Horst Seehofer und Angela Merkel in der Bundespressekonferenz. Foto: imago
Bundesregierung

Neue Regierung. Neue Politik.

Kommentar Die neue Große Koalition hat nicht nur neue Minister und Staatssekretäre zu bieten, sondern auch einen veränderten Kurs in wichtigen Politikfeldern. "Ein Weiter-so gibt es nicht", sagt der künftige Bundesinnen- und Heimatminister Horst Seehofer.

Die neue Große Koalition wird eine veränderte Politik machen. Dies gilt besonders für die Bereiche Digitalisierung, Bildung, Heimat, Wohnungsbau, Entwicklungshilfe, Innere Sicherheit und das alles überragende Thema Flüchtlingspolitik. „Ein Weiter-so gibt es nicht“, sagte dazu der künftige Innenminister Horst Seehofer. Das Wahlergebnis vom 24. September sei eine klare Botschaft gewesen. „Wir haben verstanden“ lautet die Devise.

Dank der Hartnäckigkeit der CSU haben weite Teile von CDU und SPD erkannt, dass die grenzenlose Willkommenskultur von 2015 und 2016 ein Fehler war. Selbst Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht spricht wiederholt – entgegen der Linie ihrer Parteigenossen – über die Grenzen der Zuwanderung. Die Nachwirkungen der Migration sind nicht zu übersehen: Stadt- und Ortsbilder, Klassenzimmer, Kindergärten, Arbeits- und Wohnungsmarkt haben sich verändert. Insbesondere die sogenannten „kleinen Leute“ spüren längst Konkurrenz durch die Migranten, das zeigte zuletzt auch die Debatte um die Essener Tafel. Obendrein hat sich das Sicherheitsempfinden durch schwere Straftaten verschlechtert. Ein Stück Unbeschwertheit ist durch die Fälle in Kandel, Freiburg, Prien, Bonn oder Höhenkirchen, aber auch Köln, verloren gegangen.

Der Zuwanderungsdruck hält an: nach wie vor kommen rund 180.000 Menschen pro Jahr ins Land, das entspricht der Bevölkerung einer Großstadt. Die Reduzierung dieser Zahlen hat deshalb nach wie vor oberste Priorität. Man sollte aber auch endlich die Debatte darüber führen, welche Zuwanderer wir nicht wollen. Die Augen vor islamischen Parallelwelten zu verschließen, bringt dabei niemand weiter. Horst Seehofer hat bereits angekündigt, mit einem Masterplan schnellere Abschiebungen und „null Toleranz gegenüber Straftätern“ durchzusetzen. Besonders bei Straftätern und Gefährdern unter den Asylbewerbern müsse man härter durchgreifen. Als Bundesinnenminister werde er für einen starken Staat und mehr Wertschätzung für Polizisten sorgen. Das Regierungsprogramm habe aber auch eine kräftige soziale Dimension. „Niemand kann jetzt mehr sagen: Für die Flüchtlinge habt ihr Geld und für uns nicht.“

„Wenn er das mit einem Masterplan angehen will, ist das ein gutes Zeichen für Deutschland und für die Akzeptanz des Asylrechts“, kommentierte die neue CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer Seehofers Vorschlag. Defizite im Vollzug kenne sie aus ihrer eigenen Praxis als frühere Innenministerin im Saarland. Es ist gut, dass die CDU-Generalsekretärin auf diesem wichtigen Gebiet eigene Erfahrungen hat, denn gerade der Praxisbezug hat vielen CDU- und SPD-Ministern der letzten Regierung offenbar gefehlt, Stichwort Berliner Elfenbeinturm. Gut ist auch diese Personalie: Jens Spahn (CDU) nimmt bekanntlich kein Blatt vor den Mund, um Probleme durch Asylbewerber und Flüchtlinge offen anzusprechen. „Durch die Flüchtlings- und Migrationsbewegungen der letzten zweieinhalb Jahre wurden Probleme offenkundig, die vorher schon da waren“, sagte er jüngst in der WAZ. Spahn sitzt künftig ebenfalls am Kabinettstisch.

Die Neuköllner Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), demnächst Familienministerin, hat Erfahrungen in einem Berliner Problembezirk gesammelt und ist ebenfalls nicht bekannt für einen Schmusekurs mit Migranten. „Fordern und fördern“, diese alte CSU-Haltung hat sich durchgesetzt. Dass tatsächlich ein Umdenken einsetzt, zeigt auch die SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig aus Mecklenburg-Vorpommern: „Wir alle, auch die SPD, müssen uns eingestehen, dass wir die Debatte über faktische Grenzen der Integration stärker und ehrlicher mit den Leuten führen müssen“, sagte sie. Hört, hört!

Natürlich müssen den richtigen Worten jetzt auch die richtigen Taten folgen. Ich bin überzeugt, diese neue Bundesregierung steht für eine neue Politik.