Wer sich nicht um Jobangebote kümmert, dem kann die Hartz IV-Regelleistung gekürzt werden. (Bild: Imago/Ralph Peters)
Hartz IV

Wir verlangen nicht zu viel

Kommentar Die Sanktionen insbesondere gegen junge Hartz-IV-Bezieher sollen nach dem Willen der SPD auf den Prüfstand. Dafür besteht jedoch kein überzeugender Grund. Arbeitslose zu fordern, ist das tragende Element von Hartz IV – und muss es bleiben.

Die SPD hält eine Entschärfung der Hartz-IV-Sanktionen für junge Menschen für geboten – das sagen sowohl die SPD-Fraktionschefin und frühere Arbeitsministerin Andrea Nahles als auch ihr Nachfolger als Arbeitsminister, Hubertus Heil, der eine Prüfung der Hartz-IV-Sanktionen angekündigt hat.

Im Moment können die Hartz IV-Bezüge gekürzt werden, wenn Betroffene ihre Mitwirkungspflichten nicht erfüllen, ein Jobangebot oder eine Fortbildung verweigern oder wenn jemand einen Termin beim Jobcenter ohne Angabe eines wichtigen Grundes nicht wahrnimmt (Kürzung um zehn Prozent). Menschen unter 25 Jahren trifft es härter: Das Gesetz sieht bei Jugendlichen bereits beim ersten Verstoß, der über ein Meldeversäumnis hinausgeht, eine hundertprozentige Streichung der Regelleistung vor – für drei Monate. Kommt innerhalb eines Jahres noch ein Verstoß dazu, wird auch das Geld fürs Wohnen gestrichen.

Aber ist eine Überprüfung der Sanktionen wirklich notwendig? 2017 ist deren Zahl bei insgesamt 4,36 Millionen Hartz-IV-Empfängern um rund 13.700 auf knapp 953.000 gestiegen, im Vergleich zu 2015 aber um 24.000 gesunken. „Die allermeisten Leistungsberechtigten halten sich an die gesetzlichen Spielregeln. Nur ein ganz geringer Teil wird überhaupt sanktioniert“, sagte Detlef Scheele, Chef der Bundesagentur für Arbeit. Diese Personen trifft es oft mehrfach, wodurch die Zahl der tatsächlich Sanktionierten erheblich niedriger liegt.

Wichtig ist außerdem: Rund drei Viertel der Sanktionen werden verhängt, weil jemand einen Termin beim Jobcenter versäumt hat. Aber auch Arbeitnehmer müssen Termine einhalten, beispielsweise jeden Tag pünktlich zur Arbeit erscheinen. Wer dies wiederholt nicht schafft, dem kann gekündigt werden. Von zu harten Sanktionen kann also bei Hartz-IV-Beziehern nicht gesprochen werden. Die Gesellschaft kann eine solche Gegenleistung für ihre finanzielle Hilfe nun wirklich erwarten.

Unser Sozialsystem braucht Regeln, denn es verteilt keine Sterntaler, die vom Himmel fallen, sondern Steuergelder, die arbeitende Bürger erwirtschaften müssen. Niemand könnte Steuerzahlern erklären, warum für sie Regeln gelten, aber für Hartz-IV-Bezieher nicht. „Unmenschlich“, wie die Linken behaupten, sind Sanktionen jedenfalls ganz sicher nicht.

Natürlich gibt es einzelne Gruppen, wie insbesondere Alleinerziehende, für die diese Regeln überdacht werden sollten. Aber das System der Sanktionen an sich bedarf keiner Prüfung. „Wir können jetzt nicht das tragende Element des Forderns von Arbeitslosen aufweichen“, sagte CSU-Chef Horst Seehofer bereits 2014.

Und warum sollte man ausgerechnet bei jungen Erwachsenen die Sanktionen aufweichen? Gerade hier liegt oft der Beginn einer sogenannten „Hartz IV-Karriere“, die sich im schlechtesten Fall über Jahrzehnte erstrecken könnte. Zudem haben junge Menschen noch alle Möglichkeiten, einen Weg in den Arbeitsmarkt zu finden.

Und noch etwas spricht gegen die Pläne der SPD: Seit 2015 sind hunderttausende Migranten ins Land gekommen, meist junge Männer, mangels Schul- oder Berufsausbildung sehr oft Hartz-IV-Bezieher. Aufgeweichte Sanktionen würden bedeuten, dass sich auch diese Gruppe dauerhaft in Hartz IV fallen lassen könnte. Dabei ist es schon jetzt schwierig genug, Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren.