Überall in Bayern entstehen Wohnungs-Neubauten, wie hier in Ingolstadt. (Foto: Imago/Sven Simon)
Wohngipfel

Gemeinsam gegen den Wohnungsmangel

Um die Wohnungsnot zu lindern, berät Bundesbauminister Seehofer auf dem „Wohngipfel“ mit Ländern, Kommunen, Investoren und anderen Experten über die besten Maßnahmen. Der Bund und vor allem der Freistaat fördern den Wohnbau bereits intensiv.

Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum vor allem in deutschen Großstädten treibt die Politik um. Daher haben Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU) und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Vertreter der Wohnungswirtschaft, des Mieterbunds sowie von Ländern und Kommunen zum „Wohngipfel“ ins Kanzleramt eingeladen. Vor allem in München, Frankfurt, Hamburg und Berlin, aber verstärkt auch in den Großräumen Nürnberg und Augsburg, wird Wohnraum zunehmend knapp und selbst für die Mittelschicht kaum noch bezahlbar.

Bezahlbare Wohnungen sind in vielen Regionen die soziale Frage der Zeit.

Horst Seehofer (CSU), Bundesbauminister

Außer dem privaten Wohnbau für den Eigenbedarf, sozusagen die traditionelle Form des Wohnbaus, geht es auch um öffentlichen Wohnungsbau. Insbesondere im Bereich Geschossbau, also vor allem für Sozialwohnungen, sowie für die frei finanzierten, kommerziellen Bau-Investitionen. Nach Meinung verschiedener Experten werden in Deutschland derzeit pro Jahr 400.000 Wohnungen benötigt, bislang wurden aber nur 300.000 pro Jahr gebaut. Manche Experten beziffern die Zahl fehlender Wohnungen auf eine Million, der größte Teil davon in den Ballungszentren. Nach einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung fehlen in den zehn größten Städten Deutschlands rund 880.000 Sozialwohnungen.

Eigenheime statt Sozialwohnungs-Ghettos

„Bezahlbare Wohnungen sind in vielen Regionen die soziale Frage der Zeit“, erklärte Seehofer beim CSU-Parteitag am vergangenen Wochenende. „Es gehört zu unserer Grundüberzeugung, dass wir auf diese soziale Frage ein von den Bürgern nachvollziehbares Konzept präsentieren“, unterstrich er. In der Tat haben die Bundesregierung, vor allem aber der Freistaat Bayern, viel getan, um die Wohnbaumisere abzufedern.

Unseren Familien mit Kindern die Chance zu geben, ein Heim mit eigenen vier Wänden zu bauen. Das ist wichtig für die Gesellschaft, dass es auch den kleinen Leuten ermöglicht wird.

Horst Seehofer

Während SPD und Grüne ausschließlich massive staatliche Investitionen in öffentliche Sozialwohnungen fordern, legt die CSU größten Wert darauf, dass auch Familien ihren Traum von den „eigenen vier Wänden“ verwirklichen können. Die CSU hat keinerlei Interesse daran, dass große Sozialwohnungs-Ghettos mit einem schwierigen Bewohner-Mix wie etwa in Berlin, Köln und Dortmund entstehen. Zudem ist die Eigenheimquote Deutschlands bereits die niedrigste in der ganzen EU – das soll sich ändern. Einem Eigenheim-Boom sollen folgende Maßnahmen dienen: das Baukindergeld des Bundes, das zusätzliche bayerische Baukindergeld und die bayerische Eigenheimzulage.

64.000 Euro vom Staat sind ein Argument

Im Einzelnen: Das Bundes-Baukindergeld bringt zehn Jahre lang 1200 Euro pro Jahr und Kind, also bei zwei Kindern insgesamt 24.000 Euro. Die eigenen bayerischen Maßnahmen bringen einer bayerischen Häuslebauer-Familie bei zwei Kindern nochmals 40.000 Euro insgesamt, davon 10.000 Euro Eigenheimzulage und zweimal 15.000 Euro Baukindergeld. Insgesamt gibt es jetzt also 64.000 Euro Unterstützung vom Staat für Häuslebauer-Familien – darauf lässt sich schon eine schöne Finanzierung aufbauen, auch angesichts der sensationell niedrigen Zinsen. Zumindest außerhalb der großen Ballungszentren dürften diese 64.000 Euro ein handfestes Argument fürs Eigenheim sein.

Das Baukindergeld des Bundes in Höhe von 1200 Euro pro Kind kann man just seit dieser Woche beantragen – ein Projekt, das die CSU in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt hat. Es wird rückwirkend zum 1. Januar 2018 gewährt. „Das ist wieder wichtige Gesellschaftspolitik“, kommentierte Seehofer diese Maßnahme. „Unseren Familien mit Kindern die Chance zu geben, ein Heim mit eigenen vier Wänden zu bauen. Das ist wichtig für die Gesellschaft, dass es auch den kleinen Leuten ermöglicht wird.“

Fünf Prozent Sonder-AfA beschlossen

Dazu kommt – zweites Maßnahmenbündel – ein neuer Investitionsanreiz vom Bund, nämlich die steuerliche Absetzbarkeit für frei finanzierte Wohnraum-Investitionen, die das Bundeskabinett soeben beschlossen hat: Private Investoren sollen über vier Jahre jeweils fünf Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten einer neuen Mietwohnung zusätzlich bei der Steuer geltend machen können. Zusammen mit der üblichen jährlichen Abschreibung von zwei Prozent können sie somit in den ersten vier Jahren 28 Prozent bei der Steuer absetzen. Dem Staat entgehen durch die Steuervorteile dem Entwurf zufolge jährlich etwa 235 Millionen Euro. Die Förderung gilt nur für Bauanträge oder Bauanzeigen nach dem 31. August 2018 und vor dem 1. Januar 2022.

