Auch bei der Palästinenser-Demo in Berlin Ende 2017 gegen die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels gab es antisemitische Parolen und Aufrufe zum Angriff auf Israel. (Bild: Imago/Uwe Steinert)
Asylrecht

Schulterschluss gegen Antisemitismus

Das Bundesinnenministerium hat sich hinter die Forderung des Zentralrates der Juden gestellt, das Bleiberecht antisemitischer Migranten aufzuheben. Zudem soll Dschihadisten die Staatsbürgerschaft entzogen werden.

Das Bundesinnenministerium hat sich hinter die Forderung des Zentralrats der Juden gestellt, Migranten im Fall von antisemitisch motivierten Gewalttaten das Bleiberecht zu entziehen. Er könne den Präsidenten des Zentralrats, Josef Schuster, in dieser Frage nur „nachdrücklich“ unterstützen, sagte Staatssekretär Stephan Mayer der Welt. „Denn derjenige bringt dadurch zum Ausdruck, dass er sich gegen Grundwerte und Überzeugungen unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung stellt.“

Bereits die letzte Große Koalition hatte in Paragraf 54 des Aufenthaltsgesetzes eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen. Demnach kann ein ausländischer Staatsbürger ausgewiesen werden, wenn er zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde oder die Integration „in verwerflicher Weise“ stört. Das gilt auch für Personen, die zu Hass aufrufen oder die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder die freiheitlich demokratische Grundordnung gefährden.

Wer unseren gesellschaftlichen Konsens bewusst und mehrmals verletzt, der sollte sein Bleiberecht verwirken.

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden

Schuster hatte nach den jüngsten antisemitischen Vorfällen an deutschen Schulen durch Muslime und zunehmender Gewalt gegen Juden in der Welt am Sonntag vorgeschlagen, antisemitische Migranten über gesetzliche Verschärfungen notfalls auszuweisen: „Wer unseren gesellschaftlichen Konsens bewusst und mehrmals verletzt, der sollte sein Bleiberecht verwirken.“ Er fürchte, dass es mit Ermahnungen und Geldstrafen nicht getan sei. Für die Neuankömmlinge müsse Ähnliches gelten: „Wer hier leben will, muss sich an unsere Werte und Traditionen halten. Wer nicht bereit ist, unsere gesellschaftlichen Normen zu akzeptieren, der sollte kein dauerhaftes Bleiberecht in diesem Land erhalten.“ Im vergangenen Jahr wurden bundesweit 1453 Straftaten gegen Juden oder jüdische Einrichtungen registriert.

Doppelte Staatsbürgerschaft prüfen

Das Innenministerium will überdies zügig die doppelte Staatsbürgerschaft gesetzlich neu regeln, damit Dschihadisten der deutsche Pass entzogen werden kann. Staatssekretär Mayer rechnete hier mit einem Gesetzentwurf „auf jeden Fall im ersten Jahr der Regierung“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Als Dschihadisten werden radikale Islamisten bezeichnet, die etwa einem Terror-Netzwerk oder einer Terrormiliz angehören. Auch soll die Liste der sicheren Herkunftsstaaten verlängert werden. Neben Marokko, Tunesien und Algerien sollen auch Georgien und Armenien zu sicheren Herkunftsstaaten deklariert werden. 2017 stellten 3462 Georgier und 3857 Armenier einen Asylantrag in Deutschland.

Verfrühte Debatte über Familiennachzug

Vor der Klausur des Bundeskabinetts auf Schloss Meseberg hat CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer die SPD für ihre Haltung beim Thema Familiennachzug kritisiert. „Die Sozialdemokraten stehen immer noch neben der Spur. Ich rate ihnen zu mehr Gelassenheit“, sagte er vor der Sitzung des CSU-Vorstands in München.

Die Integrationsfähigkeit unseres Landes hat doch inzwischen für jedermann ersichtlich eine Grenze.

Alexander Dobrindt

Seehofer sagte, es gehe darum, Positives für das Land voranzubringen. Bei seinem Gesetzentwurf zum Familiennachzug von Flüchtlingen mit eingeschränktem (subsidiären) Schutz habe er sich „strikt“ an den Koalitionsvertrag gehalten. Er verstehe zudem die vom Koalitionspartner SPD ausgelöste Debatte in diesem Verfahrensstadium nicht, da noch die Ressortanhörung anstehe. Der Sinn dieses Abstimmungsprozesses zwischen den Ministerien sei schließlich, dass alle Beteiligten ihre Vorstellungen einbringen könnten.

Im Streit um den Familiennachzug unterstützen 60 Prozent der Bundesbürger einer Umfrage des Civey-Instituts für die Welt zufolge den Kurs des Innenministers. Sie sprachen sich dafür aus, dass Seehofer bei diesem Thema den Konflikt mit der SPD suchen sollte, 35 Prozent wünschten sich einen Kompromiss.

Missbrauch einer Sonderregelung

Seehofers Gesetzesentwurf soll den Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus ab August regeln. Diese Gruppe – zu der viele Syrer gehören – kann derzeit praktisch keine Angehörigen nachholen. Laut Koalitionsvertrag wollen Union und SPD maximal 1000 Familienangehörigen pro Monat den Nachzug erlauben. Seehofer sagte, er wolle zwar nicht, dass diese Zahl überschritten werde. Es sei aber „eine Unterstellung, dass wir darauf hinarbeiten, dass die deutlich unterschritten“ würde. „Zudem wollen wir keine Zuwanderung in die Sozialsysteme. Das ist auch jetzt schon klare Regel im geltenden Recht.“

SPD-Vize Ralf Stegner hatte in der Bild am Sonntag gefordert, wenn in einem Monat weniger als 1000 Angehörige kämen, dann müssten die nicht genutzten Plätze auf andere Monate übertragen werden können. „Sonst könnte man durch Verwaltungsverzögerungen den Familiennachzug politisch boykottieren.“ CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wies dies zurück. „Wer jetzt danach ruft, das Kontingent zwingend auszuschöpfen, versucht eine humanitäre Sonderregelung für mehr Zuwanderung in unsere Sozialsysteme zu missbrauchen.“ Die Kritik an dem Gesetzentwurf sei falsch. Die Integrationsfähigkeit des Landes habe „doch inzwischen für jedermann ersichtlich eine Grenze“.

Rückendeckung durch die Kommunen

Von kommunaler Seite bekam Seehofer ebenfalls Unterstützung. So sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, der Rheinischen Post, der vorläufige Schutzstatus bedeute eben gerade, „dass die Menschen nur vorübergehend bei uns bleiben und bald zurückkehren sollen“. Landsberg mahnte auch, die Kommunen dürften nicht überfordert werden, viele von ihnen seien längst an ihre Kapazitätsgrenzen gekommen.