Blick auf die Stadt Kronach in Oberfranken. (Bild: AS)
Heimatbericht

Ab auf`s Land

Der ländliche Raum in Bayern gewinnt immer mehr an Attraktivität. Das vierte Jahr in Folge steigt die Zahl der Geburten. Diese Entwicklung will Heimatminister Markus Söder weiter voranbringen. Wie, erklärt er bei der Vorstellung des Heimatberichtes.

Immer mehr Menschen entscheiden sich dazu, in Bayerns ländlichen Regionen zu leben, zu arbeiten oder zu studieren. In nur noch sieben der 96 Landkreise und kreisfreien Städte in Bayern ist die Bevölkerungszahl weiter rückläufig. Dazu zählen Wunsiedel im Fichtelgebirge, Bayreuth, Hof, Coburg, Neustadt an der Waldnaab, Kronach und Kulmbach mit einem Einwohnerschwund von 0,1 bis 0,3 Prozent. Das geht aus dem von Heimatminister Markus Söder (CSU) vorgestellten Heimatbericht 2016 hervor. „Der ländliche Raum in Bayern hat Zukunft. Unsere Heimatstrategie wirkt. Der Trend zeigt, dass sich wieder mehr junge Leute für das Leben auf dem Land entscheiden“, sagte Söder.

Der ländliche Raum in Bayern hat Zukunft.

Markus Söder, bayerischer Heimatminister

In allen Regierungsbezirken gebe es inzwischen wieder eine positive Bevölkerungsentwicklung. Auch in Oberfranken sei die Zahl zum ersten Mal seit 2001 wieder gestiegen (+ 0,3 Prozent). Als Gründe dafür nannte Söder die gute Arbeitsplatzsituation, Investitionen in eine schnelles Internet sowie die Dezentralisierung der Wissenschaft. Mit 2,5 Millionen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im ländlichen Raum ist die Zahl auf einem neuen Rekordniveau.

Mehr Jobs, mehr Geburten

Und auch die Zahl der Geburten steigt. Während 2015 der landesweite Zuwachs bei 3,8 Prozent lag, kamen im ländlichen Raum sogar 4,5 Prozent mehr Kinder zur Welt. Söder: „Damit haben wir im ländlichen Raum bereits das vierte Jahr in Folge steigende Geburtenzahlen.“ Ein Indiz dafür, dass sich gerade junge Familien für das Leben auf dem Land entscheiden. „Wenn du dort deinen Arbeitsplatz finden kannst und nur ein Drittel der Miete zahlst im Vergleich zu München, dann entscheidest du dich als Familie immer öfter für den ländlichen Raum“, sagte Söder. Dass in den ländlichen Regionen das Angebot an Jobs zunimmt, zeigt die Arbeitslosenquote. Sie ist mit 3,1 Prozent auf dem niedrigsten Stand und damit noch geringer als in ganz Bayern (2016: 3,5 Prozent).

Studenten erobern das Land

Ein wichtiger Faktor für die Zukunft des ländlichen Raums seien auch die zunehmenden Angebote für Studenten, sagte Söder. Im Wintersemester 2015/2016 studierten rund 37.650 junge Menschen (plus 2,1 Prozent) an einer staatlichen Hochschule für angewandte Wissenschaften im ländlichen Raum – 86 Prozent mehr Menschen als noch zehn Jahre zuvor.

Bayern profitiere zudem weiterhin vom Zuzug aus anderen Bundesländern. Landesweit seien rund 164.000 Menschen mehr nach Bayern gezogen als den Freistaat gleichzeitig verlassen hätten. Vom Wanderungsplus in Bayern entfällt über die Hälfte auf den ländlichen Raum. 98 Prozent macht die Zuwanderung aus dem Ausland aus. Über die Hälfte der Zuwanderer (56 Prozent) sind dabei Asylsuchende. Die Übrigen kommen aus dem europäischen Ausland. Die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2015. Der Anteil wird also aufgrund der Zuwanderung von immer mehr Flüchtlingen seit dem Herbst 2015 weiter zunehmen.

Einfluss auf die Psyche

Bayern sei auf den Erfolg des ländlichen Raumes angewiesen, betonte Söder. Knapp 87 Prozent aller bayerischen Städte und Gemeinden und mehr als die Hälfte der rund 12,84 Millionen Einwohner Bayerns seien hier verortet. Rund 44 Prozent der Wirtschaftskraft Bayerns würden im ländlichen Raum erwirtschaftet. „Nur mit attraktiven Arbeitsplätzen vor Ort können junge Menschen in ihrer Heimat bleiben“, sagte Söder. Aber nicht nur die Zahlen belegen, dass sich der ländliche Raum verdichtet und an Attraktivität gewinnt. Laut Söder wirkt sich die Entwicklung auch psychologisch aus. „Wer die ländlichen Regionen besucht, spürt mehr Selbstwertgefühl, mehr Ideen und Aufbruchstimmung“, sagt er. Damit das nicht verloren geht, setzt Söder auf einen „Werkzeugkasten, in dem für jeden etwas dabei ist“.

Man spürt Aufbruchstimmung.

Markus Söder, bayerischer Heimatminister

Unter dem Werkzeugkasten versteht Söder die Heimatstrategie, für die sich inzwischen sogar die Österreicher interessieren. (Lesen Sie mehr dazu: Chancen für Stadt und Land.) Neben dem Breitbandausbau und der Hochschulinitiative zählt dazu die Behördenverlagerung als zentrales Instrument der Strukturpolitik. Sie steht gerade erst am Anfang. Dabei sollen mehr als 50 Behörden und staatliche Einrichtungen mit 3155 Beschäftigten aus Ballungszentren in ländliche Regionen Bayerns verlagert werden. „Wir legen bei der Behördenverlagerung Priorität auf die Stelle und nicht auf die Person“, sagte Söder. In den kommenden zehn Jahren werden in den betroffenen Behörden mehr als ein Viertel der Mitarbeiter und damit rund 1.700 Bedienstete in den Ruhestand gehen. Dadurch kann ein Teil der Stellen im Umland neu besetzt werden.

Kritik am Anbindegebot

Söders Heimatstrategie wurde in den vergangenen Wochen von einigen Verbänden und der Opposition im Landtag kritisiert. Sie stellten sich gegen die geplante Lockerung des sogenannten Anbindegebotes im Landesentwicklungsprogramm (LEP). Das LEP ist wie der Breitbandausbau ein Mosaikbaustein der Heimatstrategie. Ihr Ziel ist es, die Lebensverhältnisse in Bayern gleichwertig zu verändern.

Was ändert sich auf dem Land?

Mit verschiedenen Änderungen am Landesentwicklungsprogramm möchte die Staatsregierung die wirtschaftliche Entwicklung der ländlichen Regionen fördern und die Ballungszentren entlasten. Dazu gehören unter anderem eine Lockerung des Anbindegebotes, die Erweiterung des Raumes mit besonderem Handlungsbedarf und eine Änderung des Alpenplans, um den Bau der Skischaukel am Riedberger Horn im Allgäu zu ermöglichen. Gleichzeitig werden mehrere hundert Hektar Alpenlandschaft neu in die strengste Schutzkategorie aufgenommen. Mehr dazu lesen Sie hier: Bessere Chancen für Stadt und Land.