Ein menschlicher Embryo in der vierten Schwangerschaftswoche. Die Menschenwürde gilt auch für Ungeborene, betont die CSU. (Foto: Imago/Science Photo Library)
Abtreibung

Recht auf Leben „nicht verhandelbar“

Die CSU hält Kurs: Der Schutz des Lebens hat oberste Priorität. Änderungen an den Paragraphen 218, 219 und 219a kommen nicht in Frage. Auch die neue CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer setzt deutliche Signale. Die SPD ist in der Frage zutiefst gespalten.

Die Position der CSU ist eindeutig: Was strafrechtlich verboten ist, dafür darf auch nicht geworben werden. Dies gilt auch für die grundsätzlich verbotenen Abtreibungen, die laut Paragraph 218 lediglich unter bestimmten Voraussetzungen – Dreimonatsfrist und Beratung – straffrei bleiben. Im Mittelpunkt stehen für die CSU das Recht auf Leben und der Schutz des Lebens. Derzeit versuchen Grüne, FDP und Linkspartei, die SPD zu einer Abschaffung des Abtreibungs-Werbeverbots und damit des Paragraphen 219a zu bewegen. Einige linke SPD-Politiker fordern Parteichefin Nahles auf, die Abstimmung zu einer Gewissensentscheidung zu erklären und freizugeben. Im Kern würde das allerdings einen Koalitionsbruch bedeuten, denn CDU und CSU lehnen rechtliche Änderungen ab.

Diese Rechtslage hat sich in der Praxis bewährt und muss nicht geändert werden. Das Werbeverbot ist kein Informationsverbot.

Volker Ullrich, innen- und rechtspolitischer Sprecher der CSU im Bundestag

Das stellt der innen- und rechtspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Volker Ullrich, klar: „Die CSU im Bundestag macht sich für den Lebensschutz stark. Das gilt auch für ungeborenes Leben. Das in Paragraph 219a Strafgesetzbuch verankerte Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche muss erhalten bleiben. Es ist unverzichtbarer Bestandteil des Kompromisses, mit dem nach der Wiedervereinigung Schwangerschaftsabbrüche mit dem Konzept der Fristenlösung mit Beratungspflicht in den §§ 218 ff. Strafgesetzbuch straffrei gestellt wurden.“

Beratungsangebote unterstützen die Schwangeren

Logischerweise käme der gesamte Kompromiss im Abtreibungsrecht ins Wanken, wenn ein wichtiges Element, das Werbeverbot im Paragraphen 219a, wegfiele. Ullrich betont weiter: „Diese Rechtslage hat sich in der Praxis bewährt und muss nicht geändert werden. Das Werbeverbot ist kein Informationsverbot. Durch Beratungsangebote werden Frauen in Konfliktsituationen unterstützt und zu einem Ja zum Kind ermutigt. Ein freier Zugang zu allen Informationen etwa durch Beratungsstellen ist ebenso erlaubt wie die Weitergabe der Information, welche Ärzte bereit sind, Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen. Eine solche sachliche Beratung zum Schutz ungeborenen Lebens verträgt sich nicht mit einer kommerziellen Werbung für Schwangerschaftsabbrüche.“

Für uns gilt das Lebensrecht. Die SPD ist dringend aufgefordert, sich von den absurden Forderungen ihres Nachwuchses zu distanzieren.

Volker Ullrich

Die SPD hatte die Reform des Paragrafen angestoßen, einen entsprechenden Antrag im März aber aus Rücksicht auf die Union zurückgezogen. Seither wird in der Bundesregierung über einen Kompromiss verhandelt. Nahles hatte ihrer Partei zugesagt, bis zum Herbst mit der Union eine Lösung zu finden. Laut Funke-Mediengruppe haben Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), Kanzleramtschef Helge Braun, Gesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU), Justizministerin Katarina Barley und Familienministerin Franziska Giffey (beide SPD) bereits einen Kompromissvorschlag ausgehandelt, der wegen des CDU-Parteitags noch nicht veröffentlicht wurde. Eine mögliche Lösung könnte sein, das Gesetz nicht zu ändern, aber Ärzten in der Beratungspraxis betroffener Frauen mehr Spielraum zu geben, heißt es in dem Bericht. Die SPD besteht laut Parteichefin Nahles nicht auf einer Gesetzesänderung. Ihr sei wichtig, dass Ärzte straffrei informieren dürften, sagte Nahles nach einer SPD-Fraktionssitzung. „Wir werden das nicht jetzt entscheiden, sondern erst den Kompromissvorschlag anschauen und dann bewerten.“

SPD in Abtreibungsfrage zutiefst gespalten

Die SPD ist allerdings zutiefst gespalten in der Frage. Die Jusos etwa fordern eine vollständige Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Mit großer Mehrheit stimmten die Delegierten des Düsseldorfer Bundeskongresses Anfang Dezember für einen Antrag des Juso-Vorstands, wonach die Paragrafen 218 und 219 des Strafgesetzbuches komplett gestrichen werden sollen. Dafür hat Volker Ullrich keinerlei Verständnis und sieht SPD-Chefin Nahles in der Pflicht: „Wer wie die Jusos eine vollständige Legalisierung der Abtreibung bis zum letzten Tag vor der Geburt möchte und den ganzen Bereich der §§ 218 bis 219a StGB abschaffen möchte, stellt sich gegen das Recht auf Leben. Für uns gilt das Lebensrecht. Die SPD ist dringend aufgefordert, sich von den absurden Forderungen ihres Nachwuchses zu distanzieren.“

Schwangerschaftsabbrüche dürfen nicht so behandelt werden wie ganz normale medizinische Eingriffe. Das passt nicht zu einer Partei mit dem C im Namen.

Annegret Kramp-Karrenbauer, neue CDU-Chefin

Andere SPD-Linksausleger wie Ralf Stegner und der Münchner Bundestagsabgeordnete Florian Post fordern von Nahles, die Abstimmung zur Gewissensentscheidung zu erklären und damit freizugeben. Zusammen mit Grünen, Linkspartei und FDP könnte der linke Flügel der SPD-Fraktion so möglicherweise eine Bundestagsmehrheit für die Abschaffung des §219a zustandebringen. Was das für die Koalition bedeuten würde, ist unklar. Denn auch die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer äußerte sich in der ARD sehr deutlich: „Schwangerschaftsabbrüche dürfen nicht so behandelt werden wie ganz normale medizinische Eingriffe. Das passt nicht zu einer Partei mit dem C im Namen.“ Gleichzeitig lobte „AKK“ den „guten Austausch“ mit der SPD-Führung, bei dem man aber „noch nicht am Ende der Diskussion“ sei.