Schwarze Null und Entlastungen
CDU, CSU, FDP und Grüne haben sich bei den Sondierungen zu einer „Jamaika-Koalition“ darauf geeinigt, Neuverschuldung auch weiterhin zu verbieten, den „Soli“ abzuschaffen und kleinere Einkommen zu entlasten. Das entspricht vollständig dem Bayernplan.
Jamaika

Schwarze Null und Entlastungen

CDU, CSU, FDP und Grüne haben sich bei den Sondierungen zu einer „Jamaika-Koalition“ darauf geeinigt, Neuverschuldung auch weiterhin zu verbieten, den „Soli“ abzuschaffen und kleinere Einkommen zu entlasten. Das entspricht vollständig dem Bayernplan.

CDU, CSU, FDP und Grüne haben sich bei den Sondierungsgesprächen auf Leitlinien für die Finanzpolitik eines Jamaika-Bündnisses verständigt: Keine neuen Schulden. Streit droht noch bei den Themen Zuwanderung und Türkei.

Erste Hürde genommen

Mit der Einigung in Finanzfragen ist möglicherweise bereits eine hohe Hürde für Union und Liberale bei der Zusammenarbeit mit den Grünen abgeräumt. CDU, CSU und FDP hatten sich strikt gegen eine Vermögensteuer ausgesprochen, was die Grünen akzeptierten, vermutlich auch angesichts der jüngst bekanntgewordenen ifo-Studie, die die katastrophale Folgen dieser Steuer für die Wirtschaft aufzeigte.

Das, was wir im Bayernplan aufgeschrieben haben an Entlastungen bei der Einkommenssteuer, Entlastungen der Familie, Abschaffung des Soli, hat sich in einem gemeinsamen Papier wiedergefunden.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt

Als Vorgabe für eine schwarz-gelb-grüne Steuer- und Finanzpolitik wird in dem Papier neben dem ausgeglichenen Haushalt festgehalten, man sei sich einig, „dass die Schuldenbremse des Grundgesetzes eingehalten werden“ müsse. Unter diesen Vorgaben wolle man die bisherige mittelfristige Finanzplanung überprüfen und finanzielle Spielräume gemeinsam ausloten. Auf Basis dieser Spielräume sollten „Entlastungsmaßnahmen und Investitionsbedarfe bestimmt“ werden, schreiben die Verhandler. Den Investitionsbedarf in Deutschland wollen die möglichen Partner in elf Bereichen ermitteln und aufeinander abstimmen.

Einzelpunkte der geplanten Steuerentlastungen:

  • Entlastung von Familien mit Kindern sowie von Beziehern unterer und mittlerer Einkommen.
  • Abbau des Solidaritätszuschlags – wobei hier kein Zeitrahmen genannt wird. Die Union hatte bisher erklärt, sie wolle den „Soli“ ab 2020 schrittweise schnellstmöglich abschaffen. Nach der FDP soll der „Soli“ schon 2019 komplett vom Tisch sein.
  • Förderung der energetischen Gebäudesanierung, um den Energieverbrauch zu mindern. Die vorherige schwarz-gelbe Bundesregierung hatte dies bereits 2013 beschlossen, das Gesetz scheiterte aber im rot-grün dominierten Bundesrat.
  • Die Förderung des Mietwohnungsbaus. Die Union will beim Erstkauf eines Eigenheims die Grunderwerbsteuer erlassen, die FDP tritt für einen Freibetrag für Immobilien von bis zu 500.000 Euro ein.
  • Verbesserung der degressiven Steuer-Abschreibung für die Abnutzung von Anlagenkapital (AfA).
  • Einführung einer steuerlichen Forschungs- und Entwicklungsförderung.
  • Abbau von Subventionen, vor allem, wenn sie Klimazielen widersprechen.

CSU zeigt sich sehr zufrieden

Die sehr gute Haushaltslage bietet den Parteien einer möglichen Jamaika-Koalition durchaus Spielraum: Unionsexperten gehen von etwa 30 Milliarden Euro für vier Jahre aus. Die bisherigen Wünsche der vier Parteien sind aber in der Summe sehr viel teurer. Vor konkreten Festlegungen will man daher die Steuerschätzung vom 7. bis 9. November abwarten.

