Im Straßenbild irgendwie beklemmend, auf bayerischen Richterbänken weiterhin verboten: Moslemische Kopftücher. (Foto: Imago/Christian Ditsch)
Urteil

Rechtsprechung ohne Kopftuch

Die bayerische Justiz bleibt neutral: Rechtsreferendarinnen dürfen bei der „Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung“ weiterhin keine Kopftücher tragen. Der Verwaltungsgerichtshof gab damit Justizminister Winfried Bausback recht.

Erfolg für den Freistaat vor Gericht: Das Kopftuchverbot für muslimische Rechtsreferendarinnen in Bayern ist zulässig. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München hob eine frühere Entscheidung des Augsburger Verwaltungsgerichts auf. Dieses Urteil bedeutet, dass das bayerische Justizministerium von Minister Winfried Bausback (CSU) das Recht hatte, Rechtsreferendarinnen das Tragen von Kopftüchern aus religiösen Gründen zu untersagen – und zwar bei der „Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung“. Der Freistaat begründet das Kopftuchverbot mit der Neutralitätspflicht der Gerichte.

Es wird in Bayern auch künftig keine Rechtsreferendarinnen geben, die auf der Richterbank, beim staatsanwaltschaftlichen Sitzungsdienst oder bei sonstigen hoheitlichen Tätigkeiten ein Kopftuch tragen.

Winfried Bausback (CSU), Bayerns Justizminister

„Es ist erfreulich, dass der Verwaltungsgerichtshof unserer Argumentation gefolgt ist und die Klage abgewiesen hat. Es wird in Bayern auch künftig keine Rechtsreferendarinnen geben, die auf der Richterbank, beim staatsanwaltschaftlichen Sitzungsdienst oder bei sonstigen hoheitlichen Tätigkeiten ein Kopftuch tragen“, erklärte Bausback zu dem Urteil. Der VGH hob damit eine frühere Entscheidung des Augsburger Verwaltungsgerichts auf.

Neues Richtergesetz verpflichtet zur Neutralität

Eine junge moslemische Juristin hatte gegen das Verbot geklagt und 2016 zunächst vor dem Augsburger Verwaltungsgericht gegen den Freistaat gewonnen. Die damals 24 Jahre alte Frau hatte 2014 bei der Anstellung zum sogenannten juristischen Vorbereitungsdienst vom Dienstherrn die Auflage bekommen, dass sie „bei Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung“ kein Kopftuch tragen darf. Dies betraf insbesondere die Teilnahme als Vertreterin der Staatsanwaltschaft in Prozessen oder die Vernehmung von Zeugen.

Das Justizministerium begründete das Verbot von Kopftüchern mit der Neutralitätspflicht der Gerichte. Der Freistaat wolle keine Zweifel an der Neutralität von Gerichten und Staatsanwaltschaften aufkommen lassen und sehe deswegen Kopftücher auf der Richterbank als undenkbar an. Die Augsburger Richter bemängelten damals allerdings, dass für solch einen weitreichenden Eingriff in die Religionsfreiheit eine einfache Behördenauflage nicht ausreiche, sondern ein Gesetz nötig sei.

Egal ob Richter, Staatsanwalt oder Rechtsreferendar: Es darf für die Bürger schon nicht der Eindruck entstehen, ein Entscheider in unseren Gerichtssälen könnte sich von etwas anderem leiten lassen als von den Gesetzen in unserem Land.

Winfried Bausback

Im Februar beschloss der Bayerische Landtag genau so ein Gesetz: das neue Richter- und Staatsanwaltsgesetz, das am 1. April in Kraft tritt. Wie Justizminister Bausback erklärt, ist im neuen Richter- und Staatsanwaltsgesetz „ausdrücklich klargestellt, dass Richter und Staatsanwälte keine religiös oder weltanschaulich geprägte Kleidung oder Symbole sichtbar tragen dürfen.“ Bausback stellt klar: „Dies gilt selbstverständlich auch für Rechtsreferendare, soweit sie als Repräsentanten staatlicher Gewalt auftreten und als solche wahrgenommen werden.“

Religiöse Zeichen über der Robe verboten

Laut dem neuen bayerischen Richtergesetz sind beispielsweise moslemische Kopftücher, jüdische Kippas oder sichtbare Kreuze über der Robe untersagt. Minister Bausback betont: „Es ist für das Vertrauen der Bürger in die Unabhängigkeit und Neutralität der Justiz unabdingbar, dass schon das äußere Erscheinungsbild nicht den geringsten Anschein von Voreingenommenheit erweckt. Egal ob Richter, Staatsanwalt oder Rechtsreferendar: Es darf für die Bürger schon nicht der Eindruck entstehen, ein Entscheider in unseren Gerichtssälen könnte sich von etwas anderem leiten lassen als von den Gesetzen in unserem Land.“ Das Verbot gelte hingegen nicht für Kreuze an den Wänden von Gerichtssälen, betonte Bausback im BAYERNKURIER: Schließlich fälle nicht die Wand, sondern die Richter die Urteile.

In der Verhandlung vor dem Bayerischen VGH spielte ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts über einen ähnlich gelagerten Fall aus Hessen eine wichtige Rolle. Die Karlsruher Richter hatten im Juni 2017 in einem Eilverfahren entschieden, dass eine hessische Rechtsreferendarin bei Verhandlungen nicht mit ihrem Kopftuch auf der Richterbank sitzen dürfe. Die damalige Entscheidung sei auch für den vergleichbaren Fall in Bayern maßgeblich, erklärte Bayerns Oberlandesanwältin Elisabeth Steiner in der VGH-Verhandlung. Die muslimische Studentin, die gegen das bayerische Verbot geklagt hatte, bestritt hingegen, dass ihr Fall mit dem aus Hessen vergleichbar sei.