Der Familiennachzug für subsidiär geschützte Flüchtlinge wird auf 1000 Menschen pro Monat beschränkt. (Symbolfoto: Imago/ITAR-TASS)
Familiennachzug

Klare Grenzen

Die kommende Große Koalition hat ihre Generalprobe im Bundestag bestanden: Mit den Stimmen von CDU, CSU und SPD hat der Bundestag den Familiennachzug für subsidiär Schutzbedürftige zunächst ausgesetzt. Ab August dürfen 1000 Menschen pro Monat kommen.

Mit 376 Ja-Stimmen von CDU, CSU und SPD hat der Bundestag in namentlicher Abstimmung die Aussetzung des Familiennachzugs für Asylbewerber mit rein subsidiärem Schutzstatus weiterhin ausgesetzt – und zwar bis Ende Juli. Ab August dürfen dann pro Monat 1000 Familienmitglieder von subsidiär aufgenommenen Flüchtlingen einreisen, plus einer eng gefassten Härtefallregelung, auf die die SPD bestanden hatte. Dies entspricht genau der Regelung im Vertrag der Großen Koalition, der noch nicht fertig ausgehandelt ist.

Die Nettozuwanderung nach Deutschland wird nicht erhöht.

Stephan Mayer, CSU-Innenexperte

Zusammen verfügen CDU, CSU und SPD über 399 Sitze. Das Ergebnis von 376 Ja-Stimmen nach einer hitzigen Debatte bedeutet damit keine hundertprozentige Abstimmungsdisziplin der künftigen Großen Koalition, finden sich doch vor allem bei Jusos und SPD-Linken viele Kritiker der Regelung. Bereits während der Debatte war zudem augenfällig, dass einige SPD-Abgeordnete nicht an der Sitzung teilgenommen hatten.

Kontingent-Abnahme läuft aus

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Stephan Mayer (CSU), nannte den Entwurf „verantwortungsvoll und angemessen“. Er werde „dem christlichen Anspruch auf Humanität gerecht, aber wir setzen auch klare Grenzen“. Das Kontingent von 1000 Nachzüglern pro Monat sei nicht willkürlich, wie Grüne, Linkspartei und FDP behauptet hatten, sondern komme daher, dass im August die Resettlement-Verpflichtung gegenüber Italien und Griechenland ausläuft, je 500 Menschen von dort pro Monat aufzunehmen.

Darüber hinaus verstehe sich der Familiennachzug von 12.000 Menschen jährlich innerhalb der von der CSU durchgesetzten Gesamtzuwanderungs-Obergrenze von 180.000 bis 220.000 pro Jahr. „Die Nettozuwanderung nach Deutschland wird dadurch nicht erhöht“, betonte Mayer. Nach Deutschland dürfte nur kommen, wer kein Gefährder sei, keine schweren Straftaten begangen habe, zudem müssten Ehen vor der Flucht geschlossen worden seien. Personen, deren Ausreise oder Abschiebung erwartet wird, seien ebenfalls ausgeschlossen, so Mayer.

„Es geht nicht um Personen, die dauerhaft in Deutschland integriert werden sollen, sondern um solche, die einen Fluchtgrund haben. Und wenn der Fluchtgrund wegfällt, endet die Aufenthaltsberechtigung“, konterte Mayer den Vorwurf von Linken und Grünen, die weiterhin starke Einschränkung des Familiennachzugs störe die Integration. Beide Parteien hatten Anträge eingebracht, die einen weitgehend schrankenlosen Zuzug vorsahen, die AfD hingegen wollte den Familiennachzug komplett verbieten lassen.

Zuzugsgrenze ist Grundbedingung für Integration

Im Gegenteil sei nach Überzeugung der CSU eine Einschränkung der Zuwanderung eine Grundbedingung für Integration, betonte der aus Altötting stammende Innenexperte. Die Parlamentsanhörungen der Kommunalverbände hätten gezeigt, dass Städte, Gemeinden und Schulen bei „ungezügelter Familienzusammenführung“ überfordert wären – wie sich jüngst in Cottbus, Salzgitter, Delmenhorst oder Wilhelmshaven zeigte, die jeweils einen Zuzugsstopp verhängten. Auch das oberfränkische Hof sah sich bereits überfordert. „Unsere Regelung bedeutet Planungssicherheit auch für Städte und Gemeinden“, so Stephan Mayer.

Mit dieser Regelung werden wir unserer großen humanitären Verpflichtung gerecht, sorgen aber gleichzeitig für die notwendige Begrenzung der Zuwanderung.

Volker Ullrich, MdB

Bei der Neuregelung sei klar, dass es weiterhin keinen Rechtsanspruch auf Familiennachzug für subsidiär Geschützte gebe, betonte die neue Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, die Aschaffenburger CSU-Abgeordnete Andrea Lindholz. „Die Entscheidung erfolgt im Einzelfall und nach Ermessen, damit können wir unsere Erwartungen verknüpfen.“ Auch die Härtefallregelung sei eng gefasst, so dass es hier keinen Missbrauch geben werde: 2017 seien nur 66 Personen über die Härtefallregelung nach Deutschland gekommen.

Kein Rechtsanspruch auf Familiennachzug

Der neue innen- und rechtspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Volker Ullrich aus Augsburg, lobte den Kompromiss ebenfalls: „Einen Anspruch auf Familiennachzug gibt es für diesen Personenkreis, der ohnehin nur zeitweilig Schutz in Deutschland erhält, nicht mehr.“ Mit dieser Regelung werde Deutschland seiner großen humanitären Verpflichtung gerecht, sorge aber gleichzeitig für die „notwendige Begrenzung der Zuwanderung“. Ulrich betonte: „Dies war ein immens wichtiger Schritt, um die Integrationsfähigkeit unserer Gesellschaft nicht zu überfordern und unsere Kommunen nicht zu überlasten und dennoch Härtefällen gerecht zu werden.“

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) betonte: „Für uns war wichtig, dass es nicht wieder zu einem Anspruch auf Familiennachzug kommt, für die SPD war wichtig, dass es überhaupt wieder Familiennachzug gibt.“ Es handle sich um einen „Kompromiss zwischen Humanität und Verantwortung, Integration und Begrenzung, Großzügigkeit und Realismus“. Union und SPD sollten diesen Kompromiss offensiv nach außen vertreten, forderte der Minister vor allem mit Blick auf die SPD. Die Zahl 12.000 pro Jahr passe auch in die Bearbeitungskapazität des Auswärtigen Amtes, dessen Vertretungen vor Ort die Papiere für den Familiennachzug ausstellen müssen. „Denjenigen, die wieder Hunderttausende befürchten, kann ich sagen: Es gibt ein Kontingent, und das wird nicht überschritten“, so de Maizière.