Der bayerische Finanz- und Heimatminister Markus Söder. (Foto: BK/Nikky Maier)
Landesplanung

Bessere Chancen für Stadt und Land

Mit verschiedenen Änderungen am Landesentwicklungsprogramm möchte die Staatsregierung die wirtschaftliche Entwicklung der ländlichen Regionen fördern und die Ballungszentren entlasten. Neu sind Abstandsregeln für Höchstspannungsleitungen.

Das bayerische Kabinett hat verschiedene Änderungen am Landesentwicklungsprogramm (LEP) beschlossen. Dazu gehören unter anderem eine Lockerung des Anbindegebotes, die Erweiterung des Raumes mit besonderem Handlungsbedarf und eine Änderung des Alpenplans, um den Bau der Skischaukel am Riedberger Horn im Allgäu zu ermöglichen. Gleichzeitig werden mehrere hundert Hektar Alpenlandschaft neu in die strengste Schutzkategorie aufgenommen. „Damit geben wir den Kommunen mehr Freiheit und verbessern den Naturschutz“, fasste Finanz- und Heimatminister Markus Söder die Beschlüsse der Staatsregierung zusammen.

Die Fortentwicklung schafft Beschleunigung im ländlichen Raum und entlastet und entzerrt die Ballungsräume.

Markus Söder

„Wir wollen kein Bayern der zwei Geschwindigkeiten“, sagte Söder weiter. „Wir schaffen Freiräume, um dem ländlichen Raum mehr Entwicklungschancen zu geben. Gerade die Ansiedlung von Arbeitsplätzen auf dem Land ist der Schlüssel zur Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen in ganz Bayern.“ Es gehe darum, Entscheidungsträger vor Ort zu unterstützen. Sie wüssten am besten, was für ihre Heimat gut sei. Entscheidungen über Planungen sollen deshalb künftig stärker vor Ort fallen.

Söder betonte gleichzeitig die Vorteile der LEP-Änderungen für die großen Städte: „Die Fortentwicklung schafft Beschleunigung im ländlichen Raum und entlastet und entzerrt die Ballungsräume.“ Bayerns Heimatminister verwies auf die Verringerung von Umweltbelastungen durch weniger Verkehr infolge eines sinkenden Pendleraufkommens, den reduzierten Ausbaubedarf bei der Infrastruktur und die Entlastung der Wohnungsmärke in den Ballungsräumen.

Im Einzelnen beschloss das Kabinett folgende Änderungen:

Platz für neues Gewerbe

Um die Ansiedlung von Gewerbegebieten in ländlichen Regionen zu fördern und dort neue Arbeitsplätze zu schaffen, lockert die Staatsregierung das Anbindegebot. Ausnahmen gelten künftig für den Bau von Gewerbe- und Industriegebiete an Ausfahrten von Autobahnen und vierstreifigen Straßen sowie Gleisanschlüssen, interkommunale Gewerbe- und Industriegebiete und große Freizeit- und Tourismusprojekte. Bislang durften Neubaugebiete nur im direkten Anschluss an Ortschaften oder bereits bestehende Gewerbegebiete entstehen.

Einzelhandel soll in den neuen Gewerbe- und Industriegebieten ausgeschlossen bleiben, um die innerstädtischen Geschäfte nicht zu gefährden. Heimatminister Söder: “Mit der Lockerung des Anbindegebots setzen wir Impulse für den strukturschwachen Raum und die Grenzregionen.“

Der Minister wies Befürchtungen eines erhöhten Flächenverbrauchs zurück. Bayern sei das Land mit dem geringsten Besiedelungsanteil aller Länder Westdeutschlands. Der Anteil von Siedlungs- und Verkehrsflächen betrage in Bayern gerade mal 11,9  Prozent, der deutsche Durchschnitt belaufe sich auf 13,7 Prozent. Nach Zahlen des Umweltbundesamtes liegt der Anteil an versiegelter Flächen in Bayern sogar nur bei 5,41 Prozent.

