Streitthema: Grundgesetz und Paragraf 219a. (Bild: Imago/Steinach)
Abtreibung

„Kein x-beliebiges Konsumprodukt!“

Werbung für Schwangerschaftsabbrüche verstößt nach Ansicht von Bayerns Justizminister Winfried Bausback klar gegen den verfassungsrechtlich gewährleisteten Schutz ungeborenen Lebens. Informationen dürfe es nur ohne Erwerbsinteresse geben.

Die Union hat verärgert auf die Drohung des Koalitionspartners SPD reagiert, sich im Streit über das sogenannte Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche mit den Fraktionen von Linken, Grünen und FDP zusammenzutun. Die Spitzen der Unions-Fraktion wiesen die Fristsetzung des SPD-Vorstands als unzulässig zurück. Dieser hatte nach dem jüngsten SPD-Parteitag in Wiesbaden überraschend damit gedroht, bei dem Thema mit „reformwilligen“ Fraktionen oder Abgeordneten im Bundestag gemeinsame Sache zu machen, wenn bis zum Herbst kein Kompromiss stehe. Eine Änderung solle dann etwa über eine Bundestagsabstimmung ohne Fraktionszwang erreicht werden.

SPD probt den Koalitionsbruch

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warnte die SPD davor, in der Frage mit anderen Fraktionen zu kooperieren. „Man sollte sich nicht zu oft nach anderen Partnern umschauen.“ Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) mahnte: „In einer Koalition muss das gelten, was man miteinander verabredet hat.“ Es könne in einer Koalition nicht sein, „dass einer dem anderen Fristen setzt“. Deswegen weise er den SPD-Beschluss zurück. „So kann man nicht miteinander umgehen.“

Ich will nicht, dass für Schwangerschaftsabbrüche genauso reißerisch Werbung gemacht werden darf, wie für ein x-beliebiges Konsumprodukt!

Winfried Bausback

Hintergrund des Streits ist die Verurteilung einer Ärztin aus Gießen, die auf ihrer Internetseite darauf hingewiesen hatte, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornimmt. Der Paragraf 219a im Strafgesetzbuch verbietet jedoch Werbung für Abtreibungen. Gegner der Regelung argumentieren, dass damit auch sachliche Informationen für ungewollt schwangere Frauen verhindert würden. Die SPD will diesen daher reformieren oder abschaffen. Sie hatte zu dem Thema bereits einen Antrag vorgelegt. In der Union gibt es dagegen aber große Vorbehalte. Um die große Koalition nicht zu gefährden, ließ die SPD bisher nicht abstimmen. Stattdessen hatte die Bundesregierung angekündigt, nach einer Lösung zu suchen.

Werbeverbot im Bundesrat

Der Bundesrat hat nun einen Gesetzentwurf der links regierten Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg und Thüringen zur Abschaffung des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche beraten. Bayerns Justizminister Winfried Bausback sagte hierzu: „Ich lehne den Gesetzesvorschlag ganz klar ab! Ich will nicht, dass für Schwangerschaftsabbrüche genauso reißerisch Werbung gemacht werden darf, wie für ein x-beliebiges Konsumprodukt! Das verstieße ganz klar gegen den Geist unserer Gesetze und unserer Verfassung!“

Auch das Ungeborene steht unter dem Schutz der Verfassung und hat auch gegenüber der Mutter ein Recht auf Leben.

Volker Ullrich

Nach geltendem Recht solle die Beratung das ungeborene Leben schützen und Frauen dazu ermutigen, ihr Kind auszutragen. Vor diesem Hintergrund sei das Werbeverbot aus tatsächlichen und verfassungsrechtlichen Gründen unverzichtbar: „Es geht um nichts weniger als den verfassungsrechtlich gewährleisteten Schutz ungeborenen Lebens! Die Aufhebung wäre deshalb für Frauen, die sich in dieser schwierigen Situation befinden, nicht nur ein falsches Signal, sie stünde auch in krassen Widerspruch zum bisherigen Beratungsmodell!“ Man könne nicht eine auf Lebensschutz ausgerichtete Beratung verlangen, und gleichzeitig erlauben, dass die Entscheidungsfindung der Schwangeren durch Werbung in entgegengesetzter Weise beeinflusst werde.

„Die Interessen der Ärzte, die Abtreibungen durchführen, müssen hinter den Rechten des ungeborenen Kindes zurückstehen“, betonte kürzlich die CSU-Rechtspolitikerin Silke Launert im BAYERNKURIER. „Würde man die bestehende Regelung abschaffen, käme es zu einer Verharmlosung und Kommerzialisierung von Schwangerschaftsabbrüchen“, so Launert. „Auch das Ungeborene steht unter dem Schutz der Verfassung und hat auch gegenüber der Mutter ein Recht auf Leben“, sagte Volker Ullrich, der innen- und rechtspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe.

Information muss neutral sein

Bayerns Justizminister betont: „Natürlich sollen sich Frauen uneingeschränkt informieren können. Natürlich sollen auch Ärztinnen und Ärzte ihrer Aufklärungspflicht nachkommen können. Unser Strafrecht schränkt diese neutrale, von Erwerbsinteressen unabhängige Information jedoch in keinster Weise ein!“ Nur die Verknüpfung öffentlicher Information mit wirtschaftlichen Interessen dürfe auch weiterhin nicht zulässig sein, gerade im Interesse der Patienten. „Denn Neutralität und Verlässlichkeit der Informationen sind immer dann gefährdet, wenn Erwerbsinteressen eine Rolle spielen“, so Bausback.