Zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesinnenminister Horst Seehofer gibt es einen schwerwiegenden Konflikt über die Asylpolitik. (Foto: Imago/Thomas Köhler)
CDU/CSU

Keine Einigung in der Asylpolitik

Im Asylstreit sind sowohl CSU wie auch CDU zu Kompromissen bereit, wenn auch mit deutlichen Unterschieden. Die CSU fordert weiter die Zurückweisung von bestimmten Asylbewerbern an der Grenze – und das möglichst rasch.

In der Auseinandersetzung um die Zurückweisung von Migranten an der deutschen Grenze hat die CSU den Vorschlag von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) abgelehnt, auf eine europäische Lösung zu warten. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte am Donnerstag nach getrennten Beratungen der Abgeordneten von CDU und CSU im Bundestag, Teile des Masterplanes von Horst Seehofer stünden „in der direkten Verantwortung des Bundesinnenministers“ und sollten daher umgesetzt werden, ohne erst auf eine Einigung auf EU-Ebene zu warten.

Es sei dringend nötig, bereits in anderen EU-Staaten registrierte Flüchtlinge an der deutschen Grenze abzuweisen, „um wieder Ordnung an den Grenzen zu schaffen“, sagte Dobrindt. Dieser Schritt sei gedeckt durch deutsches und europäisches Recht. Er sagte, die CSU-Landesgruppe sei in der Frage einig und wolle diese Position nun am Montag in den CSU-Parteivorstand tragen, um dort zu einer Entscheidung zu kommen.

CDU-Präsidium will verhandeln

Aus der CDU waren zuvor verschiedene Ideen geäußert worden, um den Konflikt zu lösen. „Das Präsidium hat heute Morgen das Ziel bekräftigt, die Migrationsprozesse in Europa und die Einreise in unser Land wirksam zu steuern und zu kontrollieren“, hieß es in der kurzen schriftlichen Erklärung der CDU. Dazu biete der angekündigte Masterplan von Bundesinnenminister Horst Seehofer die nötigen Grundlagen. „Personen, deren Asylantrag in Deutschland bereits abgelehnt wurde, sollen bei einem erneuten Versuch der Einreise sofort zurückgewiesen werden“, teilte die CDU als Kompromissvorschlag mit.

Grundsätzlich stellte sich das Parteipräsidium hinter die Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel: Man unterstütze Merkel „in ihrer Initiative, im Umfeld des Europäischen Rates mit den am stärksten vom Migrationsdruck betroffenen Ländern Vereinbarungen zu treffen, die eine Zurückweisung und Rückführung von Personen ermöglichen, die in diesen Ländern bereits Asylanträge gestellt haben“.

Eine europäische Lösung gibt es nur, wenn Deutschland auch selbst ein Signal setzt.

Markus Söder

Die CSU hat ebenfalls einen Kompromissvorschlag vorgelegt. Nach Informationen der dpa bestehen die Christsozialen darauf, festzulegen, dass auch bereits in einem anderen europäischen Land registrierte Asylbewerber an der deutschen Grenze zurückgewiesen werden – und nicht nur die in Deutschland bereits abgelehnten Asylbewerber. Zugleich unterstützt die CSU aber alle Bemühungen, auf europäischer Ebene gleichwertige Maßnahmen zu vereinbaren.

Europäische Lösungen dauern lange

Die CSU verlangt allerdings, dass die Bundesregierung schon jetzt die von Seehofer im Masterplan Migration beschriebenen unmittelbaren Maßnahmen zur Neuordnung des Asylsystems trifft. Als Begründung führten Seehofer und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder an, europäische Lösungen nähmen erfahrungsgemäß eine längere Zeit in Anspruch, wenn sie überhaupt zustande kämen.

Merkel hatte angeboten, bis zum nächsten EU-Gipfel in zwei Wochen Abkommen mit allen Ländern – vor allem im Mittelmeer-Raum – zu vereinbaren, in die Migranten zurückgeschickt werden könnten. Ministerpräsident Söder hielt der Bild zufolge dagegen: „Wir haben da kein Vertrauen und wir haben da auch keine Überzeugung, in zwei Wochen etwas zu erreichen, was in drei Jahren nicht möglich war“, sagte er. „Ganz im Gegenteil: Ich glaube, dass erst dann Bewegung in Europa kommt, wenn Deutschland einen klaren Akzent setzt und klarmacht, dass es seine eigenen Grenzen besser schützen kann“, sagte er. Söder betonte: „Bei der Zuwanderung dürfen wir keine halbe Sachen mehr machen.“ Wichtig sei: „Wir müssen jetzt endlich wieder Ordnung schaffen. Wir müssen dafür sorgen, dass europäisches und deutsches Recht wieder angewandt wird.“

Noch keine Lösung in Sicht

Eine Lösung der Differenzen ist also noch nicht in Sicht. Am späten Mittwochabend waren beide Seiten ohne Einigung auseinandergegangen. Wie die Mehrheit der CDU-Abgeordneten tendiert, ist nicht sicher. In einer Sitzung der Unionsfraktion in Berlin am Dienstagabend hatte Merkel nach Angaben von Teilnehmern keine sichtbare Unterstützung für ihre Kritik an Seehofers Plänen erhalten. Bei einer Umfrage der Bild am Donnerstag unter den 246 Bundestagsabgeordneten der Union haben sich nur drei CDU-Politiker klar zur Kanzlerin gestellt, aber 33 CDU-Abgeordnete sowie alle CSU-Abgeordneten dagegen. Die übrigen Parlamentarier hatten nicht auf die Anfrage geantwortet. Etliche Unions-Ministerpräsidenten und CDU-Länderchefs stehen auf Seehofers Seite, Armin Laschet (NRW) und Daniel Günther (Schleswig-Holstein) unterstützen Merkel.

Wir müssen endlich verstehen, dass wir in Deutschland einen Systemfehler haben, den wir beheben müssen.

Nikolas Löbel, CDU

Aus der Unionsfraktion kam die Forderung, den Streit mit einer internen Kampfabstimmung oder gar einer Vertrauensfrage zu klären. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Axel Fischer sagte Bild: „Seit 2015 diskutieren wir über dieses Thema. Irgendwann muss man Entscheidungen treffen, notfalls auch mit einer Vertrauensfrage.“

Nikolas Löbel von der Jungen Gruppe in der Unionsfraktion schlug vor, die Grenzen vorübergehend zu schließen, bis der Schutz der EU-Außengrenzen gewährleistet sei und es Aufnahmezentren in Nordafrika gebe. „Wir müssen endlich verstehen, dass wir in Deutschland einen Systemfehler haben, den wir beheben müssen“, so Löbel zum Münchner Merkur. „Wer deutschen Boden einmal betreten hat, den werden wir quasi nicht mehr los, obwohl er kein Bleiberecht hat.“