Markus Söder, Annegret Kramp-Karrenbauer und Malu Dreyer verkünden in Berlin die Lösung bei der Grundrente. (Foto: Picture Alliance/Soeren Stache/dpa)
Sozialpolitik

GroKo einigt sich bei der Grundrente

Statt einer Bedürftigkeitsprüfung kommt eine Überprüfung der Einkommen: Mit diesem Kompromiss beschließt die Große Koalition in Berlin die Einführung einer Grundrente. Die CSU zeigt sich zufrieden, Kritik kommt vom Wirtschaftsflügel der CDU.

Nach monatelangen Debatten hat sich die Große Koalition auf ein Modell zur Grundrente verständigt. Hunderttausende Bezieher kleiner Renten sollen demnach ab 2021 finanziell unterstützt werden. Zudem sollen Investitionen in Digitalisierung und Klimaschutz stärker gefördert werden. Darauf einigten sich die Spitzen der Koalition am Sonntag nach mehr als sechsstündigen Verhandlungen im Kanzleramt.

CSU-Chef Markus Söder zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis. „Die Kuh ist vom Eis“, sagte er im Anschluss an die Verhandlungen. „Wir haben ein echtes Gerechtigkeits- und Leistungspaket geschnürt. Das stärkt auch die Wirtschaft“, kommentierte Söder auf Twitter. Damit sei die Halbzeitbilanz der Großen Koalition abgeschlossen.

Einkommensgrenze vereinbart

Im Koalitionsvertrag war festgehalten, dass die Menschen ab 35 Beitragsjahren mit dem Zuschlag nach einer Bedürftigkeitsprüfung zehn Prozent über der Grundsicherung liegen sollten. Hiervon weicht der Kompromiss nun ab: Stattfinden soll eine umfassende Einkommensprüfung. Dabei soll ein Freibetrag gelten. Gezahlt werden soll die Grundrente bis zu einem Einkommen zuzüglich Rente und Kapitalerträgen von 1250 Euro bei Alleinstehenden und 1950 Euro bei Paaren. Die Einkommensprüfung soll „automatisiert und bürgerfreundlich“ durch einen Datenaustausch zwischen Rentenversicherung und Finanzämtern erfolgen.

Der Kompromiss ist fair und ausgewogen. Für die CSU ist die umfassende Einkommensprüfung wichtig.

Markus Söder

Den Zuschlag bekommt, wer 35 Jahre mit Beiträgen aus Arbeit, Pflege oder Erziehung aufweist, aber nur wenig verdient hat. Der SPD war wichtig, dass möglichst viele Menschen niedrige Bezüge mit der Grundrente aufbessern. Für die Union war zentral, dass sie nicht nach dem Gießkannenprinzip ausgeschüttet wird. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte ursprünglich ein Konzept vorgelegt, nach dem das Projekt bis zu 4,8 Milliarden Euro kosten und drei Millionen Menschen zugutekommen sollte. Nun sollen die Kosten laut CSU-Chef Söder bei 1 bis 1,5 Milliarden Euro liegen. Finanziert werden soll dies ausschließlich aus Steuermitteln – etwa durch die geplante Finanztransaktionssteuer.

Freibeträge beim Wohngeld

Mit der Grundrente werden die Entgeltpunkte aufgewertet. Über die Entgeltpunkte wird die Rente errechnet – ein Durchschnittsverdiener bekommt pro Jahr einen Punkt. Für jeden Punkt gibt es derzeit im Westen 33,05 Euro Rente und im Osten 31,89 Euro. Wenn die Entgeltpunkte im Schnitt der 35 Jahre nur zwischen 0,3 und 0,8 liegen, werden diese mit der Grundrente nun auf maximal 0,8 erhöht.

Zu dem Modell gehört auch, dass Rentner mit Grundsicherung ab 35 Beitragsjahren einen Freibetrag für die Rente von 100 Euro plus 30 Prozent der darüberliegenden Rentenansprüche bis zu einer bestimmten Grenze erhalten. Flankierend zur Grundrente will die Koalition zudem einen Freibetrag beim Wohngeld im Volumen von etwa 80 Millionen Euro einführen: Die Verbesserung in der Rente soll nicht durch eine Kürzung des Wohngeldes aufgefressen wird.

Zehn Milliarden für Zukunftstechnologien

Das Paket umfasst zudem eine vorübergehende Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung: Er soll befristet bis Ende 2022 von 2,5 auf 2,4 Prozent sinken. Bereits beschlossen war aber, dass er danach wieder auf 2,6 Prozent steigt.

Vorgesehen sind auch Verbesserungen bei der betrieblichen Altersversorgung. Bei Geringverdienern mit einem Monatseinkommen bis 2200 Euro brutto soll der Förderbetrag von maximal 144 Euro auf 288 Euro verdoppelt werden. Betriebsrentner sollen zudem in Höhe von insgesamt 1,2 Milliarden Euro bei den Krankenkassenbeiträgen entlastet werden. Um die Attraktivität von Mitarbeiter-Kapitalbeteiligungen zur Vermögensbildung zu erhöhen, wollen Union und SPD auch den steuerfreien Höchstbetrag in diesem Bereich von 360 Euro auf 720 Euro anheben.

Zur Ankurbelung von Investitionen soll bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau einen Beteiligungsfonds für Zukunftstechnologien von bis zu 10 Milliarden Euro aufgelegt werden – insbesondere in den Bereichen Digitalisierung und Klimatechnologien.

CSU-Präsidium stimmt zu

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sprach von einem wichtigen Beitrag im Kampf gegen Altersarmut. Man habe nach langen Verhandlungen einen dicken Knoten durchgeschlagen.

Zustimmung kommt auch vom CSU-Präsidium. Einstimmig habe das Gremium dem Kompromiss zugestimmt, teilte Parteichef Söder auf Twitter mit. zugestimmt. Dies teilte Parteichef Markus Söder am Montagmorgen per Twitter mit. „Der Kompromiss ist fair und ausgewogen. Für die CSU ist die umfassende Einkommensprüfung wichtig“, schrieb Söder. Außerdem werde die Wirtschaft in gleicher Weise gestärkt. „Die Groko hat damit einen großen Schritt in Richtung Zukunft gemacht.“

Kritik vom CDU-Wirtschaftsflügel

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt lobte die Beschlüsse der Großen Koalition ebenfalls. Dem Koalitionsausschuss, dem er selbst angehört, sei ein gutes Paket gelungen, „das die Berücksichtigung der Lebensleistung bei niedrigen Renten mit der Bedürftigkeit kombiniert und somit auch gezielt gegen Altersarmut wirkt“, erklärte Dobrindt. Durch die weitere Senkung beim Arbeitslosenbeitrag und den Zehn-Milliarden-Euro-Zukunftsfond für Innovationen „schaffen wir zudem Entlastungen und Anreize für Arbeitnehmer und Unternehmen. Das ist der richtige Weg in Zeiten einer sich abschwächenden Konjunktur“, betonte Dobrindt weiter.

Kritik an der Lösung kommt dagegen vom CDU-Wirtschaftsflügel. Der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand der Unionsfraktion im Bundestag, Christian von Stetten, sagte der Deutschen Presse-Agentur am Montag: „Die Parteivorsitzenden haben gestern im Koalitionsausschusses beschlossen, die getroffenen Vereinbarungen im Koalitionsvertrag zu brechen, um die Koalition über den SPD-Parteitag hinaus zu retten. Das wird ja immer verrückter in Berlin.“

(dpa/BK)