CSU-Parteivorsitzender und Bundesinnenminister Horst Seehofer. (Foto: BK/Nikky Maier)
Migration

Seehofer setzt Koalitionsvertrag bei Familiennachzug um

Maximal 1000 Angehörige von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutz dürfen künftig monatlich nach Deutschland kommen. In einem Gesetzentwurf legt das Bundesinnenministerium jetzt genau fest, für wen das gelten soll und wer davon ausgeschlossen ist.

Für den Familiennachzug von eingeschränkt Schutzberechtigten, die im Regelfall nicht dauerhaft in Deutschland bleiben und aktuell vor allem aus dem Irak und Syrien kommen, sollen künftig äußerst strenge Regeln gelten. Dies geht aus einem Gesetzentwurf des von CSU-Chef Horst Seehofer geführten Bundesinnenministeriums hervor. In dem „Familiennachzugsneuregelungsgesetz“ soll festgelegt werden, „dass aus humanitären Gründen monatlich bis zu 1000 ausländische Familienangehörige zu subsidiär Schutzberechtigten in das Bundesgebiet zuziehen können“. Damit, so heißt es in dem 20-seitigen Papier, werde dieser Personengruppe eine „legale Einreisemöglichkeit“ eröffnet.

Subsidiär Schutzbedürftige

Der subsidiäre Schutz greift ein, wenn weder der Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention noch die Asylberechtigung nach dem Grundgesetz gewährt werden können und im Herkunftsland ernsthafter Schaden droht.

Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

Die Aufenthaltserlaubnis wird für ein Jahr erteilt und kann maximal zweimal um jeweils zwei Jahre verlängert werden.

Quelle: BAMF

Nachzug nur für die Kernfamilie

Laut dem Gesetzesentwurf sollen künftig lediglich Ehepartner, Eltern minderjähriger Kinder und minderjährige unverheiratete Flüchtlinge nachzugsberechtigt sein: „Sonstige Familienangehörige, einschließlich Geschwister, fallen nicht unter den Anwendungsbereich der Neuregelung.“ Ausgenommen vom Nachzug bleiben auch Personen, deren Ehen nicht im Herkunftsland geschlossen wurden. Das Gesetz bietet darüber hinaus die Möglichkeit, „den Nachzug von Familienangehörigen zu zurückgekehrten Jihadreisenden, terroristischen Gefährdern, Hasspredigern und Leitern verbotener Vereine zu versagen“.

Auch Empfängern von Sozialleistungen kann dem Gesetzentwurf zufolge untersagt werden, Angehörige nach Deutschland zu holen. Der Familiennachzug könne untersagt werden, wenn derjenige, zu dem der Nachzug erfolgen soll, „für den Unterhalt von anderen Familienangehörigen oder anderen Haushaltsangehörigen auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Sozialgesetzbuch angewiesen sind“, heißt es dazu.

Der Familiennachzug für Flüchtlinge, die nur vorübergehend bei uns bleiben können, wäre ein Irrweg. Wer seine Familie zu sich nach Deutschland geholt hat, kehrt doch nie wieder in sein Heimatland zurück.

Horst Seehofer, CSU-Vorsitzender

Subsidiär Schutzberechtigte dürfen seit März 2016 keine Familienangehörigen mehr nach Deutschland holen. Diese Regelung hatte die Große Koalition zuletzt bis Ende Juli verlängert. Union und SPD hatten vereinbart, bis dahin eine neue gesetzliche Regelung zu finden. Laut Koalitionsvertrag sollen künftig maximal 1000 Familienangehörige von subsidiär Schutzbedürftigen pro Monat nach Deutschland einreisen dürfen. Zudem hatten sich Union und SPD darauf geeinigt, dass die Zuwanderung eine Zahl zwischen 180.000 und 220.000 Migranten pro Jahr nicht überschreiten dürfe. „In dieser Spanne soll auch der Familiennachzug berücksichtigt werden“, schreibt dazu nun das Innenministerium. Für die Steuerung der Einreisen sollen die durch die deutsche Botschaften und Konsulate ausgestellten Visa dienen.

Staatssekretär verteidigt Gesetzentwurf

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium Stephan Mayer (CSU) verteidigte den Gesetzentwurf gegen Kritik der Opposition: Der auf der Koalitionsvereinbarung fußende Gesetzentwurf treffe eine sachgerechte Interessenabwägung. Auf der einen Seite stünden Asylberechtigte und Flüchtlinge, die nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt sind. Ihnen werde uneingeschränkt Familiennachzug gewährt. Auf der anderen Seite stünden Menschen, denen Schutz nur auf Zeit gewährt werde, bis zum Ende der Bedrohungssituation. „Die geplante Neuregelung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten greift genau diesen Unterschied auf“, sagte Mayer im Interview mit der Passauer Neuen Presse. Der Integrationsbedarf beider Gruppen sei unterschiedlich.

Zudem sei der Familiennachzug schon bisher grundsätzlich nur Angehörigen der Kernfamilie gewährt worden, das heißt dem Ehepartner, dem minderjährigen ledigen Kind und den Eltern eines in Deutschland lebenden Minderjährigen, wenn sich kein sorgeberechtigter Elternteil im Bundesgebiet aufhält. „Die Neuregelung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten sieht keine Abweichung von diesem Grundsatz vor“, verdeutlichte der CSU-Innenexperte.

Einigung über den Familiennachzug

Schon im Koalitionsvertrag haben Union und SPD klare Regeln für den Nachzug von Angehörigen festgelegt:

„Für diese Regelung zum Familiennachzug bei subsidiär Geschützten ab dem 1. August 2018 ist die Festsetzung erfolgt, dass der Zuzug auf 1000 Personen pro Monat begrenzt ist und die Härtefallregelung nach §§ 22 und 23 Aufenthaltsgesetz jenseits dieses Kontingents Anwendung findet. Die weitere Ausgestaltung des Gesetzes obliegt den Koalitionsparteien bzw. deren Bundestagsfraktionen.

  1. Dieser  Familiennachzug wird nur gewährt,
    – wenn es sich um Ehen handelt, die vor der Flucht geschlossen worden sind,
    – keine schwerwiegenden Straftaten begangen wurden,
    – es sich nicht um Gefährder handelt,
    – eine Ausreise kurzfristig nicht zu erwarten ist
  2. Mit der gesetzlichen Neuregelung wollen wir Anreize ausschließen, die dadurch entstehen, dass Minderjährige von ihren Eltern unter Gefährdung des Kindeswohls zukünftig auf die gefährliche Reise vorgeschickt werden.
  3. Mit der gefundenen Lösung zum Familiennachzug werden fortan subsidiär Geschützte im Rahmen des Kontingents eine ungefährliche Möglichkeit auf Familiennachzug ihrer Kernfamilie haben. Die Einstufung gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention soll sachgerecht erfolgen.“