Eines der wenigen Länder, die es auch dafür ausgegeben haben, war Bayern.

Horst Seehofer, zur sozialen Wohnbauförderung des Bundes

Voraussetzung ist, dass die Wohnung zehn Jahre vermietet wird. Eine Mieten-Obergrenze für die geförderten Wohnungen ist nicht vorgesehen. Allerdings sollen Luxuswohnungen nicht gefördert werden: In den Genuss der Steuervorteile kommen Investoren nur, wenn die Anschaffungs- und Herstellungskosten 3000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche nicht übersteigen. Für die Sonderabschreibung geltend machen können Investoren höchstens 2000 Euro pro Quadratmeter. Anders als eine im Frühjahr 2016 gescheiterte weitaus höhere Sonderabschreibung ist die nun geplante Förderung nicht auf Gebiete beschränkt, in denen der Wohnungsmarkt als besonders angespannt gilt.

500.000 Wohnungen bis 2025 schaffen

Auch auf dem Gebiet des öffentlichen Wohnbaus ist Bayern höchst aktiv: Bis 2025 soll allein die neugegründete Wohnbaugesellschaft des Freistaats „BayernHeim“ 10.000 neue Wohnungen bauen. Gleichzeitig schloss Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) einen Pakt mit den – eigentlich für Wohnbau zuständigen – Städten und Gemeinden, bis 2025 insgesamt 500.000 neue Wohnungen zu schaffen.

Parkplätze nehmen mitunter mehr Fläche ein als die zugehörigen Gebäude selbst.

Ilse Aigner (CSU), Bayerns Bauministerin

Auch der Bund hat die Förderung für den sozialen Wohnungsbau „um Milliarden“ erhöht, wie Bauminister Seehofer auf dem CSU-Parteitag sagte. Im Einzelnen stockt der Bund seine Mittel für den sozialen Wohnungsbau, die an die zuständigen Länder gehen, 2019 um 500 Millionen auf 1,5 Milliarden und 2020 und 2021 um jeweils eine auf zwei Milliarden Euro auf. Damit die Länder das Geld auch tatsächlich für den sozialen Wohnungsbau verwenden, ist eine besondere Zweckbindung geplant. Hier hapert es vor allem in Ländern, die von SPD, Grünen und Linkspartei regiert werden. So lobte Seehofer mit Blick auf das Geld für die Bundeswohnbauförderung: „Eines der wenigen Länder, die es auch dafür ausgegeben haben, war Bayern.“

Aigner: Tiefgaragen und Parkhäuser statt ebenerdiger Parkflächen

Eine weitere Stellschraube, an der Bayern dreht, sind die engen Bauvorschriften. Jüngstes Beispiel: Mit einer Bundesratsinitiative will Bayerns Bauministerin Ilse Aigner (CSU) den Flächenverbrauch durch Parkplätze deutlich reduzieren: „Wir wollen künftig verhindern, dass große Parkplätze, beispielsweise von Supermärkten, wertvolle Flächen ebenerdig verbrauchen. Mit der angestrebten gesetzlichen Regelung wird das möglich. Bei Bauvorhaben mit einem bauordnungsrechtlichen Stellplatzbedarf von mindestens 30 Stellplätzen sollen diese grundsätzlich tief- oder mehrgeschossig errichtet werden.“

Der Ministerin ist es, wie sie sagte, „ein wichtiges Anliegen, dass der Charakter unserer Heimat bewahrt und der Flächenverbrauch nicht unnötig gesteigert wird.“ Bayern will dazu zügig eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen zur Änderung der Baunutzungsverordnung. Einen wesentlichen Anteil am Flächenverbrauch haben bei großen Baumaßnahmen für zum Beispiel Nahversorger „die Parkplätze, die mitunter mehr Fläche einnehmen als die zugehörigen Gebäude selbst“, so Aigner. Da es hier um Bodenrecht geht, liegt die Zuständigkeit beim Bund.

Forderungen von SPD und Grünen sind kontraproduktiv

Denn der zentrale Hemmschuh für neue Bauinvestitionen – angesichts sehr niedriger Zinsen und viel wartendem Kapital – ist der Mangel an Bauland. Hier müssen die Kommunen deutlich aktiver werden und mehr ausweisen. An dieser Stelle zeigt sich, wie kontraproduktiv und in sich unlogisch die Politik der Grünen ist: Einerseits fordern sie im Verein mit der SPD 500.000 neue Wohnungen in sehr kurzer Frist. Andererseits wollen sie mit engen Vorgaben zum Flächenverbrauch die Kommunen daran hindern, Bauland auszuweisen. Das passt nicht zusammen. Kontraproduktiv ist – so sagen Kenner der Materie – auch der Plan der SPD im Bund, die Mitpreisbremse deutlich schärfer anzuziehen als bisher. Wenn die SPD freie Wohnbau-Investoren, die den Großteil der Wohnungen bauen, noch weiter abschreckt, wird die Politik allein die Wohnungsnot im großen Stil nicht beheben können.