Schatten des abgehängten Kreuzes an der Wand eines deutschen Gerichtes. (Bild: Imago/Becker&Bredel)
Kopftücher

Nur Recht und Gesetz

Richter und Staatsanwälte in Bayern dürfen in Verhandlungen weiterhin keine Kopftücher tragen. Dies geht aus dem neuen Richtergesetz hervor, das der Landtag am Donnerstag verabschiedet hat. Davon unberührt bleiben Kruzifixe in den Gerichtssälen.

Laut dem neuen Richtergesetz dürfen Richter und Staatsanwälte bei allen Amtshandlungen mit Außenkontakt „keine sichtbaren religiös oder weltanschaulich geprägten Symbole oder Kleidungsstücke tragen, die Zweifel an ihrer Unabhängigkeit, Neutralität oder ausschließlichen Bindung an Recht und Gesetz hervorrufen können“. Das bedeutet: keine Kopftücher, keine Kippas, keine sichtbaren Kreuze über der Robe.

Es muss nach außen klar erkennbar sein, dass unsere Richter und Staatsanwälte nur an Recht und Gesetz gebunden sind.

Winfried Bausback, Bayerns Justizminister

Justizminister Winfried Bausback (CSU) betonte: „Es muss nach außen klar erkennbar sein, dass unsere Richter und Staatsanwälte nur an Recht und Gesetz gebunden sind.“ Dies sei für das Vertrauen der Bürger in die Unabhängigkeit und Neutralität des Rechtsstaats „unabdingbar“. Ein ähnliches Gesetz hatte im vergangenen Jahr der Landtag von Baden-Württemberg verabschiedet.

Urteil gab den Anstoß

Anlass für die Reform war eine Klage einer muslimischen Juristin aus Augsburg. Sie hatte entgegen der Anweisung des Oberlandesgerichtes München, wo sie ihre Referendarausbildung absolvierte, ihr Kopftuch bei Auftritten „mit Außenwirkung“ nicht abnehmen wollen, weil sie es als religiöse Pflicht ansah. Die Gerichte entschieden, dass die Auflage rechtswidrig war, weil es an einer Rechtsgrundlage fehle. Die vom OLG genannte Dienstanweisung aus dem Jahr 2008 reiche nicht aus. Die Rechtsgrundlage wird nun durch die Gesetzesreform geschaffen.

Kreuz im Gerichtssaal bleibt

Von der Novelle ausgenommen sei aber weiterhin das Kreuz in Gerichtssälen, dieses dürfe weiter hängen bleiben, sagte Bausback. Religiös geprägte Kleidung und Symbole durch Richter und Staatsanwälte auf der einen Seite und das Kruzifix im Gerichtssaal auf der anderen Seite seien „zwei getrennte Fragestellungen“, heißt es aus dem Justizministerium. Bausback hatte bereits im Herbst 2017 in der Passauer Neuen Presse betont, dass die Kreuze Ausdruck der kulturellen Identität Deutschlands seien. „Und das wird auch so bleiben“, so der Minister. Er begründete das so: „Die Wand, an der das Kreuz hängt, trifft keine Entscheidung. Entscheidungen treffen im Gerichtssaal allein die Richter und Staatsanwälte.“

Die Wand, an der das Kreuz hängt, trifft keine Entscheidung.

Winfried Bausback

Zudem könne das Kreuz im Einzelfall abgehängt werden, wenn Verfahrensbeteiligte sich in ihrem Grundrecht der Glaubensfreiheit beeinträchtigt fühlten und darlegten, dass eine Verhandlung unter dem Kreuz für sie eine unzumutbare Belastung darstelle. Kürzlich hatte ein Richter am Amtsgericht Miesbach das Kreuz im Gerichtssaal für ein Verfahren gegen einen als islamistisch geltenden Asylbewerber aus Afghanistan abhängen lassen, weil er dem Angeklagten keinen Grund für die Ansicht liefern wollte, dass er sein Urteil „unter dem Kreuz“ erhalte.

Weisungsrecht

Das Bayerische Richtergesetz in seiner Fassung von 1977 wurde insgesamt überarbeitet und als Bayerisches Richter- und Staatsanwaltsgesetz neu gefasst. „Eine moderne Justiz ist mir seit Beginn meiner Amtszeit ein zentrales Anliegen. Mit dem neuen Richter- und Staatsanwaltsgesetz setzen wir hierfür einen weiteren Meilenstein“, so Bausback. „Wir schaffen ein zeitgemäßes Dienstrecht für eine moderne Justiz, die in der Mitte der Gesellschaft verankert ist. Damit geben wir die notwendigen Antworten auf die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft und erhalten zugleich bewährte Strukturen.“

Zu den wesentlichen Neuerungen zählt, dass die Staatsanwälte stärker in den Anwendungsbereich des Gesetzes einbezogen werden. Bausback: „Staatsanwälte sind bedeutende Organe der Rechtspflege und ganz wesentlich für unsere innere Sicherheit verantwortlich! Diese wichtige Stellung kommt jetzt noch besser zum Ausdruck.“ In diesem Zusammenhang stellt der Justizminister gleichzeitig klar: „Das Weisungsrecht gegenüber den Staatsanwälten als notwendiges Gegenstück zur politischen Verantwortung bleibt.“ Das Gesetz soll zum 1. April in Kraft treten.