch nicht gleichzeitig die Werbung für Abtreibung zulassen.

Volker Ullrich, innen- und rechtspolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag

Der innen- und rechtspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Volker Ullrich, stellte nochmals den Grundrechtskonflikt dar, um den es in der Abtreibungsfrage geht. Dem von FDP, Linkspartei und Grünen ausschließlich ins Feld geführten Selbstbestimmungsrecht der Frau stehe das Recht auf Leben des ungeborenen Kindes entgegen. Der Schutz des vorgeburtlichen Lebens sei aber die zentrale Aufgabe des Staates, so Ullrich. „Der Gesetzgeber darf sich nicht widersprüchlich verhalten“, betonte er. „Einerseits fordert er sehr deutlich eine Beratung hin zum Lebensschutz. Dann kann er doch nicht gleichzeitig die Werbung für Abtreibung zulassen.“ Daher komme für die Union eine Abschaffung des Paragraphen 219a nicht in Frage.

Abschaffung des Werbungsverbots brächte den staatlichen Lebensschutz in Gefahr

Auch der familien- und gesundheitspolitische Sprecher der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Stephan Stracke, hatte gegenüber dem BAYERNKURIER klargestellt: „Das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche muss aufrecht erhalten bleiben. Eine Abschaffung des Paragraphen 219a Strafgesetzbuch wird es mit uns nicht geben.“ Denn, so Stracke unter Verweis auf die harten Abtreibungsdebatten in den 1980er und 1990er Jahren: „Eine Abschaffung des Werbeverbotes würde das mühsam geschnürte Gesamtpaket der Paragraphen 218 ff. ins Wanken bringen. Dieser in harten Auseinandersetzungen gefundene Gesamtkompromiss darf nicht ohne Not aufgeweicht werden.“

Es darf kein Geschäftsmodell geben, das auf die Tötung ungeborenen Lebens fußt.

Stephan Stracke, familien- und gesundheitspolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag

Wie Ullrich verweist auch der CSU-Familienpolitiker Stracke auf konkurrierende Grundrechtsziele: „Ziel des Werbeverbotes ist der verfassungsrechtlich anerkannte Schutz des ungeborenen Lebens, der weitaus schwerer wiegt als das Interesse von Ärzten, für Abtreibungen zu werben.“ Strackes Kernaussage: „Schwangerschaftsabbrüche sind nur unter bestimmten Voraussetzungen straffrei und deshalb keine ärztliche Leistung wie jede andere. Es darf kein Geschäftsmodell geben, das auf die Tötung ungeborenen Lebens fußt.“ Im Gegensatz zur verbotenen Abtreibungswerbung seien sachliche Informationen, unter anderem durch anerkannte Beratungsstellen, eben nicht verboten. „Sollte es an dieser Stelle Defizite geben, könnte ich mir eine bessere Verfügbarkeit der Listen über Ärzte und Krankenhäuser vorstellen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. In Bayern sind diese Listen über die Gesundheitsämter erhältlich“, so Stracke.