Ich hoffe nur, dass am Schluss nicht nur einzelne Cappuccino-Lösungen rauskommen, also Kleinstentlastungen.

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU)

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zeigte sich zufrieden. „Das, was wir im Bayernplan aufgeschrieben haben an Entlastungen bei der Einkommenssteuer, bei den Entlastungen der Familie, bei der Abschaffung des Soli, hat sich in einem gemeinsamen Papier wiedergefunden, und von daher sind wir heute zufrieden“, sagte Dobrindt in Berlin. Bayerns Finanzminister Markus Söder mahnte deutliche Steuersenkungen an. „Ich hoffe nur, dass am Schluss nicht nur einzelne Cappuccino-Lösungen rauskommen, also Kleinstentlastungen“, sagte er in München. Die Entlastungen müssen spürbar sein, „damit die Menschen auch erkennen, dass das Geld zurückgegeben wird an die Bürger“. Die Grundlinie stimme aber.

FDP-Chef Christian Lindner schrieb über das Zwischenergebnis der Sondierungen auf Twitter, daraus könne „eine finanzpolitische Trendwende werden“. CDU-Generalsekretär Peter Tauber betonte: „Es war ein langer Abend, aber er hat sich gelohnt.“ CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte: „Solche Sondierungen sind ja auch kein Wünsch-dir-Was, sondern ein Finden von gemeinsamen Schnittmengen.“

Grüne vor Zerreißprobe?

Einige Grünen-Fundis übten Kritik. Jürgen Trittin sagte, die Grünen sähen in der Einigung mit Union und FDP kein Bekenntnis zur „Schwarzen Null“. „Das steht unter dem Vorbehalt, dass wir eine Finanzplanung bekommen, und dass das finanzierbar ist.“ Auch Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter äußerte sich ähnlich.

Wenn wir nicht den Menschen garantieren können, dass Zustände wie 2015 und 2016 nicht wieder auftreten, dann können wir an einer solchen Koalition nicht teilnehmen.

Thomas Kreuzer, Vorsitzender der CSU-Landtagsfraktion

Parteichef Cem Özdemir zeigte sich hingegen optimistisch: „Immerhin, eine gemeinsame Arbeitsgrundlage gibt es.“ Das sei ein „spannendes Paket“, nun sei man „mal gespannt, was sich davon wie realisieren lässt“, sagte er in einem Internet-Video. Über Substanzsteuern, zu denen auch die Vermögensteuer gehört, sei „wie zu erwarten“ mit Union und FDP „nicht zu reden“, sagte Özdemir weiter.

Obergrenze und die Türkei-Frage

Darüber hinaus hat die CSU die strikte Begrenzung der Zuwanderung erneut zur unverhandelbaren Bedingung einer „Jamaika“-Koalition gemacht. „Wenn wir nicht den Menschen garantieren können, dass Zustände wie 2015 und 2016 nicht wieder auftreten, dann können wir an einer solchen Koalition nicht teilnehmen. Das wäre unverantwortlich, dem Land und den Menschen gegenüber“, sagte Thomas Kreuzer, Chef der CSU-Landtagsfraktion und Mitglied der Sondierungsgruppe. Grundlage für die nächste Verhandlungsrunde zu den Themen Asyl, Migration und Integration sei das von CDU und CSU vereinbarte „Regelwerk zur Migration“. Die Union, so Kreuzer, müsse auf eine Begrenzung der Zuwanderung bestehen, „mit höchstens 200.000, wenn möglich noch niedrigeren Zahlen“.

Zum Auftakt der Jamaika-Verhandlungen zum Thema Europapolitik pochte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer auf den Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sagte, die Grünen „wollen die Beziehungen zur Türkei eingefroren lassen“, aber keinen Abbruch. Aus Zeitgründen wurden umfassendere Beratungen zum Thema Europa vertagt.