Förderung für schwächere Regionen

Noch mehr Gemeinden, Landkreise und Städte gehören künftig zum Raum mit besonderem Handlungsbedarf (RmbH). Durch Anhebung des Strukturindikators auf 90 Prozent und neue Berechnungen mit aktuellem Zahlenmaterial erfasst der RmbH bayernweit nun 33 Landkreise einschließlich neun kreisfreier Städte und 150 Einzelgemeinden außerhalb dieser Kreise. Berücksichtigt werden alle Kommunen, die hinsichtlich bestimmter Kriterien (sogenannter Strukturindikator) weniger als 90 Prozent des bayerischen Durchschnitts erreichen. Die Kriterien sind: Bevölkerungsprognose, Arbeitslosenquote, Beschäftigtendichte, verfügbares Einkommen der privaten Haushalte und Wanderungssaldo junger Menschen.

Die Zuordnung zum RmbH ist insbesondere für die Konditionen in verschiedenen Förderprogrammen wichtig. „Damit kann ein größerer Anteil Bayerns von höheren Fördersätzen, etwa beim Breitbandausbau oder der regionalen Wirtschaftsförderung, profitieren“, sagte Söder.

Metropolen als zentrale Orte

Das Zentrale-Orte-System soll eine flächendeckende, wohnortnahe Daseinsvorsorge für ganz Bayern sichern. Zentrale Orte sind demnach Gemeinden, die aufgrund ihrer Einwohnerzahl, ihrer Lage und ihrer Infrastruktur Versorgungsaufgaben für ihre Umgebung übernehmen. Das bestehende System hat die Staatsregierung jetzt weiterentwickelt. Zu den bereits bestehenden Stufen „Grundzentrum“, „Mittelzentrum“ und „Oberzentrum“ kommt als vierte Kategorie die „Metropole“ hinzu. 59 Gemeinden sollen im neuen System aufgestuft werden. Drei Metropolen mit insgesamt sechs Gemeinden werden neu festgelegt: München; Nürnberg/Fürth/Erlangen/Schwabach und Augsburg.

Abstandsregeln für Stromtrassen

Bislang gab es in Bayern keine klaren Regeln für den Mindestabstand von Höchstspannungsleitungen zu Wohngebäuden oder Schulen. Die Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms sieht vor, dass künftig innerhalb von Ortschaften ein Mindestabstand von 400 Metern von den Leitungen zu Wohngebäuden oder Schulen gelten soll. Außerhalb von Ortschaften soll ein Mindestabstand von 200 Metern gelten. Außerdem soll es keine Überspannungen von Siedlungen mehr geben. „Wir nutzen unsere Möglichkeiten als Bundesland in der Landesplanung, um ausreichend Abstand zwischen Freileitungen und Wohnbebauung zu bekommen“, betonte Heimatminister Söder.

Änderung des Alpenplanes

Um die geplante Skigebietsverbindung am Riedberger Horn zu ermöglichen, soll der Alpenplan im Landesentwicklungsprogramm geändert werden. Danach sollen die relevanten Flächen in der besonders streng geschützten Zone C am Riedberger Horn der Zone B zugeordnet werden. Um den Eingriff so kleinräumig wie möglich zu gestalten, will die Staatsregierung die Änderung auf rund 80 Hektar beschränken. „Lediglich rund 0,04 Prozent der Gesamtfläche der Zone C des Alpenplans sind betroffen“, erklärte Minister Söder. Gleichzeitig sollen im Gebiet der von den Änderungen begünstigten Gemeinde Balderschwang zwei Kompensationsgebiete am Bleicherhorn sowie am Hochschelpen mit einer Fläche von insgesamt rund 304 Hektar neu in die Zone C aufgenommen werden. „Im Ergebnis erweitern wir die Zone C sogar um rund 224 Hektar hochwertigster Flächen – das ist eine deutliche Verbesserung für den Naturschutz“, so der Heimatminister.

Der Weiterentwicklung des Landesentwicklungsprogrammes muss jetzt noch der Landtag zustimmen.